Freitag, 31. Juli 2015

8 Fragen an... Lena von @triathlife

Heute gehts weiter mit meiner kleinen Interview-Reihe: Die Laufgeschichten von Katrin und Conny kennt ihr ja schon, dieses Mal steht Lena von triathlife Rede und Antwort. Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast! Lena betreibt den Blog zusammen mit Ivo, beide sind Triathleten und durch meine Rookie-Brille sind sie verdammt gut trainiert und echt schnell, alle beide. Glaubt ihr kein Wort, wenn sie hier gleich was anderes erzählt!
Auf Instagram bin ich über die beiden gestolpert, später haben wir festgestellt, dass uns auch im echten Leben gemeinsame Bekannte verbinden. Das nächste Mal laufen wir uns spätestens beim Ratingen Triathlon über den Weg. Ich freu mich schon!
Meine Lieblingsantwort ist übrigens die zum Thema Spaß oder Schmerzen.... aber lest selbst:


Kannst du dich an deinen ersten Lauf erinnern?
Ja, an meinen ersten Lauf kann ich mich noch gut erinnern. Das war ein Halbmarathon im Oktober 2012. In einem Zustand geistiger Umnachtung hatte ich mich völlig untrainiert, mit leichtem Übergewicht und mit einem Zigarettenpensum von ca. 10 Stück pro Tag beim Röntgenlauf in Remscheid über die Halbmarathondistanz angemeldet. Für die, die diesen Lauf nicht kennen: Es geht nie geradeaus, sondern eigentlich immer nur bergauf und bergab. Vor allem bergauf, so gefühlt. Ich habe komplett unstrukturiert dafür trainiert und war oft krank - immerhin habe ich in dieser Zeit das Rauchen aufgegeben. Zwei Wochen vor dem Lauf war ich kurz vor einem Schienbeinkantensyndrom. Am Wettkampftag war aber zumindest gesundheitlich eigentlich alles gut und ich bin an den Start gegangen. Es waren ca. 3 Grad an diesem Oktobersonntag und ich hatte mehr als Angst vor dieser Distanz und der dazugehörigen Strecke. Zu erwähnen ist vielleicht auch noch, dass ich ein perfekt farblich passendes Laufoutfit inkl. abgestimmtem Nagellack und Lidschatten hatte – wenn schon sterben, dann mit Stil. Ein fleischgewordenes Blau-lila-Träumchen. Im Schneckentempo bin ich die Strecke dann abgelaufen, habe nichts riskiert und hatte sogar richtig Spaß dabei. Mein Ziel war es einfach nur anzukommen und das Beste aus diesem Tag zu machen. Bei Kilometer 16 ging es mir noch so gut, dass ich mich sogar zu einem kleinen Höhenflug verleiten ließ. Auf den letzten fünf Kilometern habe ich alles rausgehauen, was noch ging und einen Läufer nach dem anderen eingesammelt. Leider kam das Ziel 300m zu spät, kurz vor dem Zielbogen ging nichts mehr. Heulend latschte ich über den Waldweg, so fertig war ich. Bin dann aber irgendwie ins Ziel gekommen nach 2:16h und war unfassbar stolz, dass ich das geschafft hatte. Der Lauf an sich ist wirklich toll, kann ich jedem nur empfehlen, ich glaube ich werde ihn dieses Jahr noch mal laufen. Und wer weiß, vielleicht gibt es ja eine neue Bestzeit auf der Strecke ;-)


Warum läufst du?
Ich bin Triathletin – da gehört Laufen dazu. Ich muss gestehen, das Laufen fällt mir nicht leicht. Ich muss mir jede kleine Verbesserung hart erarbeiten und habe oft das Gefühl etwas „untalentiert“ zu sein. Immer wieder gibt es Situationen, besonders beim Tempotraining, wo ich am liebsten die Schuhe in die Ecke werfen würde. Aber ich habe gelernt, das Laufen zu lieben. Nicht an jedem Tag, aber an den meisten. Es ist ein fester Bestandteil meines Lebens geworden und ich genieße viele meiner Laufeinheiten. Laufen ist unkompliziert und wenig zeitintensiv. Es kann eine Möglichkeit sein, allein zu sein, nachzudenken und am nächsten Tag ist es ein soziales Event mit vielen Leuten. Es gibt mir Rückmeldung darüber, wie es meinem Körper gerade geht. Die Motive haben sich eigentlich kaum verändert: Ich laufe, um schneller zu werden. Und dabei kann man ziemlich oft ganz wunderbar abschalten. Immer öfter laufe ich um des Laufens willen.


Welches Ziel möchtest du als nächstes erreichen und was ist momentan dein wöchentliches Pensum? 
Laufen ist nicht meine Hauptsportart und meine „Hauptziele“ beziehen sich daher immer auf den Triathlonsport als Ganzes. Meine Ziele für das Laufen sind vor allem: Schneller werden. Dazu arbeite ich z. B. viel an meiner - noch nicht besonders ökonomischen - Lauftechnik. Schön wäre es im nächsten Jahr die 10 km in einem 4:30er Schnitt laufen zu können. Mein wöchentliches Pensum sind ca. 30-40 Laufkilometer in Belastungswochen und ca. 15 km in Entlastungswochen.

Muss Training Spaß machen oder weh tun? 
Beides. Training ist meine Freizeit. Und meine Freizeit soll mir Spaß machen. Mir macht es vor allem Spaß, schneller und besser zu werden. Und das tut leider manchmal weh.


Was ist das Schöne an deiner Lieblings-Laufstrecke? 
Das Schönste ist, dass sie unmittelbar neben meiner Haustür im Wald beginnt. Ich muss nirgendwo mit dem Auto hin, ich bin direkt auf wunderschönen Trails unterwegs. Leider immer erstmal 1-2 km berghoch, aber nach dem Unschönen wurde ja nicht gefragt. Die Landschaft hier ist wunderbar abwechslungsreich und fordernd, die Wälder sind riesig. Im Wald erlebt man jede Jahreszeit intensiv mit und hat stets neue Optionen, die Strecken zu variieren.

Wie fühlst du dich, wenn du eine Ziellinie überquert hast? 
Ganz unterschiedlich, je nachdem wie das Rennen lief. Ein Gefühl ist aber immer da: Erleichterung, dass ich mich endlich hinsetzen kann und Durst auf ne Cola.


Wie bringst du den Schweinehund zum Schweigen? 
Das Laufen im Wettkampf ist immer anstrengend und ich komme oft an den Punkt mich zu fragen, warum ich mir das eigentlich antue. In Wettkämpfen, wenn es anstrengend wird, ist mein Schweinehund oft präsent: „Auf eine Minute kommt es nicht an“; „Komm, setz dich doch einfach hier an den Rand, das ist doch kein entspannender Sonntag.“ Er hat sehr viele tolle Sprüche. Es hilft mir dann, mir die Strecke in verschiedene kleine Abschnitte einzuteilen. Jeden Kilometer laufe ich für sich, von Punkt zu Punkt arbeite ich mich vor. Das lenkt vom Schweinehund gut ab. Im Alltag halte ich mir vor Augen, dass genau das Überwinden des inneren Schweinehundes zu früher Morgenstunde und bei miesem Wetter den Unterschied ausmacht. Deswegen lasse ich sehr selten Einheiten ausfallen. Ich bin sehr ehrgeizig und wenn ich etwas anfange, dann richtig. Halbe Sachen mochte ich noch nie. Und eigentlich weiß man ja auch: Wenn man seinen Schweinehund besiegt, ist es meistens auch ganz nett beim Training.


Was würdest du Anfängern raten? 
Ich sehe mich selbst noch eher als Laufanfänger, deswegen finde ich es schwer große Ratschläge zu geben. Ich glaube aber, ich habe ein ganz gutes Verständnis für die physiologischen Prozesse, die bei sportlichem Training und bestimmten damit verbundenen Reizen ablaufen. Das hilft mir oft, Entscheidungen zu treffen und zu bewerten, was im Training passiert. Deswegen würde ich fast jedem, der mit Laufen beginnt, raten: Mach eine Leistungsdiagnostik! Nur wer seine Trainingsbereiche kennt, kann steuern, wie intensiv er seinen Organismus belastet. Wenn man schon jahrelang Ausdauersport betreibt, mag man ein Gefühl dafür haben. Die meisten Menschen, die neu starten ins Läuferleben, haben es - meiner Ansicht nach - leider nicht.

Der zweite Punkt, den ich wichtig finde ist: Man sollte sich selbst nicht vormachen, dass man alles weiß und alles selbst kann. Ein guter Trainer, der eine Jahresperiodisierung und Strukturierung des Trainings inkl. Athletik- und Techniktraining vornimmt, ist Gold wert und die beste Verletzungsprophylaxe. Seit ich vernünftig trainiere bzw. trainiert werde, hatte ich keine Erkältung und keine Schmerzen mehr. Nicht mal im Ansatz. Alles an dem, wie ich trainiere, ist in erster Linie darauf ausgerichtet, langfristig Bestand zu haben und den Körper nicht zu schädigen. Die Verbesserung der Leistungsfähigkeit steht erst an zweiter Stelle.

Der dritte und letzte Punkt ist: Mach dir bewusst, welches Ziel du hast. Willst du einfach Spaß haben und dich ein bisschen bewegen? Willst du Wettkämpfe machen? Was willst du erreichen? Was ist dir wichtig? Dementsprechend sollte man auch sein Training gestalten. Wer Spaß haben will und einfach nur ein bisschen Bewegung an der frischen Luft sucht, muss keine Wissenschaft daraus machen. Wer sich konkrete und größere Ziele setzt, sollte auch bereit sein, sich ein bisschen mit der Sache auseinander zu setzen und auch mal etwas durchziehen, wenn es nicht so läuft. Ja, ich glaub das würde ich Einsteigern raten.

Mittwoch, 29. Juli 2015

100 Kilometer radeln: Rapha Women's 100

100 Kilometer radeln. Nur mit Frauen. Als eine Freundin (die übrigens nicht radelt, aber stattdessen aufmerksam die lokale Presse verfolgt), mir davon erzählt hat, musste ich nicht lange überlegen. Das will ich auch!

Rapha, ein britischer Hersteller für Radsportbekleidung, hat zur Women's 100 geladen: Weltweit waren Frauen dazu aufgerufen, am 26. Juli - dem Tag des Tour-de-France-Finales - 100 Kilometer zu radeln. Wie praktisch, dass die Schicke Mütze eine Tour mit Start in Düsseldorf organisiert hat.
So sah das vor dem Start aus. Vielen Dank für das Foto an die Schicke Mütze! Noch mehr sehenswerte Bilder gibts hier: Rapha Women's 100 @ Schicke Mütze
Schon beim gemütlichen Anrollen wird man fotografiert: Auch dieses Fotocredit geht an die Schicke Mütze - für mein erprobtes quadratisches Format musste ich leider Bruno ein bisschen beschneiden.
Rapha kannte ich überhaupt nicht und musste feststellen: sie machen sehr tolle, aber zu teure Sachen. Die Mütze kannte ich bisher auch nicht, so sieht sie von innen aus:
Sympathische Mischung aus Café, Radladen und Schrauberei - danke fürs Bild an Naomi (@amande_pomme). 
Ich habe mir über die 100 km gar nicht so viele Gedanken gemacht. Die weiteste Strecke, die ich bisher gefahren bin, waren gut 80 km. Das war auf Mallorca - und zwar am Cap de Formentor, das mich zugleich stolz und auch ziemlich fertig gemacht hat. Wir sind hier aber nicht im Tramuntana-Gebirge auf Malle, sondern im Rheinland - und deshalb werde ich 20 km mehr ja wohl locker hinkriegen. Kein Grund, nicht andere Sorgen zu wälzen: Ich könnte zu langsam sein und ein Bremsklotz für die 40 anderen, die auf Facebook der Veranstaltung zugesagt haben. Die ersten 30 km sind hügelig (die gesamte Strecke hier auf Strava) - ich bin lange keine "Berge" mehr gefahren und erst recht nicht mit dem neuen Rad. Ich bin mit Bruno überhaupt noch nie länger als 40 km unterwegs gewesen und nach 20 verspannen sich bereits Schultern und Nacken. Außerdem hab ich mich an den Sattel noch nicht gewöhnt und finde ihn unbequem. Oh und mein Favorit: ich bin noch nie in einer so großen Gruppe gefahren, bestimmt mache ich alles falsch, was man dabei so falsch machen kann.
Die Damen aus der Schicken Mütze lassen alle Sorgen schnell verfliegen: Kerstin stellt sich vor und erklärt im Schnelldurchlauf die Regeln für das Fahren in großen Gruppen. Es gibt mehr Handzeichen als beim Beachvolleyball und ich kann mir nicht alles merken, aber denke, das wird sich schon ergeben. Wir wollen zusammen bleiben, also oben auf den Hügeln warten, bis alle da sind und die letzten auch nochmal kurz verschnaufen lassen, bevor es weiter geht - klingt gut! Ab einem Verbund von mehr als 15 Radfahrern darf man übrigens auch rote Ampeln überfahren, sofern der erste noch grün hatte. Gut zu wissen! Leider wissen die meisten Autofahrer das nicht, wie wir später merken. 
Streifen und Punkte - dass die beiden Mädels später für mich nochmal ganz besonders wichtig werden würden, ahne ich hier noch nicht. (Foto von der Schicken Mütze)
Startaufstellung.
Letztes Bild vor der Abfahrt! Ich habe Naomi, rechts neben mir, zur Verstärkung mitgebracht. 
Los gehts. Die ersten Kilometer führen durch die Stadt - eigentlich ziemlich nervig, in der großen Gruppe aber spannend - wir erregen viel Aufmerksamkeit und haben an vielen Stellen freie Fahrt, wo eine alleine normalerweise hätte warten müssen. Ein bisschen wie bei der Rollnacht oder der Run Happy Tour, wo wir einfach die Stadt überrannt haben. Jetzt überrollen wir sie, jedenfalls ein Stück, und dann sind wir auch schon raus aus Düsseldorf und unterwegs Richtung Ratingen. 
Der erste Anstieg sah im Höhenprofil am schlimmsten aus. Es geht nach Eggerscheidt rauf - mich verbindet ja seit dem Ratingen-Triathlon eine Art Hassliebe mit diesem Ortsteil. Wir fahren allerdings nicht die Landstraße, sondern über die Felder. Macht das Profil nicht besser, ich habe echt etwas Bammel vor dem ersten Hügel. Schwupps sind wir dann aber schon oben, sammeln uns und warten auf Nachzügler. Ich bin erstaunt, wie gut ich durchgekommen bin.
Hügel 1: check.
Weiter gehts durch Hösel, es folgt eine Abfahrt und dann direkt nach einer Kurve der nächste Anstieg. Ich schalte zu spät, weil ich das "Runterschalten!", was alle rufen und nach hinten durchgeben, einfach mal überhört habe. Mitten am Berg will die Schaltung überhaupt nicht so wie ich und ich komme vorne nicht aufs kleine Kettenblatt. Auf dem großen ist treten gerade aber unmöglich und deshalb bleibe ich auf der Stelle stehen. Irgendwo unbewusst scheint doch noch was zu funktionieren und so schaffe ich es immerhin, einen Schuh auszuklicken und mich nicht auf die Nase zu legen. Mit ein bisschen Hilfe friemeln wir die Kette im Stand aufs passende Blatt und weiter gehts. Anfahren am Berg: läuft. Hügel 2: check.
Hügel Nummer 3 ist der in der Gegend berüchtigte Esel, den ich das letzte Mal im November gefahren bin. Ich habe ihn ziemlich krass in Erinnerung. Nun, Bruno findet ihn nicht ganz so beeindruckend. Wir kommen gut rauf, sind nicht die letzten und oben angekommen habe ich dieses Mal nicht das Gefühl, mich auf den Boden legen zu wollen. Alles cool.
Hügel 3: check!
Weil die Strecke fast bei meinen Eltern zuhause vorbei führt, kommen sie, um das Women's 100 Peloton zu sehen. Aussage Papa: "Ihr wart so schnell wieder weg, wie ihr gekommen seid!" Für dieses Bild hat es dann aber doch noch gereicht. Danke!
Der Tacho sagt mittlerweile etwas von gut 50 km. Wir haben die Hügel hinter uns gelassen, nähern uns Duisburg und kratzen an Krefeld. Komplett flach hier. An einem Café, bei dem ich im Vorbeiradeln schon oft dachte, wie nett das aussieht, machen wir Pause. Draußen ist nichts mehr frei und ich habe kein gutes Gefühl dabei, Bruno draußen stehen zu lassen und mich drinnen rein zu setzen. Kuchen möchte ich sowieso nicht und so halte ich lieber mit Naomi die Stellung in der Sonne. Zum Wasser auffüllen und Gel reinschieben (bah!) ist die Pause aber allemal gut. 
(Foto von Naomi)
Nach der Pause gehts über den Rhein - von Uerdingen bis Düsseldorf gibts einen Radweg auf dem Deich, auf dem es ganz schön windig ist. Die Hügel liegen also hinter uns, dafür kämpfen wir mit dem Wind. Irgendwas ist ja immer!

Die meiste Zeit sind wir in Zweierreihen unterwegs, die sich immer wieder neu mischen. Wir reden über Gott und und die Welt, nur nicht über Namen - deshalb weiß ich leider gar nicht, wie die Mädels heißen, die mir die Fahrt verkürzt haben. Am meisten in Erinnerung geblieben sind: die angehende Chemielehrerin aus Wuppertal, die über unsere Hügel nur lachen kann und ausnahmslos alle Verkehrsregeln für Rad-Gruppen kennt. Die andere mit dem Bianchi-Rad, Brunos Bruder... Dann die Radrennfahrerin aus Bochum, die mir verrät, dass man bei einigen Jedermannrennen nur einen 23er Schnitt fahren muss - danke für den Floh im Ohr! Und dann ist da noch die frisch gebackene Ironwoman aus Neuss. Falls das im Gegenwind irgendwie untergegangen ist: ich bin voll des Respekts dafür! Danke fürs Mutmachen für meine erste Kurzdistanz, danke für den Trick, wie mir die Laufstrecke nicht so lang vorkommt und danke für: "Du fährst doch gut Rad, du musst dir doch gar keine Sorgen machen!" Daran erinnere ich mich hoffentlich in der letzten Runde, wenn wir zum vierten Mal den Berg rauf klettern (ok, Hügel!).

Wir biegen vom Rhein Richtung Osterath ab. Einige nutzen die Gelegenheit, um auszusteigen und den kürzeren Weg zurück nach Düsseldorf zu nehmen. Wir nutzen die kleinere Gruppe und ziehen das Tempo an. Bis km 75 geht es mir wirklich gut. Nacken und Schultern sind nicht schlimmer geworden als sonst und ich ändere oft genug die Handposition, um Abwechslung zu haben. Und als wir dann im Gegenwind das Tempo verschärfen, meldet sich auf einmal das Mallorca-Knie. Das heißt inzwischen so, weil ich ja seit dem Radurlaub immer mal wieder Probleme damit habe - meist unter stärkerer Belastung auf dem Rad und fast immer beim Laufen nach dem Radeln. Dass am Berg Ruhe war, überrascht mich - muss das jetzt echt 25 km vor Schluss losgehen?

Ab jetzt ist es kein Spaß mehr. Ich beiße die Zähne zusammen, versuche etwas langsamer zu machen, schiele ständig auf den Tacho und zähle die Kilometer runter. Bei km 90 kapituliert Bruno. Ein platter Reifen. Mitten auf dem Bahnübergang, vorne. Hallo? Das ist grade mal die vierte Ausfahrt, wieso macht der Schlauch schon schlapp? Das letzte Mal etwas mit einem Reifenwechsel zu tun hatte ich vor genau einem Jahr, als Gabi neue Mäntel und Schläuche bekommen hat. Da hab ich mir alles ganz genau angeschaut und teilweise auch selbst gemacht - aber das ist ein Jahr her! Immerhin habe ich einen Ersatzschlauch und Werkzeug dabei, nur keine Luftpumpe (auch schlau!). Die beiden von der Schicken Mütze packen sofort an - ich will irgendwie helfen, schließlich ist das hier mein Platter, aber ich will auch, dass es schnell weitergeht und die anderen nicht so lange warten müssen. Schließlich ist der Schlauch in Rekordzeit gewechselt, aufgepumpt und das Laufrad wieder montiert. Da fällt mir ein, dass der Mantel ja verkehrt herum drauf war und daher der Schnellspanner rechts, damit die Laufrichtung vom Profil stimmt (die Experten streiten hier, ob das überhaupt Auswirkungen hat). Also Hausaufgabe: Mantel tauschen.
Diese beiden Expertinnen haben die Panne so schnell behoben, dass die anderen hinterher fragten: "Hä? Du hattest einen Platten?" - Ich bin übrigens die, die unnütz daneben steht. Danke fürs Dokumentieren, Naomi!
Die letzten Kilometer gehen dann auch irgendwie noch rum. Der Hintern tut weh, das Knie, der Nacken, die Schultern und jetzt auch noch der untere Rücken. Ist aber alles egal. Mein Tacho zeigt exakt in dem Moment 100 km, als wir auf der Oberkasseler Seite auf den Radweg am Rhein biegen und dem Fernsehturm und Medienhafen entgegen radeln. Was für ein Timing! Kurz darauf kommen wir in der Schicken Mütze an und werden mit gut gekühlter Wassermelone empfangen. Die beste Wassermelone, die ich je gegessen habe! Zur Feier des Tages hat das Café extra geöffnet, Tour de France läuft auch, es ist wirklich nett hier - aber ich will nur noch auf die Couch. Ich rolle die letzten drei Kilometer nach Hause. Lege die Füße hoch, bestelle eine Pizza und sehe André Greipel die letzte Etappe gewinnen. Perfekter Tag!
Endabrechnung: 107 km. Weil die Pulsuhr zwischendurch nicht mehr wollte und ich neu starten musste, sind es mehr als die knapp 6 Stunden mit Pausen.
Der Handyakku verabschiedete sich übrigens pünktlich zur Kaffeepause, daher kann ich nur sagen, dass wir die ersten (hügeligen) Kilometer mit einem 21er Schnitt gefahren sind. Was danach kam: ich weiß es nicht. Ist auch scheißegal, es ging ja nicht um Bestzeiten, sondern ums Ankommen. Das haben wir geschafft!

Danke für die Organisation, das Austüfteln der Strecke, die Durchführung, die Pannenhilfe, die Mitfahrerinnen und Gespräche. Vor der Tour kannte ich gerade mal eine handvoll rennradelnde Frauen - jetzt sind es mehr als 30 (Namen sind Schall und Rauch!). Und ich stelle fest: radelnde Frauen sind cool drauf! Ich komme ganz bestimmt zum nächsten Stutenbeiken vorbei. Müssen ja nicht gleich wieder 100 km werden.

Übrigens: das Laufrad hab ich zuhause am Tag danach nochmal ausgebaut, den Mantel abgefriemelt, umgedreht und wieder zusammengebastelt. Geht doch noch, dauert nur lange.

Samstag, 25. Juli 2015

ITU World Triathlon Hamburg 2015

Die spontanen Sachen sind ja immer die besten - so habe ich montags erfahren, dass ich freitags mit Cathrina zum ITU World Triathlon nach Hamburg fahren würde. Ich hatte im Winter ganz kurz drüber nachgedacht, selbst dort zu starten, allerdings bewegen die Startgebühren sich auch schon für die Sprintdistanz nah am dreistelligen Bereich, dazu kämen dann noch Anreise und Übernachtung - den Plan hatte ich also schnell verworfen. Aber spontan zum Zugucken mitfahren geht immer!
Die Kollegen habe ich entdeckt und irgendwie gleich ins Herz geschlossen: Die Triathlonaffen wollen dem Dreikampf in den Schritt fassen. Man kann ihnen jetzt sogar auf Instagram dabei folgen.
Freitag stand nach dem Abholen der Startunterlagen zuerst Testschwimmen auf dem Programm. Die Alster ist eine ziemlich braune Brühe, in der man - laut Testschwimmer - nicht mal die eigene Hand sieht. Keine Ahnung wie man darin geradeaus schwimmen soll! Ich komme ja schon im Schwimmbad mit geschlossenen Augen sofort vom Kurs ab und habe echt Respekt vor allen, die sich in diese braune Grütze voller Monster trauen!
Die längste Wechselzone der Welt verdient eigentlich eine eigene Wertung: King of Transition oder so was.
Spontan hatte sich auch mein Abendprogramm ergeben: @tritimation und @runningmathea im Asics Store treffen, wo Jan Frodeno zu einem Meet & Greet mit anschließendem Run geladen hatte. Sehr viele Menschen, sehr schlechte Luft - und ein gut gelaunter frisch gebackener Europameister, der ein sehr sympathisches Interview gegeben hat. Antwort auf die Zuschauerfrage, ob ihn die Agegrouper auf der Strecke nicht manchmal behindern: "Das kann schon mal vorkommen, aber genau das macht unseren Sport doch aus: Wir könnten das auch so elitär machen wie bei der Tour de France, aber wir sind alle gleichzeitig auf der gleichen Strecke." Mein Highlight in Sachen tolle Antworten: Tim fragte, ob er einen Tipp für Hawaii habe. Frodeno: "Such dir ein Hotel mit Klimaanlage." Achso!
Such den Jan!
Der anschließende "lockere Lauf, so dass jeder mitkommt" endete für mich leider nach gut 3 Kilometern, weil bei gefühlt 30° mit einem schmerzenden Knie für mich gar nichts locker war. Das Tempo schon gar nicht. Statt irgendwo am anderen Ende der Außenalster zu verrecken, habe ich den kürzesten Weg zurück gewählt - vielleicht beim nächsten Mal!
Ein Fangirl-Foto musste selbstverständlich bei der Gelegenheit auch gemacht werden. Und offenbar sind Autogrammkarten noch nicht out, wieder was gelernt.
Samstag waren die Sprintdistanzen dran. Schon der Schwimmstart hat mir die ersten Freudentränchen in die Augen getrieben - das ist einfach so schön alles in Hamburg! Ziemlich bald hatte Mandy von Go Girl! Run! mich gefunden - wie erfrischend, wenn man jemanden zum ersten Mal sieht und gleich auf Anhieb merkt, dass die Chemie stimmt. Und so sind wir den Tag zusammen durch die Gegend gepilgert:
Vom Schwimmen ...
... zum Schwimmausstieg ...
... auf die Tribüne zum Zieleinlauf ... 
... zu Nadin von Eiswürfel im Schuh, die Sonntag starten sollte.
Am späten Nachmittag - von der Sonne schon gut durchgebraten - habe ich mir das Profirennen angeschaut und mir dafür einen Platz auf der Tribüne direkt vor der Wechselzone gesichert:
Wer schon mal in Hamburg auf einem Konzert war, der weiß, dass das Publikum ein bisschen - ich will nicht sagen reserviert - vielleicht eher nordisch unterkühlt ist. Beim Sport ist das offenbar etwas anders, hier ist alles auf die Olympia-Bewerbung gepolt. Die Streckenführung beim Profirennen ist zuschauerfreundlicher als bei den Jedermännern: die Radstrecke führt 6x an der Tribüne vorbei, die Laufrunde 2x. Das Ganze funktioniert dann so, dass man erst mal gemütlich rumsitzt, bis der "first man (oder women) out of the water" angekündigt wird - bevor man aufspringen und klatschen kann, ist der Wechsel schon so gut wie vorbei und die Athleten sind auf dem Rad. Sobald die Radfahrer in die letzte Gerade vor der Wechselzone einbiegen, kommt vom Kommentator der Hinweis für die Zuschauer: das Stichwort heißt "Poststraße" und alle rasten aus. Kein Scherz. Nicht übertrieben. Jedes Mal. 6 Radrunden und 2 Laufrunden lang. Was für eine Stimmung! Unmöglich, dabei sitzen zu bleiben und sich nicht mitreißen zu lassen. 
Siegerin bei den Damen wurde Gwen Jorgensen, die gar nicht mal so gut vom Rad kam, aber das Feld auf der Laufstrecke dann von hinten aufrollen konnte. Wahnsinn. 
Sieger bei den Herren wurde Vincent Luis, der dem Favoriten Javier Gomez einfach mal so davon rannte. Krasse Sache, Bierdusche verdient. 
Sonntag zeigte sich das Wetter dann typisch norddeutsch: ein bisschen usselig und nass, also ab unter den Regenschirm.
Der Regen schadet unserer Stimmung gar nicht...
Der zweite Tag stand im Zeichen der Olympischen Distanz. Weil die Schwimmstrecke mir am ersten Tag schon weit vorkam, konnte ich gar nicht glauben, dass die Leute vom Jungfernstieg durch die komplette Binnenalster schwimmen, unter der Kennedybrücke hindurch in die Außenalster, dort wenden und das Ganze nochmal zurück bis zum Rathhausmarkt. Wie weit 1,5 km im Wasser einfach mal aussehen! Und dann noch bei dem Wetter - denkt der Laie. Alle Schwimmer haben mir später versichert, es sei im Wasser überhaupt nicht kalt gewesen, da die Außentemperatur und damit der Unterschied nicht so hoch war wie an den Tagen davor. 

Am Sonntag habe ich zum ersten Mal ein bisschen von der Jedermann-Radstrecke gesehen und sonst sehr lange an der Laufstrecke gestanden. Dabei ist auch dieses Bild von Din entstanden - ich wundere mich immer noch, dass mein Handy den Mitzieher so gut hingekriegt hat. Toll, mal jemanden live anfeuern zu können, von dem man sonst nur die Wettkampfberichte online liest. Spitzenleistung!
Diese Stelle ungefähr 200 Meter vor dem Ziel war der beste Ort zum Zuschauen - während Mandy die Namen von den Startnummern abgelesen und die Läufer persönlich motiviert hat, habe ich mir Gesichtsausdrücke angeschaut und Emotionen aufgesaugt. Da gibt es die ganz verbissenen, die nichts um sich herum wahrnehmen und unbedingt eine Bestzeit knacken wollen. Dann gibt es die, denen man ansieht, dass jeder Schritt eine Qual ist und dass sie selbst noch nicht ganz daran glauben, es zu schaffen. Aber die besten sind die, die vor Glück fast platzen: die kurz vor dem Ziel realisieren, dass sie es schaffen. Dass sie wirklich ankommen. Die die Atmosphäre aufsaugen, genießen und sich vom Jubel ins Ziel tragen lassen. Genau das ist es, weshalb wir das machen. 
Liebe Mandy, danke für unsere fantastischen Selfies ;-)
Noch schöner als die Zieleinläufe der Einzelstarter waren nur die Staffeln. Gegen Ende der Laufstrecke ist kaum ein Durchkommen, weil Radfahrer und Schwimmer ungeduldig warten und auf und ab springen, bis sie endlich "ihren" Läufer entdecken. Der wird jubelnd in Empfang genommen und Hand in Hand zum Ziel gezogen:
Nachdem Cathi (Mitte) und Anja (rechts) schon bei der Sprintdistanz am Samstag gestartet waren, stand für Sonntag die Staffel über die Olympische Distanz zusammen mit Elena (links) an - Respekt ihr drei!


Wer gerade einen Hänger im Training hat und einen Motivationsschub braucht, der soll sich mal ein paar Minuten in die Nähe der Ziellinie stellen. Wie wunderschön das ist, da zuzugucken! Und wer zweifelt, ob er überhaupt starten sollte, der muss sich unbedingt die Jedermänner bei einer so großen Veranstaltung ansehen. Da ist nämlich wirklich Jedermann und Jederfrau dabei: klein, groß, dick, dünn, langsam, schnell, mit und ohne Handicap. 

Danke Hamburg, das war ein ganz wundervolles Wochenende voller zauberhafter Menschen auf, neben und auch abseits der Strecke. Bis zum nächsten Jahr!

Dienstag, 21. Juli 2015

Hallo Bruno!

Dass die Sache mit dem Rennradkauf eine kleine Odyssee war, hatte ich ja schon berichtet. Woran muss man eigentlich alles denken, wenn man ein Rennrad kaufen will und überhaupt keine Ahnung hat? An so einiges. Die Wahl ist schließlich auf das Bianchi Impulso gefallen, er heißt Bruno und wohnt jetzt bei mir. Das war keine reine Kopfentscheidung, obwohl ich sehr viel über Rahmen und Schaltgruppen gelesen habe, sondern da war auch sehr viel Bauch beteiligt, der gesagt hat: "Das ist es! Das oder keins!"
Unsere erste gemeinsame Ausfahrt war ziemlich vorsichtig, weil ich meinen Helm nämlich bei Gabi vergessen hatte. Deshalb habe ich mich nicht auf die Straße, sondern nur auf den Radweg am Rhein getraut. 14 Kilometer ist die Runde von Brücke zu Brücke lang - könnte ich eigentlich auch mal laufen... Nichts wildes zum Radeln, aber ganz schön zum Einrollen. Und ohne Ampeln.

Die größte Umstellung für mich von Gabi zu Bruno ist die Schaltung. Adé Rahmenschaltung! Endlich! Ich habe mich für die Campagnolo Veloce entschieden - bisher bin ich ja weder Campa noch Shimano gewöhnt und von daher dachte ich, werde ich mich mit dem einen Hebel mehr schon anfreunden können. Kann ich! Ich mag den Daumenhebel und ich liebe es, dass man sonst nur den kleinen Hebel hinter dem Bremshebel braucht und den auch in sämtlichen Positionen nutzen kann. Ganz gut erklärt sind die Unterschiede bei den Herstellern übrigens hier: So schalten Sie bei Campagnolo, Shimano und Sram.
Die erste kleine Runde haben Bruno und ich also in trauter Zweisamkeit gedreht. Wir freunden uns langsam miteinander an und deshalb wollte ich Runde zwei dann auch etwas ausdehnen. Los gings bei mir zuhause, einmal durch die Stadt runter zum Rhein, Treffpunkt an der Arena mit meinem Vater und seinem Bike. Ist jetzt ein bisschen komplizierter, als einfach in seiner Garage gemeinsam loszufahren, aber ich wollte ja unbedingt, dass Bruno bei mir wohnt, damit ich auch unter der Woche radeln kann. Das Stück durch die Stadt ist nervig. Also so richtig nervig. Schnitt gefühlt 15 km/h, ständig Ampeln, Menschen, Autos, Straßenbahnen und deren Schienen. Deshalb führte uns die Runde wieder am Rhein entlang, dieses Mal noch mit einem Schlenker Richtung Krefeld und Meerbusch.
Schön flach ist es da und vor allem abends unter der Woche: schön leer. Wir hatten die Straßen fast für uns alleine, was ich dann direkt mal ausreizen musste... Bei Windstille auf flacher Strecke sind also 37 km/h drin. Von wegen Kette rechts, ich glaube den höchsten Gang habe ich noch nicht mal ausprobiert. Den kleinsten allerdings auch nicht - die Schleifen auf die Brücken bin ich auch so ganz bequem rauf gekommen. Bin gespannt, wie Bruno sich mit "richtigen" Hügeln schlägt. Ja, lacht nur, ihr Bergmenschen, ich komm halt aus dem platten Rheinland. Da ist alles ein Berg, was nicht flach ist.
40 Kilometer sind wir gefahren und Papa hängt mich immer noch ab - aber im Gegensatz zu Gabi kann ich mit Bruno eher dranbleiben. Wobei ich auch einfach nicht permanent mit 32 km/h durch die Gegend ballern muss, tatsächlich finde ich es auf der fremden Strecke auch ganz angenehm, mal ein kleines bisschen vom Drumherum zu sehen und zwischendurch mal normal zu atmen. Trotzdem schön, an so einem Sommerabend länger draußen zu sein und weiter rumzukommen, als es mir mit einem Lauf möglich wäre. Als nächstes müssen wir mal ein paar Hügel rauf, spätestens am Sonntag bei der Rapha Women's 100 ist es wohl so weit. Ich freu mich drauf!
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Samstag, 11. Juli 2015

8 Fragen an... @conny_rennt

Es scheint so, als sei ich nicht die einzige, die sich für die Laufgeschichten anderer interessiert. Wieso lauft ihr überhaupt? Wie schlimm war der Anfang? Letzte Woche stand Katrin aka @Katitria Rede und Antwort. Danke dafür! Heute ist Conny dran - vor einer Weile bin ich über ihr Instagram-Profil @conny_rennt gestolpert und finde sie unheimlich motivierend. Sie hat sich in einem Jahr so sehr verändert - das schaffen andere in einem kompletten Leben nicht. Danke, dass du dabei bist und so ausführlich geantwortet hast! Los gehts:
Meine erste Medaille :)
Kannst du dich an deinen ersten Lauf erinnern?
Mein allererster "Lauf" war völlig beschissen. Ich bin den Berg bei mir zu Hause runtergerannt (natürlich viel zu schnell) und konnte nicht mehr, kaum dass es flacher wurde. Also bin ich dann den Rest der vorgenommenen Strecke gewalkt. So ging das Anfang letzten Jahres ne ganze Weile, bis ich es wieder gesteckt hatte, weil ich keine Fortschritte sah. Von Anfänger-Trainingsplänen und ähnlichem hatte ich damals noch keine Ahnung.
Im Juni 2014 hab ich dann den Entschluss gefasst, mein Leben grundsätzlich zu verändern und im Fitness-Studio wie blöde jeden Tag trainiert. 5-mal die Woche reichte nicht mehr aus, dann hab ichs eines Samstags mal wieder versucht und ich kam schon deutlich weiter als bis zu dem Punkt, an dem der Berg unten zu Ende war. So ging das eine ganze Weile. Im August, genauer gesagt am 19. August 2014, bin ich dann zum ersten Mal 5 km "durchgelaufen" mit einer Pace von 8:25 min/km. Und ich hab Lunte gerochen, es hat sich so genial angefühlt, ich wollte mehr! Drei Tage später wollte ich wieder laufen gehen, hatte aber ganz üble Schmerzen in den Schienbeinen. Grund war, dass ich uralte Sportschuhe bei meinem ersten 5km-Lauf anhatte, die dafür alles andere als geeignet waren. Ich musste also nach 2,5 km abbrechen und konnte erst ein paar Tage später (mit neuen, richtigen Laufschuhen) einen neuen Versuch wagen. Von da an ging es immer besser und besser. Wie schon gesagt, einmal Blut geleckt, für immer dabei! :-)
Meine Laufgruppe - ganz rechts meine Trainerin Barbara Maier
Warum läufst du? Haben sich deine Motive mit der Zeit verändert?

Na klar, anfangs war das Ziel Kalorien zu verbrennen, keineswegs Wettkämpfe oder sowas, aber wie das im Leben manchmal so ist: Zeiten ändern dich! Nachdem ich mit dem "richtigen Laufen" angefangen hatte, fing ich auch an, Läufern bei Insta zu folgen - und das motiviert natürlich ungemein. Was sind eigentlich diese Wettkämpfe und wie schnell muss man eigentlich sein, dass man da mitmachen darf? Langsam aber sicher kamen solche Fragen auf. Dann entschied ich mich, das Laufen richtig professionell zu "lernen" und kam durch Zufall auf meine heutige Trainerin, eine erfahrene Ultratrail-Läuferin. Seit September 2014 trainiere ich regelmäßig mit ihr und sie macht mir auch Trainingspläne - dazu aber später mehr. Im September erlitt ich einen Hörsturz und lag einige Zeit im Krankenhaus. Dort merkte ich erst einmal, wie sehr mir das Laufen eigentlich fehlt. Außerdem hatte ich mich tatsächlich für einen ersten Wettkampf angemeldet gehabt, der aber genau in den Zeitraum fiel, in dem ich im Krankenhaus lag. Einen Tag nachdem ich entlassen wurde, bin ich dann das erste Mal wieder laufen gegangen - ganz langsam, wie von den Ärzten empfohlen, aber 10 km lang. Und es tat so gut. Seitdem ist Laufen auch meine ganz persönliche Therapie. Ich bin seit dem Vorfall auf einem Ohr taub und dort pfeift und rauscht es dafür recht doll. Wenn das schlimm wird, schnüre ich meine Laufschuhe und danach geht es meistens um Längen besser. Nach dem Hörsturz lief ich dann meinen ersten 10km-Wettkampf in 1:10 Std. und auch hier war es wie beim ersten Lauf: Ich wollte mehr. Das Gefühl nach der Ziellinie, die Euphorie und das Glücksgefühl, das vermutlich keiner nachvollziehen kann, der noch nie gelaufen ist, das ist unbezahlbar. Im Juni 2015 bin ich meinen ersten Halbmarathon gelaufen – nicht in meiner Wunschzeit, aber um einige Erfahrungen und Erkenntnisse reicher. Heute ist mein Motiv zu laufen, stets besser zu werden – Gewicht reduzieren ist in den Hintergrund gerückt. Natürlich trägt das regelmäßige Laufen aber auch dazu bei, viele Kalorien zu verbrennen, sodass man sich auch mal das eine oder andere gönnen kann, ohne gleich wieder auseinanderzugehen. Der sportliche Ehrgeiz steht aber definitiv im Vordergrund.

Welches Ziel möchtest du als nächstes erreichen und was ist momentan dein wöchentliches Pensum?
Mein nächstes Ziel ist der Halbmarathon im Oktober in Köln. Hier möchte ich natürlich eine bessere Zeit laufen als beim letzten Mal. Durch meinen Trainingsplan hat sich meine Grundlagenausdauer und damit auch mein Puls beim Training schon wesentlich verbessert, aber auch daran arbeite ich gerade weiter – genauso wie am Tempo. Ich laufe derzeit circa viermal die Woche, bestehend aus einer Bergeinheit, einem Intervall- oder Tempotraining und zwei langen Läufen am Wochenende. Ich versuche, zusätzlich noch einen Tag pro Woche Krafttraining einzubauen, aber ich bin ehrlich – das schaffe ich gerade nicht immer. Manchmal stehen einfach andere Dinge im Vordergrund und ich finde das auch in Ordnung.
Bergläufe sind fester Bestandteil meines Trainingsplans
Muss Training Spaß machen oder weh tun?

Ich finde Training sollte schon überwiegend Spaß machen, aber man muss sich auch quälen. Ein Beispiel ist das verhasste Intervalltraining – ja genau, wer findet das schon nicht zum Kotzen, aber im Wettkampf profitiert man davon! Meine Trainerin Babs hat außerdem die Angewohnheit, uns Berge hochzujagen und Bergintervalle absolvieren zu lassen. Auch hiervon konnte ich bei der nicht wenig anspruchsvollen Strecke beim Halbmarathon unheimlich profitieren. Während die, die kurz vorher noch dem 2:10-Pacemaker hinterhergerannt sind, den Berg hochgegangen sind, konnte ich relativ locker hochtraben. Deshalb muss ich für mich sagen: Die Mischung macht’s! Ich genieße die langsamen Dauerläufe am Wochenende und quäle mich dann aber auch ganz gerne mal beim Intervall- oder Tempotraining und schimpfe wie ein Rohrspatz, wenn wir zwei Stunden lang einen Berg querfeldein hochrennen.

Was ist das Schöne an deiner Lieblings-Laufstrecke? 

Meine Lieblingslaufstrecke geht mehr oder weniger durchgehend am Wasser entlang – gerade Sonntagmorgens siehst du da nicht viele Läufer und kannst entspannt dein Ding machen. Allerdings wechsle ich auch die Strecken desöfteren, damit es nicht langweilig wird. Irgendwann kann man dann auch die Strecke auswendig und weiß okay, noch 20 min bis zum Ende – da sind unbekannte Strecken immer ganz nett – wie sagte schon Forrest Gump, „Das Leben ist wie eine Praline – man weiß nie, was man kriegt.“
Die Belohnung ist die Aussicht
Wie fühlst du dich, wenn du eine Ziellinie überquert hast?

Na wie schon, als könnte ich die ganze Welt erobern!

Wie bringst du den Schweinehund zum Schweigen?

Ja, dieser sogenannte Schweinehund. Den kenne ich auch gut! Natürlich würde ich oft auch lieber mit dem Arsch auf der Couch sitzen bleiben, ein Eis essen gehen oder mich mit Freunden verabreden. Das passiert vor allem, wenn der Arbeitstag lange war oder draußen gerade zu heiß oder auch kein allzu tolles Wetter ist.
Mein Trick ist es dann, einfach mal die Laufsachen überzuwerfen. Hat man die erstmal an, ist der Weg nach draußen auch nicht mehr so weit. Wenn ich so richtig gar keinen Bock habe, hilft mir aber mein Trainingsplan. Der ist so aufgebaut, dass ich unter der Woche zwei kürzere Einheiten (30/45 Minuten) zu absolvieren habe und Samstag/Sonntag dann längere Läufe, die man ausgeruht besser hinkriegt. Ich kann nur jedem raten, sich einen solchen Plan zuzulegen. Und selbst wenn es an einem Tag mal gar nicht geht, dann läuft man das Pensum eben am nächsten Tag – da muss man dann aber, sonst wird’s echt eng, das Soll zu erfüllen. Und ich schreibe meiner Trainerin nur ungerne, dass ich eine Einheit hab sausen lassen – das fühlt sich nämlich überhaupt nicht gut an. Apropos gut fühlen. Meistens denke ich daran, wie gut ich mich danach fühle. Und mein Partner sagt das auch und wenn wir richtig unmotiviert sind, dann ziehen wir uns gegenseitig hoch. Einen solchen „Lauf-Freund“ kann ich nur jedem empfehlen – und jetzt im Sommer fällt es vielleicht dem einen oder anderen leichter, ganz früh morgens aus dem Bett zu krabbeln und loszulaufen, als abends, wenn die Luft immer noch sehr heiß vom Tag ist. Ausprobieren lohnt sich!
Ohne Schweiß kein Preis - so siehts nunmal aus nach einem Intervall-Lauf!
Was würdest du Anfängern raten?

Also aufgrund der Erfahrungen, die ich gemacht habe, kann ich nur jedem raten, sich professionelle Hilfe bei einem Trainer oder in einer Laufgruppe zu holen oder zumindest einen professionellen Trainingsplan aus dem Netz runterzuladen. Inzwischen gibt es sogar Apps, die einen an das Laufen erinnern und genau anzeigen, welche Einheit zu absolvieren ist. Außerdem ist es wichtig, langsam anzufangen. Der Körper muss sich erst an die Belastung gewöhnen, also wirklich starten mit gehen – langsam laufen – gehen – langsam laufen usw. Irgendwann kommt man dann an den Punkt, an dem sich das langsame Laufen (Traben) besser anfühlt, als das zwischenzeitliche Gehen – das ist der Punkt an dem man das Gehen seinlassen kann und einfach langsam und gleichmäßig vor sich hintrabt.
Ein weiterer Punkt ist der Trainingspuls. Wer läuft, sollte das meiner Meinung nach mit einer Pulsuhr tun. Für den Anfang reicht ja ein einfaches Modell auch ohne GPS-Funktion. Im Internet gibt es Formeln, mit denen man seine individuellen Pulsbereiche ausrechnen kann. Über 70-75% der maximalen Herzfrequenz sollte das langsame vor sich hintraben nicht gehen, sonst übersäuert man schnell und kommt vielleicht wieder an den Punkt, an dem das Laufen keinen Spaß macht. Ich finde erst, wenn man circa eine Stunde am Stück laufen kann, kann man anfangen, sich Gedanken über die Steigerung der Geschwindigkeit machen – und auch da gilt: Puls im Auge behalten! Auch hier leistet dann ein professioneller Trainingsplan wichtige Hilfe. Ihr seht schon: Laufen braucht Geduld, aber das Geschenk, das man dafür bekommt, ist riesig! Man braucht nur Laufschuhe einzupacken und kann überall auf der Welt einfach loslaufen. Ich kann mir nichts tolleres auf der Welt vorstellen!