Dienstag, 26. April 2016

Marathonluft schnuppern! Als Helfer beim Metro Marathon Düsseldorf

Damit ich gar nicht erst auf dumme Gedanken komme, habe ich mich bereits im letzten November als Helfer für den Marathon in Düsseldorf gemeldet. Der Plan ist so weit aufgegangen - ich stand morgens nicht an der Start-, sondern der Ziellinie und habe tausende Becher mit Wasser gefüllt. Der Tag verdient eigentlich einen eigenen Rennbericht und deshalb schmeiße ich mal mit ein paar Eindrücken um mich:


Sonntagmorgen, 7 Uhr. Während mein Wecker klingelt, sind die Kollegen bei der Kleiderbeutelabgabe schon im Einsatz. Respekt dafür! Bei mir geht es etwas ruhiger zu und ich habe nach dem Frühstück noch genug Zeit, gemütlich zu Fuß durch die Stadt zum Zielbereich zu spazieren. Sonntagsmorgens um kurz nach 8 ist Düsseldorf ziemlich ausgestorben. Teilweise sind die Straßen schon gesperrt, Menschen sind erst mal kaum zu sehen. Erst in der Altstadt wird es etwas lebendiger: Partyleichen mischen sich hier gröhlend und torkelnd unter die Läufer. Ein verrücktes Bild.


Der Zielkanal ist schon abgeriegelt: Nur Security-Mitarbeiter, Sanitäter, Organisatoren und Helfer kommen hier rein. Die Atmosphäre mit ihrer Ruhe vor dem Sturm fesselt mich sofort: Das Ziel liegt direkt unten an der Rheinpromenade - etwas doof für die Zuschauer, die weiter oben sind, aber immerhin mit einer fantastischen Aussicht aufs Wasser. Wie fühlt es sich wohl an, nach 42 Kilometern am Apollo Theater bergab um die Kurve zu biegen, endlich den Rhein zu sehen und die wenigen letzten Meter über die Promenade bis ins Ziel zu laufen? Wie magisch muss dieser Moment sein? Ich latsche über die Ziellinie, als die Uhr noch 0:00 Minuten anzeigt. Auch schön.


Ich treffe meine Kollegen für den heutigen Tag an der Wasserstelle. Der Empfang ist herzlich, ich finde alle auf Anhieb cool. Die sind schon ein netter Haufen, diese Helfer: Insgesamt 1.400 Freiwillige sind rund um den Marathon im Einsatz, um über 10.700 Staffelläufern und über 2800 Marathonis den Tag so angenehm wie möglich zu gestalten. Bei der Wasserstellen-Crew beginnt die Schicht mit einer kleinen Einweisung, bei der sich schnell herausstellt, dass Doro längst weiß, wie der Hase läuft - sie war letztes Jahr schon dabei und klärt uns über Wasserwannen und Becher auf. Für alle gibt es außerdem einen gut gefüllten Helfer-Beutel und einen echt kuscheligen Hoodie, der bei den Temperaturen um die 2° zu Dienstbeginn definitiv besser ist als jedes T-Shirt. Als ich den Pullover prüfend in die Höhe halte und mir überlege, ob die Größenauswahl wohl so schlau war, kommt von meiner Kollegin Angelika nur: "Ach Mädchen! Der wird schon passen, du bist doch schlank!" Huch. Als ich später noch für 7 Jahre jünger geschätzt werde als ich bin, ist der Tag definitiv sowas von gerettet! Die Stimmung im Team ist spitze. Jede kritische Bemerkung zum Wetter lache ich mit "Es regnet heute nicht! Ich weiß das!" weg und handele mir damit schnell den Spitznamen "Sonnenschein" ein.




Ich bin eine Lügnerin. Wir stehen an der Wasserstelle in der Sonne, im Hagel, im Wind, im Regen und im Schneeregen. Und im künstlichen Regen des beknackten Feuerwehr-Bootes, was wirklich unnötig ist bei einstelligen Temperaturen. Wir versorgen erst mal die Teilnehmer der Kids-Läufe mit Wasser und warten dann auf den Hauptlauf. Nach gut zwei Stunden rechnen wir mit dem Sieger im Ziel. Wir wollen uns schon bereit machen und Wasser reichen, aber unser Chef Sven winkt ab: "Der kommt gar nicht bis hier durch." Achso. Die Becher sind bereits gefüllt und warten genau wie wir auf die Läufer - wenn wir aktuell sowieso nichts zu tun haben, gehen wir eben nach vorne und gucken zu. Die Wasserstelle liegt einige Meter hinter dem Ziel, grob geschätzt 100-150. Von dort sieht man nichts. Also nutzen wir es aus, dass wir als einige der wenigen hier unten sein dürfen und pirschen uns an die Ziellinie an. Die Sanitäter haben wohl die gleiche Idee, nur dass sie da vorne eventuell wirklich gebraucht werden: Bewaffnet mit Notfallrucksäcken rollen sie schnell mehrere Tragen näher ans Ziel - ein ungewohntes Bild für den gewöhnlichen Wald- und Wiesenläufer wie mich und eine Erinnerung daran, dass das hier kein 10-km-Volkslauf ist, sondern ein beschissener Marathon.


 


Nachdem mit Japhet Kosgei der erste Läufer nach 2:10:46 im Ziel ist, bleibt für Hendrik Pfeiffer nicht mehr viel Zeit, um die Olympianorm (2:14:00) zu knacken - etwas mehr als 3 Minuten. Der Zweite erreicht das Ziel in 2:13:00. Noch eine Minute! Hendrik Pfeiffer braucht 11 Sekunden. Nach 2:13:11 ist er durch. Er lässt sich auf den Boden fallen, alle Kameras stürzen sich auf ihn. Der erste Marathon, ein Lauf in seiner Geburtsstadt, ekelhafte Bedingungen und dann die Olympia-Quali. Wie großartig, diesen Moment nur wenige Meter direkt hinter der Ziellinie mitzuerleben!

Danke an Kati für das Foto!

Nachdem die Spitzenläufer im Ziel eingetrudelt sind, rechnen wir so langsam mit den ersten Normalsterblichen, die nicht direkt von ihren Teams abgefangen werden, sondern den langen Weg in den Nachzielbereich antreten müssen. Schließlich kommt der erste, immernoch mit einer wahnwitzigen Zeit und wandert vom Ziel aus in unsere Richtung. Völlig allein. 10, 15 Minuten langsamer als die Spitze, ich weiß es nicht mehr, ist er der erste Läufer, für den sich keiner interessiert. Keine Kameras, kein Betreuerteam. Stattdessen empfangen wir Helfer ihn geschlossen mit Applaus, hängen ihm eine Rettungsdecke und die Medaille um und drücken ihm einen Becher Wasser in die Hand. Das traurige Bild, wie er in seine goldene Glitzer-Decke gehüllt komplett allein in Richtung Burgplatz schlurft, werde ich so schnell nicht vergessen.


2:30, 2:45, 3:00. So langsam kommen die Läufer nicht mehr nur vereinzelt bei uns an, sondern in kleineren und größeren Gruppen. Die ersten bekommen ihren Wasserbecher noch persönlich in die Hand gedrückt, viele sind enttäuscht, dass wir nur Wasser haben, viele wollen auch einfach gar nichts. Die Gesichter sind leer. Ich wollte diesen Job im Zielbereich unbedingt machen, um all die Emotionen aufzusaugen, die ich mir hier ausgemalt habe. Was ich so mitschneide, ist ziemlich viel Leere. Erschöpfung.

Und dann gehts auf einmal Schlag auf Schlag. Wie am Fließband geben wir Wasserbecher raus, füllen neue auf, stellen sie hin, geben sie raus, füllen auf. Ich sehe nur noch Becher und Wasser, ich versuche nicht in die wachsende Pfütze auf dem Boden zu treten, weil die Füße sowieso schon nass sind, ich versuche, die Finger beim Eintauchen der Becher in die Wanne aus dem Wasser rauszuhalten, weil sie einfach schon zu kalt sind. Ständig bücken, aufstehen, hin und her laufen, hört sich an wie ein Witz, aber geht mit der Zeit dann doch ein wenig in die Beine. Becher und Wasser. Wasser und Becher. Zwischendurch mal hochschauen, was sagt die Zielzeit? Wann sollte nochmal wer ungefähr hier vorbei kommen? Und dann weitermachen, die Tische leeren sich schneller, als wir die Becher auffüllen können, also wieder Becher und Wasser. Ich will Gesichter sehen!



Und dann, endlich, erschöpft und glücklich steht auf einmal Nina bei uns am Wasserstand. So ein Gesicht wollte ich sehen! Scheiße, ja, sie ist total fertig mit der Welt, aber sie sieht spitze aus und diese Mischung aus totaler Erschöpfung und Glück ist großartig. Ihr Kommentar: "Marathon laufen ist wie Kinderkriegen. Erst denkst du: Nie wieder! Und dann machste es doch nochmal." Sie ist ganz knapp unter 4 Stunden geblieben und hat die letzten 10 km wohl sehr kämpfen müssen. Genau so muss es sein, oder?


Viel Zeit zum Reden ist nicht, wir müssen Becher füllen. Dem großartigen Sascha habe ich nicht mal ordentlich hallo gesagt und gratuliert, sondern ihn bloß aus der Ferne angestrahlt. Marathon-Debüt und dann direkt unter 3:30, hallo?! Stefan hätte ich niemals erkannt (was nicht an ihm liegt, sondern an meiner nicht vorhandenen Fähigkeit, Leute zu erkennen), da ist es hilfreich, wenn die Menschen mich von selbst ansprechen. Schön, einige Online-Bekanntschaften aus dem allebekloppt-Universum mal im echten Leben zu treffen, wenn auch nur kurz. Als nächstes steht plötzlich Leni vor mir, sieht auch noch erstaunlich frisch aus, aber berichtet von Schmerzen und Kämpfen und ist froh, es geschafft zu haben. Später bedankt sie sich tatsächlich dafür, dass sie uns zuquasseln durfte. Also bitte! Dafür sind Friseure, Senioren in Wartezimmern und Wasserstellen-Helfer doch da! Überhaupt kein Thema. Ich freue mich so sehr über jedes bekannte Gesicht und bin ein bisschen geknickt, dass so viele befreundete Staffelläufer einfach Teil 1-3 und damit nicht ins Ziel gelaufen sind. Das müsst ihr nächstes Mal anders regeln! Sehr schade ist auch, dass ich Svenja und Naomi verpasse. Ihr seid beide Heldinnen und ich hätte euch so gerne in Empfang genommen und sehr wahrscheinlich nicht mehr losgelassen.

Gesamt-Fazit? Das war großartig. Unser Wasserstellen-Team war spitze und der Tag anstrengend und toll zugleich. Die beste Belohnung? Läufer, die nach einem Marathon-Finish nichts besseres zu tun haben, als dem Mensch mit dem Wasserbecher danke zu sagen. Danke euch!! Gerne wieder!


Highlights und Fakten über das Volunteer-Dasein beim Marathon:

1. Die weiße Salzkruste im Gesicht der Läufer verhält sich umgekehrt proportional zur Zielzeit: Schnelle Zeit = viel Salz, langsamere Zeit = Gesichter sind besser zu erkennen.

2. Die Freude in den Gesichtern steigt exponentiell mit der Zielzeit an. Schnelle Zeit = sehr viel Leere, langsamere Zeit = sehr viel Erleichterung.

3. Niedlichste Frage beim Kids-Cup: "Entschuldigung, ist das stilles Wasser?"

4. Geht gar nicht: Leeren Becher 30 cm Luftlinie neben die Mülltonne werfen. Echt mal.

5. "Kann ich bitte noch ein zweites Wasser haben?" Nein. Jeder nur ein Kreuz.

6. Hätte ich für jedes "Ist das Rheinwasser? Hihihi..." einen Euro bekommen, wäre ich heute reich.

7. Die Medaillen sind schön. Sehr schön. Die Staffeln bekommen ein Puzzle, bei dem alle vier Teile zusammen Düsseldorfer Sehenswürdigkeiten ergeben, und die Marathonis bekommen eine riesige Medaille, die wirklich sehr toll ist. Und groß. Hab ich schon schön gesagt?


Wer es noch nicht gemerkt hat: Scheiße, ich bin angefixt. Erstens: Ich habe mich nie für den Marathon in Düsseldorf interessiert. Meistens habe ich dafür gesorgt, dass ich an dem Tag erst gar nicht in der Stadt bin, weil ja sowieso alles gesperrt ist. Zweitens: Ich habe nie auch nur im Ansatz in Erwägung gezogen, dass das ein läuferisches Ziel für mich sein könnte. Es hat mich einfach Null gereizt. Am Abend habe ich die müden Füße bei einem halbwegs lockeren 10er über die Brückenrunde ausgeschüttelt. Ich habe die fortschreitenden Aufräumarbeiten beobachtet, bin in der gleichen Sekunde durch Regen und Sonne gelaufen, habe auf meine Stadt geguckt, an der das Herz so hängt und ich bin sicher: Wenn jemals ein Marathon in Frage kommt, dann nirgendwo anders als hier. Zuhause.

Dienstag, 19. April 2016

Raceday No. 12 - Brückenlauf Düsseldorf

Ziemlich genau zwei Jahre nach meinem Lauf-Debüt auf der 5-km-Strecke bin ich zum zweiten Mal für einen 5er angemeldet: den Brückenlauf in Düsseldorf. Eigentlich wollte ich Denise bei ihrem allerersten Lauf begleiten und hatte versprochen, ihr Tempo zu laufen und sie im Notfall schon irgendwie ins Ziel zu bugsieren – genau wie meine Schwester mich 2014 davon überzeugt hat, dass mittendrin aufgeben jetzt auch blöd wäre. Okay, "überzeugt" ist ein winziges bisschen untertrieben, eigentlich habe ich damals einen gewaltigen Arschtritt gebraucht, um schließlich mit Ach und Krach nach 36:19 Minuten die Ziellinie zu erreichen.


Am 30. April laufe ich 10 km bei der Breitscheider Nacht und habe mir vorgenommen, dort die magische 60-Minuten-Grenze zu knacken. Und irgendwie wäre es ja schon schön gewesen, vorher mal einen flotten 5er zu laufen, aber versprochen ist versprochen ... Aber: Denise war am Brückenlauf-Tag verhindert und ich konnte ohne schlechtes Gewissen mein eigenes Tempo machen. Alles in allem dann doch ein glücklicher Zufall, denn sonst hätte ich mich wohl gar nicht erst für den 5er angemeldet. Im Nachhinein: beste Idee!



Ziemlich spontan hatte sich am Sonntagmorgen auch noch Christian angekündigt, den Spaß mit der Kamera zu begleiten – diese Nachricht kam glücklicherweise so kurzfristig, dass ich nicht mehr allzu viel Zeit hatte, drüber nachzudenken, wie schrecklich Menschen (also, ich) beim Laufen aussehen, was ich anziehen sollte, um das Unheil nach Möglichkeit zu minimieren und überhaupt – eine hervorragene Idee also, mir das kurz vor knapp erst zu sagen und daher eine schöne Überraschung. Alle guten Bilder in diesem Artikel sind von ihm, die hässlichen nehme ich auf meine bzw. Papas Kappe ;-) Schaut unbedingt auf seiner Website vorbei, außerdem natürlich bei Facebook und Instagram und Twitter. Volles Programm. Es lohnt sich!


Meine Verfassung am Sonntagmorgen war so mittelprächtig, das vorsichtige Zeitziel hieß: auf jeden Fall unter 30 Minuten. Mal gucken, was geht. Und weil das Rennen so kurz war, besteht der Bericht aus fast genauso vielen Sätzen wie ich Minuten gelaufen bin. Ein Drama in 26 Akten:

1. Startschuss!
2. Boah ist das voll hier!
3. Zu viele Menschen. Zu. Viele. Menschen.
4. Ist das hier ein Hindernislauf oder was?
5. Die Strecke ist aber auch ganz schön eng! Man sieht ja gar nichts.
6. Lasst mich durch!
7. Oh scheiße, ein Pöller. Fast gegen gerannt.
8. Wiesel, wiesel, wiesel.
9. Ah, Straße, endlich. Da kommt schon die erste Brücke.
10. Ich renne die Rampe jetzt einfach rauf. Scheiß auf Anstieg langsam angehen. Muss raus aus dieser Menschenmenge.
11. Hat eigentlich schon mal irgendwer eine Kilometermarkierung gesehen?
12. Ganz schön kalt auch so im ärmellosen Shirt bei dem Wind!
13. Wie viele Schulklassen muss ich denn noch überholen, damit ich mal halbwegs geradeaus laufen kann?
14. Ich würd ja schon ganz gerne mal wissen, wie langsam das Tempo bei dem Zickzack-Kurs eigentlich ist.
15. WIESO sind hier keine Markierungen?
16. Boah, langsam wird die Scheiße anstrengend. Aber hallo.
17. Ich wette, am Ende kommt hier so ne Zeit um die 35 Minuten raus, so viel Slalom.
18. Aber dann wärs nicht so anstrengend! Hab ich echt eben was von kalt gesagt?
19. Zweite Brücke. In der Mitte gibst du Gas! So ist der Plan! Ist nicht mehr weit!
20. Oh scheiße.
21. Da geht gar nichts mehr. Auf keinen Fall zulegen. Tempo raus! Oder irgendwo hinlegen.
22. Gehen wäre traumhaft!
23. Ich lass das einfach mit dem 5er. Wer braucht schon nen schnellen 5er?
24. Nicht gehen! So lang du nicht an Christian vorbei bist, musst du weiter laufen! Du willst doch kein Wander-Foto! Wo ist der denn bloß??
25. Zielgerade. Einen Fuß vor den anderen! Einfach weiterlaufen. Gleich ist es vorbei!
26. Wasser. Hinsetzen. Atmen.
26.13 Uhr stoppen. Da steht was mit 26. 26?? Bestimmt geht die Uhr falsch. Zu spät eingeschaltet. Oder die Strecke war doch kürzer. 26 Minuten?! 29 wären ok gewesen. 28:30 mit Rennerei auch. 26 muss ein Fehler sein.


Ist es nicht. Die offizielle Zeit sind 26:13 Minuten. 10 Minuten weniger als vor zwei Jahren. Gefühlt wars allerdings genauso schrecklich. Ich hätte ja nicht damit gerechnet, mal auf der ersten anstatt der letzten Seite einer Ergebnisliste zu stehen, aber: Die Rennerei hat mir Platz 77 von 698 eingebracht und Platz 8 von 97 in der Altersklasse 20 (AK20! Hahaha). Pro-Tipp: Wer halbwegs vorzeigbare Platzierungen erreichen will, sollte zur Abwechslung mal über die Distanz starten, auf der sonst hauptsächlich Schulklassen und Mrs. Sportys zu finden sind. Allerdings: Im Turtle-Tempo fühle ich mich eindeutig wohler (komisch!). Das hat keinen Spaß gemacht. Spaßig war erst der Blick in die Ergebnisliste. Unbezahlbar: Im desolaten Zustand wenige Minuten nach dem Zieleinlauf den Kommentar hören: "Du siehst doch schon wieder ganz erholt aus!" Man lügt nicht. Aber danke dafür.


Das mit dem Quälen kann man manchmal so machen – aber nicht immer. Ich habe die Leidensfähigkeit auf die Probe gestellt und mir bewiesen, dass ich was aushalten kann. Das ist schön zu wissen. Aber auf keinen Fall wünschenswert für jeden Lauf. Mittlerweile macht mir das "schnell" Laufen Spaß, ich mag es auch im Training, zwischendurch an Grenzen zu gehen (wobei ich da offensichtlich nie auch nur im Ansatz gewesen bin, wenn ich mir die Kilometerzeiten von Sonntag so angucke). Ich freue mich ehrlich über die Entdeckung, dass das Gesetz laufen = anstrengende Scheiße nicht mehr gilt. Dass ich jetzt Variationen davon kenne. Dass ich gemütlich traben kann. Dass ich eine Wohlfühl-Pace habe und die ziemlich lange halten kann. Hey, ich kann einen Halbmarathon laufen, der sich 18 Kilometer lang gut anfühlt. Und ich kann mich, wenns sein muss, 5 km lang quälen. Nach der Vorlage sollte der 10er unter 60 Minuten in 11 Tagen ja drin sein. Ohne allzu viel Quälerei.

Das Learning des Tages direkt schon mal auf dem Turnbeutel mitgebracht.
Liebe Denise, ich bin mir sicher, Kati wird dir bei deinem neu terminierten Debüt eine großartige Begleitung sein. Hab viel Spaß und Erfolg!

Samstag, 16. April 2016

Im Test: CEP Run Ultralight Socks

Meine ersten Erfahrungen mit Kompressionssocken habe ich Anfang des Jahres gemacht: Ich hatte gerade die Einlagen bekommen, war vorher immer nur schmerzhafte 3 km gelaufen und brauchte irgendwas, das meinen Kopf davon überzeugt, dass Laufen nicht mehr weh tut und ab sofort auch wieder über längere Strecken funktioniert. Zaubersocken.


Vorweg: Ich habe mich mit der Studienlage nicht weiter beschäftigt. Die einen sagen wohl einen Effekt nach, die anderen nicht – ich wollte es ausprobieren. Die ersten Läufe mit verschiedenen Kompressionssocken waren angenehm – da kam das Angebot von CEP sehr gelegen, die Run Ultralight Socks zu testen. Für diesen Zweck habe ich das Paar kostenfrei erhalten, allerdings ist es meine Entscheidung, inwiefern ich berichte. Ihr könnt euch wie immer sicher sein, hier meine ehrliche Meinung zu lesen. Los gehts:

Erster Test bestanden: Zur Bettwäsche passen die Socken ja schon mal hervorragend.
Die richtige Größe
Der Size-Finder möchte nur mein Geschlecht und den Umfang an der stärksten Stelle der Wade wissen. Hä? Woher wollen die denn wissen, wie groß mein Fuß ist, wenn ich nur die Wade vermesse? Verwirrt frage ich erst einmal nach, wie das für Leute mit kleinen Füßen und starken Waden oder andersrum funktionieren soll. Die Antwort: Die Socks seien sehr elastisch und passten sich dem Fuß wie eine zweite Haut an. Das Fußteil für Männer sei etwas weiter geschnitten, aber generell ließe sich das Material gut dehnen. Das Wadenmaß garantiere die nötige Kompression. Aha.

Aus meiner Laborvergangenheit ist noch hängen geblieben, dass man Messungen am besten so häufig wie möglich macht, allerdings hilft mir das hier nicht weiter. Ich schließe alle Messungenauigkeiten aus und messe mehrfach hintereinander 38 cm. Toll. Das ist die Obergrenze von Größe III und ich befürchte, ich könnte mich ja doch irgendwie vertan haben und die Socken könnten zu klein sein. Egal, Größe III wird bestellt.


Der erste Eindruck
Ich habe mich für viper/green entschieden und der Name hält, was er verspricht: Die Dinger sind wirklich giftgrün. Die Verpackung fühlt sich gut an (ziemlich wichtig für haptisch leicht verstrahlte Menschen wie mich – meine neue Actioncam möchte ich am liebsten gar nicht mehr aus der Hand legen, weil sie sich einfach so toll anfühlt). Die Socks selbst wiegen gefühlt fast nichts, auch das "ultralight" scheint also Programm zu sein.

Das Anziehen
Ich habe jetzt also giftgrüne, superleichte Socken und ich kriege die verdammten Dinger nicht an die Füße. Aber mal so gar nicht. Ich muss in die Anleitung gucken. Um Socken anzuziehen. Im Ernst! Ich kanns kaum fassen, aber der Trick mit halb auf links ziehen und Ferse festhalten funktioniert. Trotzdem hab ich noch keine Ahnung, wie meine schwabbeligen Waden in das bisschen Stoff passen sollen, das schon über dem Mittelfuß ordentlich spannt. Aber sobald der Fuß samt Ferse einmal drin ist, geht der Rest ganz einfach. Und: es passt. Es steht nichts über, der Fuß passt rein, die Wade auch, oben schnürt nichts ab und der Druck ist angenehm.


Das sagt der Hersteller
CEP empfiehlt die Run Ultralight Socks für ambitionierte Läufer, Triathleten und Ausdauersportler. Das mit dem Triathlon ist so eine Sache: Beim Schwimmen dürfen Körperteile unterhalb der Knie nicht bedeckt sein – und niemand würde ernsthaft versuchen, die Socks beim ersten Wechsel über die nassen Beine zu bekommen. Inzwischen gibt es auch Calf Sleeves, also im Prinzip Socken ohne Fuß. Die sind aber auch nur unter dem Neo erlaubt - bei Neoverbot gilt wieder, dass die Beine knieabwärts frei sein müssen (man berichtige mich bitte, falls sich das inzwischen wieder geändert hat). Vielleicht geh ich spaßeshalber trotzdem mal mit den Socken schwimmen.

Das sollen die Run Ultralight Socks übrigens alles können:
  • Starke Kompression für maximale Leistungsfähigkeit
  • Reduktion von Muskelvibrationen
  • Maximale Stabilität für Muskeln und Gelenke zur Verletzungsprophylaxe
  • Propriozeptive Stabilisierung von Knöchel und Fuß
  • Verbesserte Bewegungskoordination
  • Schnellere Regeneration

Der Hintergrund: Der Kompressionsverlauf im Gestrick soll die Durchblutung steigern, das sorgt für mehr Sauerstoff für die Muskeln und somit für mehr Energie. Gleichzeitig sollen Stoffwechselreste wie beispielsweise Laktat schneller abtransportiert werden, was die Regeneration beschleunigt. 

Der erste Test
Klingt für mich ziemlich nach Raketenwissenschaft. Weil die Socks nur einen Tag vor dem Halbmarathon im März ankommen, traue ich mich nicht, sie direkt beim Lauf zu testen. Dafür aber in der Nacht davor. Intelligenterweise saß ich nämlich an genau dem Tag zum ersten Mal dieses Jahr auf dem Rad – und erfahrungsgemäß finden die Waden das erst mal überhaupt nicht gut und zicken beim nächsten Lauf rum. Immer. Nach einer Nacht in giftgrün: nichts. Es gibt zwar extra Modelle, die Recovery heißen und wohl genau dafür noch besser geeignet sind, aber ich kann mich auch so nicht beschweren. Die Nacht nach dem Halbmarathon dürfen die Füße und Waden auch nochmal eingepackt in grün verbringen und ich will mal behaupten, dass es mir nach dem letzten Halbmarathon im November am Tag danach schlechter ging. Dieses Mal reicht es für einen Tag durch Venlo wandern, zwei Stunden auf Zehenspitzen in der zweiten Reihe beim Venloop zuschauen und noch einen Sprint zu bekannten Gesichtern hinlegen. Regeneration: top.

Die nächsten Laufschuhe müssen grün sein. Geht ja gar nicht. 
Beim Laufen
Man kann ja über die bunten Kniestrümpfe denken, was man will. Ich fand sie erst lächerlich, vor allem in meiner Leistungsklasse. Ich habe keine Ahnung, wie effektiv die Kompression wirklich ist, wenn meine Waden aus einer abenteuerlichen Mischung aus Fett und Muskeln bestehen und da einfach alles zusammengedrückt wird. Aber: es fühlt sich gut an. Ich laufe wirklich gern mit den Socks und ich habe das Gefühl, die Beine seien beim Laufen leichter. Vergleichen kann ich die Run Ultralight Socks mit den Run Socks 2.0 ebenfalls von CEP, die ich allerdings leider nur in Größe IV habe (wenn meine Messungen stimmen also eigentlich zu groß, aber das war ein Geburtstagsgeschenk). Im Gegensatz zu den "normalen" Run 2.0 sind die Ultralight extrem dünn und auf keinen Fall zu warm – auch nicht bei höheren Temperaturen. Da mir ungefähr immer warm ist, ist das schon mal ein gutes Zeichen – die 2.0 werde ich im Sommer nämlich bestimmt nicht mehr tragen.

Zum Vergleich: die Run Socks 2.0
Fazit 
Ich trage die Run Ultralight Socks gerne, vor allem bei längeren Läufen über 10 km. Ob das wirklich was bringt, weiß ich nicht. Die Beine sind gefühlt weniger schwer und auf jeden Fall hilft das Ganze dem Kopf. Und allein dafür lohnt es sich, selbst wenn es "nur" der Zaubersocken-Effekt sein sollte. Inzwischen fühl ich mich beim Laufen mit normalen Socken an den Beinen schon fast nackt, so als würde etwas fehlen. Die Ultralight im Gegensatz zu den Run 2.0 finde ich für den Sommer super, für Triathlon herrlich unsinnig und mit 54,90 Euro ganz schön teuer. Nach den Erfahrungen vor und nach dem Halbmarathon schwöre ich allerdings auf die Auswirkungen auf die Regeneration und allein deshalb möchte ich sie absolut nicht mehr missen.


Was habt ihr für Erfahrungen mit Kompressionssocken? Fährt jemand von euch schon mal damit Rad? Schwört jemand auf die Sleeves?

Dieser Artikel enthält Werbe-Links.

Mittwoch, 6. April 2016

Laufgeschichten von... Lena von durchhalten ist alles

Die April-Laufgeschichte kommt von Lena von durchhalten ist alles - danke dafür! Lena kenne ich noch aus meiner amateurhaften Musikjournalismus-Zeit in Köln, mittlerweile hat es sie nach Bremen verschlagen und sie tastet sich gerade ziemlich eifrig an ihre ersten Triathlons ran. Übrigens habe ich im Gegenzug Lena auch ein paar Fragen beantwortet, schaut mal rein!


Kannst du dich an deinen ersten Lauf erinnern?
Der erste Lauf…ja der hat eigentlich nicht stattgefunden. Ich hatte mich für den Deutsche Post Ladies Run angemeldet und war auch schon meine Startunterlagen abholen und hatte mein tolles, gelbes T-Shirt an, habe bei Starbucks gewartet, weil ich viel zu früh war und als ich 30 Minuten vor dem Start raus bin, wurde mir mitgeteilt, dass der Lauf abgesagt wurde wegen einer Unwetter-Warnung. Mein zweiter Lauf, die 10 km beim Bremen Marathon, musste ich übrigens auch känzeln, weil ich krank war. Seitdem habe ich mich noch nicht für was neues angemeldet, wollte eigentlich bei uns in Bremen die Winterlaufserie mitmachen, aber das hat auch mal wieder wegen Krankheit und Knie nicht richtig hingehauen. Beim Laufen ist der Wurm drin bei mir. Deshalb dieses Jahr im Mai dann irgendwo hier in der Umgebung ein 10-km-Lauf. Mal sehen. Je weniger Stress ich mir da mit Terminen mache, desto besser läuft es irgendwie.

Warum läufst du?
Ich werde 2016 meine ersten Triathlons starten, bin jetzt für drei Wettkämpfe im Zeitraum zwischen Juli und September angemeldet - natürlich nur die Volksdistanz erstmal, aber das reicht ja auch fürs erste Jahr denke ich und danach mal sehen. Da ich jetzt seit knapp einem halben Jahr dabei bin, merke ich immer mehr, wie wichtig es ist, dass das ganze Spaß macht und das man sich von seinem eigenen Trainingsplan nicht zu sehr stressen lässt und damit die Motivation verliert. Ich mache das ja für mich und das muss ich mir manchmal schon vor Augen halten, damit es passt. Außerdem ist die Prioritätenliste über die Zeit etwas angepasst worden :-D


Welches Ziel möchtest du als nächstes erreichen? Was ist momentan dein wöchentliches Pensum?
Mein Ziel ist natürlich in erster Linie, Spaß zu haben. Die drei Triathlons möchte ich daher vor allem erst mal beenden, eine Zeit ist momentan noch nebensächlich, wobei ich glaube, dass das nach dem ersten schon anders sein wird, denn man will ja immer schneller sein als vorher ;-) Mein wöchentliches Pensum ist momentan, wenn ich es zeitlich schaffe so, dass ich ein bis zweimal in der Woche schwimmen, zwei bis dreimal versuche zu laufen und je nach Wetter noch ein oder zweimal versuche aufs Rad zu kommen. Jetzt ist langsam auch die Zeit gekommen, wo ich zumindest ein oder zweimal in der Woche morgens und abends laufen und schwimmen oder laufen und Rad kombinieren will und dann ab Mai auch mal anfangen möchte zu koppeln, aber mal sehen, wie es läuft.

Muss Training Spaß machen oder weh tun?
Beides. Man muss über seine Grenzen gehen und das tut weh, aber es muss im Rahmen sein, sodass man es nicht zu sehr übertreibt und dabei der Spaß auf der Strecke bleibt oder man sich wohlmöglich noch verletzt.


Was ist das Schöne an deiner Lieblings-Laufstrecke?
Ich habe gar keine richtige Lieblingslaufstrecke. In Bremen wohne ich nur 1,5 km vom Bürgerpark entfernt und der bietet einen ca. 9 km Rundkurs durch schönste Natur sowie ganz viele kleine Wege, sodass man seine Strecke, wenn man will und was ich auch gerne tue, immer variieren kann. Egal welche Strecke ich da also laufe, auf dem Rückweg komme ich oft am Streichel-Zoo vorbei - vielleicht ist das mein Highlight, wenn ich die Esel sehe ;-)

Wie fühlst du dich, wenn du eine Ziellinie überquert hast?
Das kann ich erst beantworten, wenn ich den ersten Lauf oder Triathlon absolviert habe, aber ich weiß schon, wie es sich anfühlt, Zuschauerin zu sein und das Gefühl ist schon wahnsinnig bei so Wettkämpfen. Wie wird es dann erst, wenn ich selber angefeuert werde?!


Wie bringst du den Schweinehund zum Schweigen?
Ohje…das klappt manchmal besser und manchmal schlechter. Je mehr Erfolge ich an mir selber körperlich feststelle, sei es an meiner Figur oder wie fit ich zum Beispiel endlich mal wieder Treppen hochlaufe, desto besser bekomme ich ihn zum Schweigen. Ich weiß außerdem bei mir selber, dass nach einer schlechten Phase immer eine super Gute kommt und verliere einfach nicht den Spaß an der Sache, denn deshalb mache ich das Ganze ja.

Was würdest du Anfängern raten?
Ich bin selber Anfängerin, deswegen bin ich es, die die Ratschläge braucht. Ich weiß für mich aber jetzt schon vor allem eins: Es lohnt sich, durchzuhalten und dabei sollte man nie den Spaß verlieren, denn Überehrgeiz ist nicht so gesund.