Freitag, 18. März 2016

Pre-Halbmarathon-Gedankenbrei

T-1. Morgen ist es so weit. Wer hier schon im November mitgelesen hat, weiß, dass ich mit der Halbmarathon-Distanz noch eine Rechnung offen habe. Ich bin ins Ziel gekommen, ja, aber nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte. Am Samstag begegnen wir uns erneut, diese 21,1 Kilometer und ich. Die Frage, die mir die Menschen zurzeit am häufigsten stellen, gerne in Verbindung mit einem erwartungsfreudigen Grinsen: "Und? Biste gut vorbereitet?"


Nein.

So geht so. Ich ergebe mich in mein selbstgewähltes Leid, denn ich mache den gleichen Fehler wie im November: keine langen Läufe über 15 km. Und ich bin selbst Schuld. Keine Zeit bedeutet keine Lust. Oder andere Prioritäten. Ich hab es mir so ausgesucht, dass ich noch ein Wochenende wegfahre, dass ich zwei Tage Geburtstag feiere, dass ich dieses Mal nicht komplett antialkoholisch bleibe, sondern mir im Gegenteil die Nächte um die Ohren schlage und nicht nur in ein Glas Wein zu tief reinschaue. Das ist alles selbst gewählt. Und doch ärgerlich. So im Nachhinein. Aber um keinen Preis würde ich die letzten vier Wochen irgendwas anders machen. Mit den Worten von Rob Lynch: All These Nights in Bars Will Somehow Save My Soul. (Darauf erst mal nen Pfeffi!)

Es ist ja irgendwie auch so: Ich bewege mich in einer bekloppten Läufer-Bubble (#allebekloppt). Während gefühlt jeder wie wahnsinnig entweder für den Hamburg- oder den Düsseldorf-Marathon trainiert, jagen mir meine 21 Kilometer schon genug Schrecken ein. Wenn die Arbeitskolleginnen ganz nebenbei fragen: "Wie war eigentlich dein Marathon?" stelle ich erst mal hastig richtig, dass es sich nur um einen Halben handelt. Dass ich ihn noch laufen werde, jaja, wird schon.

Supergut sind auch die Nicht-Läufer-Freunde, die meinen: "Du weißt doch, das du das kannst, du bist die Strecke doch schon mal gelaufen." Ja klar! Und wenn ich mit 80 nochmal auf die Idee komme, nen beschissenen Triathlon zu machen, ist das ja kein Ding - hab ich ja schon mal gemacht! Wenn mich morgen jemand meine Spanisch-LK-Abiklausur nochmal schreiben ließe - kein Problem, hab ich doch schon mal geschafft! ("Hola. Me llamo Maren. Dos cervezas por favor.")


Ich bin mal wieder die Königin im Relativieren. Ist ja nur ein Halbmarathon. Alles halb so wild. Sage ich. Und denke gleichzeitig: Scheiße. Die Vorbereitung hätte wirklich besser sein können. Ich hab schon beim letzten Mal gedacht, auf 15 Kilometer könnte ich schon noch irgendwie 6 draufpacken. So einfach war das nicht. Und jetzt bin ich so blöd und gehe morgen mit genau dem gleichen Plan an den Start.

Zwei Dinge sind allerdings ein kleines bisschen anders: dat Essen und der Kopp. Beim ersten Mal war ich krass unterzuckert. Hatte Schüttelfrost, Gänsehaut, habe übel gefroren und konnte kaum klar denken. Ich hab aber auch keinerlei Energie zugeführt. Damit habe ich im Training jetzt herumexperimentiert und ein Gel gefunden, dass ich ohne Nachtrinken beim Lauf gut nehmen kann, ohne es direkt wieder ausspucken zu wollen. Es schmeckt süß - natürlich - aber nicht zum Kotzen. Mir wird davon nicht schlecht, was bei meinem Magen an ein Wunder grenzt, es liefert sofort Energie - was will man mehr. Ich bin im Training ganz gut damit klargekommen, das nach einer guten Stunde, also etwa 10 Kilometern, zu nehmen. Mal sehen, wie das im Rennen klappt.

Die andere Sache ist der Kopf. Ich habe mir langsam aber sicher eine kleine mentale Trickkiste aufgebaut, in die ich greifen kann, wenn der Kopf zu streiken droht. Es gibt keine Garantie, dass dann etwas daraus wirkt, aber ich hatte schon lange beim Laufen keine negativen Gedanken mehr. Ich habe ein paar Techniken geübt, die im Training funktionieren. Ich bin sehr gut durch den ersten Teil der Winterlaufserie gekommen, obwohl ich vorher mit allem gerechnet hätte, aber nicht damit. Ich bin auch gut, schon fast langweilig gut durch den zweiten Teil durchgekommen. Für morgen wünsche ich mir gute Beine und einen Kopf, der auf Knopfdruck ausgeht und die Beine laufen lässt. Ja, ich mache mich etwas verrückt. Natürlich. Es ist ein fucking Halbmarathon und ich weiß noch sehr gut, wie sich die letzten 5, 6 Kilometer davon angefühlt haben: nach zusammenrollen und auf den Boden legen. Decke über den Kopf. Liegen bleiben. Leise sterben. Ich weiß das. Ich rechne damit, dass es hart wird.

Of course it's hard. It's supposed to be hard. If it was easy, everyone would do it. Hard is what makes it great.