Montag, 30. März 2015

Raceday No. 3 - TG 81 Frühjahrslauf

Auf einmal ist Ende März und der erste Punkt meiner To-Do-Liste für dieses Jahr steht an: TG 81 Frühjahrslauf. Sonntag war es so weit. Die Vorbereitung in den letzten 2-3 Wochen war ziemlich bescheiden, weil ich ziemlich erkältet war. Um das Gewissen zu beruhigen, war ich am Freitag noch eine kleine Runde laufen, die relativ flott, aber auch sehr anstrengend war. Zur weiteren unmittelbaren Wettkampfvorbereitung noch ein kleiner Exkurs am Ende dieses Artikels.*

Sonntagmorgen, Nieselregen. Nach einer kurzen Nacht schäle ich mich gerade rechtzeitig aus dem Bett, um noch zwei Scheiben Toast mit selbst gekochter Erdbeer-Marmelade zu frühstücken - geht immer, liegt nicht schwer im Magen und ist besser als gar nichts. Zeitgleich verkündet Papa per Whatsapp, dass er heute nicht laufen wird, obwohl er auch schon seit Wochen gemeldet ist. Er lag die letzten Wochen noch flacher als ich und ist den Husten noch nicht ganz los. Vernünftige Entscheidung, trotzdem schade. Dennoch kommt er mit und wird sich im Laufe des Tages noch als hervorragender Turnbeutel-Halter und Fotograf erweisen. Danke!

Wir kommen rechtzeitig an, um in Ruhe die Startunterlagen und das T-Shirt für Voranmelder abzuholen - nicht schlecht bei nur 8€ Startgebühr. Der Regen hört kurz auf und wir schauen uns den Start des 5-km-Laufs an. Und schon sehr wenig später den Zieleinlauf. Dabei stelle ich fest, dass das Ziel leider nicht irgendwo im Park ist, sondern auf dem Sportplatz neben dem Vereinsheim. Und man muss erst noch fast eine ganze Runde drehen, bis man die Ziellinie erreicht hat. Gut zu wissen.
Kurz vor dem Start. Natürlich für Laufen gegen Leiden. Warum?
Dann gehts auch schon so langsam zum Start. Schnell für ein Vorher-Foto die Jacke ausziehen (Ist! Das! Kalt!), schnell die Jacke wieder an und weiter warten. Die Nervosität hält sich aber tatsächlich in Grenzen. Die zwei Unwägbarkeiten heute sind eine leichte Kopfverletzung vom Vortag und die Tatsache, dass ich im Training in letzter Zeit längere Strecken nicht am Stück gelaufen bin, sondern immer zwischendurch an Ampeln oder kurz für Fotos angehalten habe. Keine Ahnung also, ob 10 Kilometer (die ich auch bisher nur ein einziges Mal gelaufen/gegangen bin) am Stück drin sind, eventuell auch noch mit Kopfschmerzen. Aber wenn nicht, dann halt nicht. Ich wills ausprobieren und zwar mit allem, was heute möglich ist.

Ich überlege noch kurz, ob ich doch mit Jacke laufen möchte und entscheide mich dann zum Glück dagegen. Das Handy geht wegen dem Regen auch lieber nicht mit auf die Reise, weil ich der neuen Tasche für um den Arm noch nicht so ganz traue. Ich werde es also nur mit der Pulsuhr irgendwie hinkriegen müssen, einen Überblick über die Geschwindigkeit zu behalten. Ich sortiere mich schön weit hinten ein und bekomme so gar nicht mit, dass vorne bestimmt einige losrennen wie die Irren. Die letzten traben gemütlich los und ich finde gleich zwei Frauen, deren Tempo mir gut passt. Außerdem besprechen sie schon in der Kurve nach dem Start, wie toll es sei, dass man hier nur zwei Runden laufen muss und die auch noch teils verschiedenen sind. Denn dann wäre da nicht irgendwo ein Berg, bei dem man dann wüsste, dass man da 4x rauf muss. Sympathisch. Ich kläre dann trotzdem mal kurz auf, dass es auf der Strecke leider schon einen Hügel gibt und dass wir da 2x lang müssen - die eine findet es nicht schlimm und die andere verzweifelt ein bisschen, also schiebe ich hinterher, dass es wirklich nur ein Hügel und kein Berg ist und sie außerdem ja jetzt darauf eingestellt seien. Dabei hab ich selber keinen Bock auf den Anstieg. Zwei Mal.

Ich frage, was die beiden für eine Zielzeit planen: zwischen 1:05 und 1:10. Klingt gut, also beschließe ich, erst mal dran zu bleiben und mich eventuell später zurückfallen zu lassen. Das Tempo ist in Ordnung, alles ist locker und es läuft. Nichts zwickt oder zwackt und die spontane Unlust nach 400 Metern wie beim Citylauf ist auch noch nicht zu spüren. Dann fällt mir ein, dass ich die Pulsuhr nicht gestartet habe. Toll! So wird das nichts mit der Kontrolle, ob ich zu schnell bin. Also Uhr starten und nach sechs Minuten ist da auch schon die Markierung für Kilometer 1. Na prima, das macht meine Rechnung ja nicht einfacher. Ich habe also keine Ahnung, wie lange ich für den ersten Kilometer gebraucht habe und schaue einfach das nächste Mal bei der zweiten Markierung. Und berechne dann, was bei Kilometer 3 auf der Uhr stehen müsste.

Und so bin ich ganz gut beschäftigt. 10 Kilometer lang. Am Anfang finde ich mein Tempo relativ zügig, schneller als im Training jedenfalls, aber es läuft gut. Trotzdem habe ich Schiss, dass ich das nicht über die komplette Distanz halten kann. Ich wills ein bisschen langsamer machen und reche mir weiter die Zeiten aus, die bei den Kilometer-Markierungen auf der Uhr sein müssen. Und die passen. Nach zwei Kilometern überhole ich die ersten, die Gehpausen einlegen (müssen). Ich erinnere mich an den Citylauf zurück, bei dem ich gefühlt mehr gegangen als gelaufen bin und möchte irgendwas Aufbauendes rufen, aber mir fällt nichts ein. Also weiter. Meine ersten 4 Kilometer sind sowas von schnell vorbei, dass ich kaum mitbekomme, dass wir schon wieder am Vereinsheim vorbeikommen. Einmal winken fürs Foto (bei dem die Kamera nicht auslöste) und eine kurze Nachfrage von Papa: "Gehts gut?" - "Jo!" und weiter. Hinterher hat er mir erzählt, dass ich da noch sehr entspannt ausgesehen hätte. Fühlte sich auch so an.
Bei Kilometer 4 kann ich noch lachen.
Auf Kilometer 5 und 6 wird die ganze Sache etwas anstrengender. Als mir gerade klar wird, dass das erst die Halbzeit ist, führt die Strecke an der Rückseite des Sportplatzes vorbei, auf dem die ersten gerade ins Ziel einlaufen. Was zur Hölle! Naja, was bleibt mir anderes übrig, als weiter zu laufen? Und so langsam läuft es wieder. Und zwar auf der gleichen Runde, die schon zu Beginn gelaufen wurde: einmal den Hügel hoch, um den See, auf die lange Gerade, noch länger geradeaus und dann zurück zum Sportplatz. Kilometer 7 und 8 sind auf einmal wieder ganz fluffig. Was ich dabei wirklich unheimlich ermunternd finde, sind die Streckenposten. Die verbringen da den ganzen Vormittag im Regen, manche mit Schirm, manche nur mit Kapuze. Und sie klatschen. Für jeden. Sie haben auch Anfeuerungsrufe drauf, und zwar nicht so dämliche wie "Schneller!" oder "Los los los!", sondern motivierende. Auf "Das muss euch erst mal einer nachmachen! Im Regen!" fällt mir nur ein: "Dir auch! Im Regen muss man sich auch erst mal hier hinstellen!" So klatsche ich im Vorbeilaufen für die Streckenposten. Für einen nach dem anderen. Und sie klatschen mich von der einen Kreuzung bis zur nächsten. Wunderbar!

Und plötzlich ist da Kilometer 9 und plötzlich habe ich keine Lust mehr. Gar keine. Ich würde mich gern mal ein paar Sekunden oder lieber Minuten erholen. Ein kleines Stückchen gehen, nur ein ganz kleines! Besser jetzt als später auf dem Sportplatz, wo die Zuschauer sind. Ich schaue ein letztes Mal auf die Uhr. Ich dachte, ich würde ungefähr 1:10 brauchen. Vielleicht auch 1:15. Aber nach 9 Kilometern ist noch keine Stunde rum und ich könnte es noch unter 1:05 schaffen. Wäre doch auch nett. Und außerdem, jetzt kurz vor dem Ende noch zu gehen ist doch auch lächerlich. Ein scheiß Kilometer geht schon irgendwie vorbei!

Die Runde um den Sportplatz fühlt sich ein bisschen wie auf dem Präsentierteller an, dabei sind kaum Zuschauer da. Das Ziel ist auch so weit von der restlichen Action wie Grill- und Kuchenständen weg, dass niemand mehr zum Anfeuern da ist. Was solls. Ich versuche, für den Fotografen unter seinem Schirm ein Lächeln hinzubekommen und bin im Ziel. Im Ziel! Nach 10 Kilometern!

Das fühlt sich ziemlich gut an.

Mein Vater und sein bunter Schirm sind direkt zu sehen und er gratuliert mir zu einer guten Zeit. Was für ne Zeit überhaupt? Ich habe die Uhr nicht gestoppt und auch nicht auf die Anzeigentafel geschaut. Könnte knapp unter 1:05 sein, aber ich weiß es nicht. Ist auch egal, denn ich bin mächtig stolz, dass ich die ganze Strecke gelaufen bin, zwischendurch immer noch lachen konnte und mich im Ziel einfach nur freue, angekommen zu sein. Ich könnte was zu Trinken gebrauchen und habe eine Flasche Wasser im Turnbeutel dabei - ich möchte aber einen von den Bechern im Zielbereich, denn die sind nur für die Läufer da. Ich bin einer davon.
Im Ziel. Mit dem hervorragend schmeckenden Wasser. Irgendwo habe ich unterwegs mein Haarband verloren, wahrscheinlich ist es inzwischen Eins mit dem Matsch.
Es gibt eine Tombola, bei der jede Startnummer automatisch teilnimmt. Ich checke noch kurz, ob ich etwas gewonnen habe (es gibt nicht nur Killefitt, sondern auch ganz nette Preise!) - nein. Aber mit 222 ist meine Nummer auch Gewinn genug. Schnell noch das komplett durchnässte T-Shirt gegen ein trockenes tauschen und dann gehts auf nach Hause. Wenig später sind die Ergebnisse online: 1:04:21. Macht eine Pace von 6:26 min/km. Ich war mehr als 5 Minuten schneller, als ich mir zugetraut hätte und habe eine Geschwindigkeit gehalten, an der ich im Training manchmal kratze - aber niemals über 10 Kilometer gelaufen wäre. Und ich glaube genau deshalb sollte man sich hin und wieder mal für einen Lauf anmelden: Weil man plötzlich Dinge schafft, die man nicht für möglich gehalten hätte. Und das ist ziemlich cool.

Die TG81 veranstaltet übrigens nicht nur einen Frühjahrs-, sondern auch einen Herbstlauf. Wenn es zeitlich passt, bin ich definitiv am Start - sympathischer Verein, tolle Organisation und super Helfer. Und natürlich mit Heimvorteil im Lieblings-Park. Danke!


*Nicht zum Nachahmen empfohlen, hat mir aber auch nicht geschadet: Am Vorabend des Laufs beim Wasserball ein blaues Auge holen und das Training mit Schwindel und Kopfschmerzen abbrechen. Ein, zwei Tränchen verdrücken, weil der Start am nächsten Morgen gefährdet sein könnte. Im Anschluss noch was anderes verdrücken - und zwar eine Pizza und eine Tüte Chips. Wenig schlafen, dazu noch die Uhr vorstellen. Läuft.