Dienstag, 19. April 2016

Raceday No. 12 - Brückenlauf Düsseldorf

Ziemlich genau zwei Jahre nach meinem Lauf-Debüt auf der 5-km-Strecke bin ich zum zweiten Mal für einen 5er angemeldet: den Brückenlauf in Düsseldorf. Eigentlich wollte ich Denise bei ihrem allerersten Lauf begleiten und hatte versprochen, ihr Tempo zu laufen und sie im Notfall schon irgendwie ins Ziel zu bugsieren – genau wie meine Schwester mich 2014 davon überzeugt hat, dass mittendrin aufgeben jetzt auch blöd wäre. Okay, "überzeugt" ist ein winziges bisschen untertrieben, eigentlich habe ich damals einen gewaltigen Arschtritt gebraucht, um schließlich mit Ach und Krach nach 36:19 Minuten die Ziellinie zu erreichen.


Am 30. April laufe ich 10 km bei der Breitscheider Nacht und habe mir vorgenommen, dort die magische 60-Minuten-Grenze zu knacken. Und irgendwie wäre es ja schon schön gewesen, vorher mal einen flotten 5er zu laufen, aber versprochen ist versprochen ... Aber: Denise war am Brückenlauf-Tag verhindert und ich konnte ohne schlechtes Gewissen mein eigenes Tempo machen. Alles in allem dann doch ein glücklicher Zufall, denn sonst hätte ich mich wohl gar nicht erst für den 5er angemeldet. Im Nachhinein: beste Idee!



Ziemlich spontan hatte sich am Sonntagmorgen auch noch Christian angekündigt, den Spaß mit der Kamera zu begleiten – diese Nachricht kam glücklicherweise so kurzfristig, dass ich nicht mehr allzu viel Zeit hatte, drüber nachzudenken, wie schrecklich Menschen (also, ich) beim Laufen aussehen, was ich anziehen sollte, um das Unheil nach Möglichkeit zu minimieren und überhaupt – eine hervorragene Idee also, mir das kurz vor knapp erst zu sagen und daher eine schöne Überraschung. Alle guten Bilder in diesem Artikel sind von ihm, die hässlichen nehme ich auf meine bzw. Papas Kappe ;-) Schaut unbedingt auf seiner Website vorbei, außerdem natürlich bei Facebook und Instagram und Twitter. Volles Programm. Es lohnt sich!


Meine Verfassung am Sonntagmorgen war so mittelprächtig, das vorsichtige Zeitziel hieß: auf jeden Fall unter 30 Minuten. Mal gucken, was geht. Und weil das Rennen so kurz war, besteht der Bericht aus fast genauso vielen Sätzen wie ich Minuten gelaufen bin. Ein Drama in 26 Akten:

1. Startschuss!
2. Boah ist das voll hier!
3. Zu viele Menschen. Zu. Viele. Menschen.
4. Ist das hier ein Hindernislauf oder was?
5. Die Strecke ist aber auch ganz schön eng! Man sieht ja gar nichts.
6. Lasst mich durch!
7. Oh scheiße, ein Pöller. Fast gegen gerannt.
8. Wiesel, wiesel, wiesel.
9. Ah, Straße, endlich. Da kommt schon die erste Brücke.
10. Ich renne die Rampe jetzt einfach rauf. Scheiß auf Anstieg langsam angehen. Muss raus aus dieser Menschenmenge.
11. Hat eigentlich schon mal irgendwer eine Kilometermarkierung gesehen?
12. Ganz schön kalt auch so im ärmellosen Shirt bei dem Wind!
13. Wie viele Schulklassen muss ich denn noch überholen, damit ich mal halbwegs geradeaus laufen kann?
14. Ich würd ja schon ganz gerne mal wissen, wie langsam das Tempo bei dem Zickzack-Kurs eigentlich ist.
15. WIESO sind hier keine Markierungen?
16. Boah, langsam wird die Scheiße anstrengend. Aber hallo.
17. Ich wette, am Ende kommt hier so ne Zeit um die 35 Minuten raus, so viel Slalom.
18. Aber dann wärs nicht so anstrengend! Hab ich echt eben was von kalt gesagt?
19. Zweite Brücke. In der Mitte gibst du Gas! So ist der Plan! Ist nicht mehr weit!
20. Oh scheiße.
21. Da geht gar nichts mehr. Auf keinen Fall zulegen. Tempo raus! Oder irgendwo hinlegen.
22. Gehen wäre traumhaft!
23. Ich lass das einfach mit dem 5er. Wer braucht schon nen schnellen 5er?
24. Nicht gehen! So lang du nicht an Christian vorbei bist, musst du weiter laufen! Du willst doch kein Wander-Foto! Wo ist der denn bloß??
25. Zielgerade. Einen Fuß vor den anderen! Einfach weiterlaufen. Gleich ist es vorbei!
26. Wasser. Hinsetzen. Atmen.
26.13 Uhr stoppen. Da steht was mit 26. 26?? Bestimmt geht die Uhr falsch. Zu spät eingeschaltet. Oder die Strecke war doch kürzer. 26 Minuten?! 29 wären ok gewesen. 28:30 mit Rennerei auch. 26 muss ein Fehler sein.


Ist es nicht. Die offizielle Zeit sind 26:13 Minuten. 10 Minuten weniger als vor zwei Jahren. Gefühlt wars allerdings genauso schrecklich. Ich hätte ja nicht damit gerechnet, mal auf der ersten anstatt der letzten Seite einer Ergebnisliste zu stehen, aber: Die Rennerei hat mir Platz 77 von 698 eingebracht und Platz 8 von 97 in der Altersklasse 20 (AK20! Hahaha). Pro-Tipp: Wer halbwegs vorzeigbare Platzierungen erreichen will, sollte zur Abwechslung mal über die Distanz starten, auf der sonst hauptsächlich Schulklassen und Mrs. Sportys zu finden sind. Allerdings: Im Turtle-Tempo fühle ich mich eindeutig wohler (komisch!). Das hat keinen Spaß gemacht. Spaßig war erst der Blick in die Ergebnisliste. Unbezahlbar: Im desolaten Zustand wenige Minuten nach dem Zieleinlauf den Kommentar hören: "Du siehst doch schon wieder ganz erholt aus!" Man lügt nicht. Aber danke dafür.


Das mit dem Quälen kann man manchmal so machen – aber nicht immer. Ich habe die Leidensfähigkeit auf die Probe gestellt und mir bewiesen, dass ich was aushalten kann. Das ist schön zu wissen. Aber auf keinen Fall wünschenswert für jeden Lauf. Mittlerweile macht mir das "schnell" Laufen Spaß, ich mag es auch im Training, zwischendurch an Grenzen zu gehen (wobei ich da offensichtlich nie auch nur im Ansatz gewesen bin, wenn ich mir die Kilometerzeiten von Sonntag so angucke). Ich freue mich ehrlich über die Entdeckung, dass das Gesetz laufen = anstrengende Scheiße nicht mehr gilt. Dass ich jetzt Variationen davon kenne. Dass ich gemütlich traben kann. Dass ich eine Wohlfühl-Pace habe und die ziemlich lange halten kann. Hey, ich kann einen Halbmarathon laufen, der sich 18 Kilometer lang gut anfühlt. Und ich kann mich, wenns sein muss, 5 km lang quälen. Nach der Vorlage sollte der 10er unter 60 Minuten in 11 Tagen ja drin sein. Ohne allzu viel Quälerei.

Das Learning des Tages direkt schon mal auf dem Turnbeutel mitgebracht.
Liebe Denise, ich bin mir sicher, Kati wird dir bei deinem neu terminierten Debüt eine großartige Begleitung sein. Hab viel Spaß und Erfolg!