Sonntag, 26. Februar 2017

Superfood-Frühstücksideen [Sponsored Post]


Vielleicht erinnert ihr euch an Obstsalat zum Frühstück - oder: "Davon wirst du satt?" Nachdem das Anfang letzten Jahres eigentlich ganz gut funktioniert hat, bin ich seit einer Weile wieder davon abgekommen, nur Obst und Nüsse zu frühstücken. Auf Dauer vor allem im Winter doch nicht abwechslungsreich genug, der Kopf meint, der Bauch hätte mehr Hunger und so bin ich meistens wieder bei verschiedenen Sorten Müsli mit Sojajoghurt und Früchten gelandet. Nicht so geil, weil ungefähr jede Sorte Müsli, die ich gut finde, Zucker enthält. Ganz zu schweigen vom Sojajoghurt, der in der ungesüßten Natur-Variante einfach - naja, eben ziemlich beschissen schmeckt und die leckeren Versionen eben gezuckert sind. Weil ich sowieso an den Frühstücksgewohnheiten mal wieder etwas ändern will, freue ich mich über das Angebot von Fitmart, mich durchs Sortiment der Hausmarke ESN zu futtern.


Ich suche mir aus der Superfood-Ecke Kokosmehl, Weizengraspulver und Maulbeeren aus, außerdem noch Instant Haferflocken. Dazu später, erst mal der lustige grüne Kram:

Kokosmehl
Vom Kokosmehl verspreche ich mir großartige Low Carb Pancakes. Wenn ich morgens etwas mehr Zeit habe, backe ich unheimlich gerne Pfannkuchen - vegan und mit so wenig Mehl wie möglich.


Kokosmehl enthält extrem wenig Kohlenhydrate, dafür recht viel Eiweiß und sehr viele Ballaststoffe. Die Zusammensetzung ist erst mal ziemlich spannend für mich - wie könnte es leichter sein, den Anteil von Kohlenhydraten zu reduzieren, wenn es einfach ein anderes Mehl gibt, das normales Mehl ersetzt? "Wir empfehlen die Verwendung als Mehlersatz für Backwaren und zum Kochen. Ebenfalls gut geeignet als Zusatz für Cerealien, Smoothies und Shakes." Aha.

Nährwertepro 100 g Pulver
Brennwerte1658 kJ / 396 kcal
Fett11,7 g
davon gesättigte Fettsäuren11,6 g
davon ungesättigte Fettsäuren0,1 g
Kohlenhydrate8,9 g
davon Zucker8,9 g
Ballaststoffe45,4 g
Protein18,4 g
Natrium60 mg

So weit so gut. Wer allerdings nicht weiter recherchiert (so wie ich!), weiß möglicherweise nicht, dass Kokosmehl glutenfrei ist. Wenn man versucht, vegane Pfannkuchen mit glutenfreiem Mehl zu backen, sieht das ungefähr so aus:


Sieht nicht nur kacke aus, schmeckt auch so. Ich wills wenigstens probieren, aber die bröselige Masse wird im Mund immer mehr. Ein Hoch auf den hohen Ballaststoffanteil. Ich weiß, wieso ich kein Foodblogger bin, aber schließlich finde ich dann doch noch raus, dass ich Ei-Ersatz brauche. Und zwar einen, der ein bisschen mehr klebt als ein paar mickrige Chia-Samen. Banane ist super. Das Ergebnis sieht langsam etwas mehr nach Pfannkuchen aus. Ganz ohne Mehl geht es dann aber doch nicht. Nur Kokosmehl allein funktioniert nicht - viel zu gehaltvoll, viel zu bröselig.

Mit dieser Mischung bin ich zufrieden:

Kokos-Pancakes 
2 EL Kokosmehl
2 EL Weizen- oder Dinkelmehl
1 TL Backpulver
1 TL Agavendicksaft
1 Banane
1/2 Apfel
etwas Sojamilch

Die Banane ist zerdrückt im Teig gelandet, der Apfel in dünne Scheiben geschnitten oben auf den Pfannkuchen. Proteinpulver lässt sich natürlich auch noch im Teig unterbringen, wenn man möchte. Nach dem Backen habe ich ein paar Walnüsse, Zimt und einen Klecks Mandelmus dazu gegeben, dann sieht das Ganze so aus:


Die Pfannkuchen schmecken nicht aufdringlich nach Kokos, sondern nur leicht - für mich eine angenehme Abwechslung. Im Moment verwende ich das Kokosmehl auch zum Backen und ersetze zum Beispiel bei Bananenbrot 1-2 EL Mehl dadurch.

Weizengraspulver 
Ich stehe auf grüne Smoothies. Gerne zum Frühstück, gerne auch mal als Ersatz für Müsli & Co. Allerdings habe ich das Problem, dass Spinat (oder Grünkohl ... ich nehme an, Menschen mixen auch Grünkohl in ihre Smoothies) - jedenfalls wird das Grünzeug offenbar nur tonnenweise in Familienpackungen verkauft. Die Hälfte wird bei mir also schlecht.


Ich bin gespannt, ob mir grüne Smoothies mit Weizengraspulver schmecken. Klar, frisches Grünzeug ist immer gut, aber geht halt nicht immer. Das Pulver wird wenigstens nicht schlecht, hat einen hohen Proteingehalt und liefert außerdem deutlich mehr Eisen als beispielsweise Spinat.

Nährwertepro 100 g Pulver
Brennwerte1078 kJ / 257 kcal
Fett1,3 g
davon gesättigte Fettsäuren0,24 g
Kohlenhydrate12,7 g
davon Zucker12,6 g
Ballaststoffe28,7 g
Protein28,7 g
Natrium52 mg
Vitamin B15,35 mg
Vitamin B23,51 mg
Vitamin C2,9 mg
Eisen23,4 mg

Na dann mal ab mit dem pulverisierten Gras in den Smoothie! Örgs! Das Zeug riecht wie Heu. Mein Pferd würde es mögen. Ich nicht. Aber wie mit sämtlichem Grünzeug in Smoothies gilt: Zusammen mit Obst geht das klar.

Was aussieht wie Kartoffeln mit Staub sind Äpfel mit Weizengraspulver
Weizengras Smoothie
2 Äpfel
Saft einer Orange
2 TL Weizengraspulver
etwas frischer Ingwer
etwas Wasser

Das hellgrüne Pulver wird bei Kontakt mit Wasser sofort dunkelgrün und färbt den gesamten Smoothie. Ich habe zwischendurch mal probiert - nur Weizengras und Apfel geht gar nicht und schmeckt wie einmal in die Wiese gebissen. Frischer Orangensaft fängt das allerdings super auf. Ich kann mir auch gut anderes süßes Obst wie Banane oder Mango dazu vorstellen. Weil ich noch mit dem Rest einer Erkältung zu kämpfen habe, gebe ich etwas Ingwer dazu - das gibt dem Ganzen eine schöne leichte Schärfe und Frische, finde ich. Weizengraspulver im Smoothie geht absolut klar!


Maulbeeren
Ich stehe total auf Beeren. Himbeeren, Brombeeren, Blaubeeren, Erdbeeren (jaja, ich weiß, die heißen nur so und sind gar keine, die miesen fiesen Dinger). Liegt also auf der Hand, dass ich auch die getrockneten Maulbeeren probieren muss. Schön sind sie ja nicht gerade:


Wie auch die anderen getesteten Produkte aus der Superfood-Reihe haben auch die Maulbeeren Bio-Qualität. Die Nährwert-Tabelle ist nicht so wahnsinnig spannend - natürlich enthalten getrocknete Früchte unheimlich viel Fruchtzucker, aber ich habe ja auch nicht vor, sie in rauen Mengen zu verschlingen. Was außerdem noch drin ist: Vitamin C, Kalium, Calcium, Magnesium, Eisen, Zink und Mangan. Ich mische die kleinen schrumpeligen Freunde ins Frühstück, also unter frisches Obst und Joghurt, ins Müsli oder ins Porridge. Auch pur als Snack zwischendurch finde ich die Maulbeeren super - zum Beispiel wenn mir kurz vor einer Trainingseinheit noch einfällt, dass ich eigentlich mal was essen könnte.

Instant Oat Flakes
Das größte Mysterium bei der Fitmart-Lieferung sind für mich die Instant Oat Flakes. Was soll ich mit Haferflocken, die mal welche waren, dann pulverisiert worden sind und nun wieder in Haferflocken-Form gepresst sind? Schräg. Als erstes überrascht mich allerdings die Größe des Pakets - 2,5 Kilo sind verdammt viel!


Wahrscheinlich gehöre ich gerade nicht unbedingt zur Instant-Haferflocken-Zielgruppe. Die Dinger zeichnen sich nämlich dadurch aus, dass sie in kalten und warmen Flüssigkeiten sofort löslich sind und daher als zusätzliche Kohlenhydratquelle beispielsweise in Proteinshakes eingesetzt werden können. Wenn man Masse zulegen möchte. Das würde ich nach Möglichkeit lieber vermeiden.


Komplexe Kohlenhydrate mit niedrigem glykämischem Index (ja, darüber kann man streiten, ich weiß) schaden ja prinzipiell trotzdem nicht - ich will sie ja schließlich nicht vollständig vom Speiseplan verbannen. Wie immer kommts auf die Menge an. Die Instant Oat Flakes bestehen aus Vollkorn-Haferflocken und haben gegenüber normalen Haferflocken eben den Vorteil, dass sie sich ratzfatz auflösen. Wenn man das denn will. Außerdem enthalten sie etwas weniger Fett und etwas mehr Kohlenhydrate als Instant Haferflocken aus dem Supermarkt.

Nährwertepro 100 g Pulver
Brennwerte1486 kJ / 355,4 kcal
Fett6,6 g
davon gesättigte Fettsäuren1,4 g
davon ungesättigte Fettsäuren2,6 g
davon mehrfach ungesättigte Fettsäuren2,6 g
Kohlenhydrate60 g
davon Zucker1 g
Protein14 g
Salz2 mg

Weil ich keinen Shake daraus machen will, frühstücke ich die Instant-Flocken einfach. Vermischt mit Wasser ergibt sich sofort eine Pampe, die das Obst ein bisschen sättigender macht, wenn das zur Abwechslung mal so sein soll. Die Version mit Erdbeeren, Maulbeeren, ein paar Cashews und Kakaonibs reicht auf jeden Fall absolut für ein Frühstück. Wer es nicht ganz so flüssig mag, kriegt mit weniger Wasser auch ein super schnelles Porridge hin. Zum Backen eignen sich die Instant Oat Flakes auch perfekt, weil sie sich im Teig einfach sofort lösen - ziemlich praktisch und somit auch ein heißer Kandidat fürs nächste Bananenbrot.



Fazit
Wenn ich mir die Social-Media-Kanäle von Fitmart und ESN so anschaue, fühle ich mich von sich auf dem Küchentisch räkelnden Damen mal so gar nicht angesprochen. Fragwürdige Bildsprache, aber: Gut zu wissen, dass hier aber auch normalsterbliche Sportler fündig werden.

Die grüne Reihe mit den Superfoods ist auf jeden Fall eine angenehme Ergänzung zu den üblichen Bodybuilder-Produkten im Shop. Die einzige Kleinigkeit, die mich stört: Alle grünen Packungen sehen von vorne gleich aus. Um zu wissen, was drin ist, muss ich also erst mal hinten das Kleingedruckte studieren. Anscheinend hat sich das inzwischen geändert - zumindest im Shop sind unterschiedliche Aufschriften auf den Verpackungen zu sehen. Die sind übrigens alle wiederverschließbar, was sich bei der Größe auch absolut anbietet. Bei sehr feinkörnigem Pulver wie dem Weizengras ist es allerdings gar nicht so einfach, den Verschluss wieder zusammen zu friemeln - ständig setzt sich Staub dazwischen, so dass man das Ganze nicht so richtig zudrücken kann. Mit etwas Geduld gehts dann aber doch.

Mein Favorit aus dem Testpaket ist definitiv das Kokosmehl. Seit ich rausgefunden habe, dass man das eben nicht alleine verwenden kann, sondern nur Anteile anderen Mehls damit ersetzen sollte, bin ich ein ziemlicher Fan. Die Instant Oat Flakes sind, wenn man sie in Wasser, Saft oder Milch lösen möchte, wirklich gut - ob ich jetzt für Porridge oder zum Backen wirklich Flocken brauche, die sich so schnell auflösen, ist ein anderes Thema. Die Maulbeeren sind eine nette Ergänzung zum frischen Obst im Frühstück und auch in Lernphasen ein prima Snack. Das Weizengraspulver ist von den Nährwerten her absolut interessant und funktioniert in grünen Smoothies für mich gut - das werde ich definitiv auch weiterhin benutzen.


Dieser Artikel ist Kooperation mit Fitmart entstanden. Er spiegelt unabhängig davon meine eigene Meinung wider.

Mittwoch, 15. Februar 2017

Bicycle Film Festival Düsseldorf 2017

Stell dir vor, es ist Bicycle Film Festival in Düsseldorf und keiner geht hin. Richtig, geht nicht. Trotzdem wollte ich keinen Festivalpass, weil es mir zeitlich gerade einfach in der Klausurphase absolut gar nicht in den Kram passt, vier Tage mit Fahrradfilmen anstatt Lehrbüchern zu verbringen. Prinzipiell finde ich die Idee super, meinetwegen könnten wir uns auch eine Woche lang treffen und übers Radfahren reden, Filme und Konzerte schauen, gut essen und natürlich radeln - aber bitte nicht ausgerechnet jetzt.


Tag 1 - Donnerstag - A Sunday in Hell
Gar nicht hingehen kommt aber auch nicht in Frage, also nehme ich mir vor, beim Warm Up wenigstens mal kurz vorbei zu schauen. Ich will wirklich nicht lange bleiben, nur mal hallo sagen, auschecken, wer so da ist und mich dann wieder zuhause vergraben. Natürlich will ich das nicht, aber die Vernunft hat den Abend so geplant. Das Warm Up bei Carhartt startet mit Freibier, Sandwiches, Fahrrädern zum Angucken, ein paar verwirrten jugendlichen Carhartt-Kunden, die sich wahrscheinlich fragen, was abgeht und einem Haufen netter Fahrradmenschen, die mich sofort in Gespräche verwickeln. Das Schöne in Düsseldorf ist ja, dass hier gefühlt jeder jeden kennt, mindestens vom Sehen, aus legendären Facebook-Gruppen oder über drei Ecken. So gibts immer was zu erzählen, und sei es nur, dass man gleich nicht den Film gucken will, wirklich nicht, sondern eigentlich, jaja, bla bla bla. Glaubt eh keiner. Weil es außerordentlich nette Menschen gibt und noch nettere Menschen zudem meinen, dass ich es aus irgendeinem Grund verdient hätte, bekomme ich einen Festivalpass geschenkt. Einfach so. Ich kann nicht nein sagen, möchte nicht nein sagen, sondern einfach nur danke. Scheiß auf den Plan und ab in den Film.


Im Cinema, mitten in der Düsseldorfer Altstadt, eröffnet Jørgen Leths "A Sunday In Hell" das Festival. Was für ein epischer Titel. Der Höllensonntag ist eine Doku, handelt vom legendären Rennen Paris-Roubaix und stammt aus 1976. Der Film ist auf Dänisch, ständig geben Protagonisten Interviews auf Französisch, die Untertitel sind auf Englisch und irgendwie könnte ich gut noch das ein oder andere Uerige gebrauchen. Immerhin ist meine Sitznachbarin als dänische Muttersprachlerin mehr als zufrieden mit dem Originalton.

 

Ich bin fasziniert vom Radsport in den 70ern - mehr als zehn Jahre, bevor ich überhaupt geboren wurde - und den Rädern, gegen die meine Gabi beinahe modern wirkt. Was für eine andere Welt! Fast keiner fährt mit Helm, die wenigsten haben ein bisschen Schaumstoff auf dem Kopf und all die coolen Kids haben schicke Mützen auf. In der Hölle des Nordens führen von 270 Kilometern Rennstrecke ungefähr 50 Kilometer immer mal wieder über Kopfsteinplaster. Allerdings kein normales Kaiserswerther Kindergeburtstags-Kopfsteinpflaster, sondern die Variante - nun ja, aus der Hölle eben. Gigantisch große Steine und Schlaglöcher so tief, dass das Ausweichen über den Grünstreifen bei einigen Passagen die beste Wahl zu sein scheint. Und über allem: Staub, Staub, Staub.

Ob ein Rennen 1976 oder 2016 stattfindet, ist irgendwie scheißegal, die Spannung ist die gleiche. Nur die Technik eben nicht so ganz. Natürlich fordern die katastrophalen Straßen ihren Tribut. Wer nur mit einem platten Reifen davon kommt, ist hier echt gut dabei. Die Bilder gleichen einem absurden Kriegsschauplatz: Fahrer liegen mit verrenkten Gliedmaßen und schmerzverzerrten Gesichtern am Boden. Weitere Bilder, die man so schnell nicht vergisst: Nach dem Rennen darf die Kamera mit unter die Gruppendusche, unter der die Fahrer sich die Kruste aus Salz und Matsch vom Körper waschen und nebenbei Interviews geben, als sei es das normalste der Welt. A Sunday In Hell kann man sich durchaus mal zu Gemüte führen und sich dran erinnern, wie gut es uns geht mit unseren komfortablen Rädern und dem klein bisschen Dreck auf den Wirtschaftswegen. Ein schöner Start ins Bicycle Film Festival!

Tag 2 - Freitag
Ich schwänze, weil ich eingeladen bin. Aber mein Festivalticket verbringt den Abend nicht alleine zuhause, sondern wird von Alex ins Metropol Kino getragen und sieht sich eine Reihe Fahrrad-Kurzfilme an. Wie ich mehrfach gehört habe, gibt es am Freitag die besten Filme zu sehen.

Tag 3 - Samstag - Freudentränen
Wie schon der Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel bei der Eröffnung am Donnerstag angekündigt hatte, findet das Samstags-Programm in einer der coolsten Locations statt, die die Stadt derzeit so zu bieten hat. Die PostPost ist eine gigantische Halle und wurde früher - wer hätte das gedacht - von der Post genutzt. Als ich in der endlosen ehemaligen Versandhalle stehe, würde ich am liebsten direkt mal rausfinden, wie lange ich mit dem Rad vom einen bis zum anderen Ende brauche. Liebes Rad Race Team, könnt ihr hier drin nicht mal ein Battle veranstalten?


Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Das Schöne an der Düsseldorfer Radszene ist, dass du dich mit keinem verabreden musst, sondern einfach irgendwo auftauchst und die anderen sind auch da. Heute gibt es 90 Minuten Kurzfilme auf die Augen, danach für mich einen unheimlich guten Falafelteller und im Anschluss ein Konzert der Grandbrothers auf die Ohren. Ich bin schon nach vier Filmen überfordert, mich an den ersten zu erinnern, versuche alles aufzusaugen und muss mir zwischendurch allen Ernstes Notizen machen. Ich schwanke zwischen "ooh, was für schöne Bilder", "wieso sind Kurzfilme eigentlich so kurz?", "bitte mehr davon!" und "keine Ahnung, was mir das jetzt sagen will" - kurz: für jeden was dabei. Ich bin jetzt ein Fan von Chrystal, dem Einhorn, habe gelernt, dass man mit Fatbikes sehr kamerawirksam Pisten runterbrettern kann, dass die Cyclocrosser den besten Musikgeschmack haben und ich lache Tränen beim Hack Bike Derby. Die Story: 17 Briten basteln für unter 300 Pfund ihre eigenen Räder und tragen an einem Wochenende im Wald auf den abenteuerlichen Gefährten diverse Rennen gegeneinander aus. Der Film strotzt nur so vor urkomischen Szenen mit hemdsärmeligen Engländern und erinnert daran, dass Radfahren einfach verdammt nochmal viel Spaß macht. Mitten ins Herz trifft mich dann noch die Offenbarung eines Rahmenbauers: Ursprünglich sei er nur zum Spaß hier hin gekommen, das einzige vage Ziel war es, alles halbwegs unbeschadet zu überstehen. Aber nun sei es das wichtigste, das Rad nicht zu zerstören - es sei nicht mehr irgendein Rad, was er für den Wettbewerb gebaut habe, sondern (rührselige Augen, liebevolle Stimme): "It's my bike." Ja Mann!

Bild: Alexander Ignasiak
Tag 4 - Sonntag - A little bit of hell round Düsseldorf
Hinter dem Bicycle Film Festival stecken übrigens die Schicke Mütze und das Open Source Festival. Erster Gedanke: Hä? Zweiter Gedanke: Geil, das passt wie die Faust aufs Auge! Passt es wirklich. Das Bicycle Film Festival ist das erste Event im Rahmenprogramm der Tour de France und verknüpft Musik und Film mit Fahrradkultur. Auch Brendt Barbur, der New Yorker Initiator der mittlerweile weltweit bekannten Festivalreihe, turnt an diesem Wochenende in Düsseldorf herum. Den wichtigsten Gedanken formuliert allerdings Kerstin von der Schicken Mütze am ersten Abend: Es bringt nichts, mit dem Auto zum Kino zu fahren und Fahrradfilme anzuschauen. Wir müssen die Fahrradkultur auch leben.

Bild: Alexander Ignasiak
Und genau deshalb gehts am Sonntag aufs Rad. Unter dem Titel "A little bit of hell round Düsseldorf" lehnt sich die Ausfahrt an den Donnerstags-Film an - und die Strecke ist nicht von schlechten Eltern. Zwar kein Kopfsteinpflaster aus der Hölle, aber dafür zwei Hügel, die mich nach zwei Wochen komplett sportfreier Erkältungspause höllisch mitnehmen, etwas Schotter und dann ist da noch diese schlammige Schlagloch-Buckelpiste von Abfahrt durch den Wald (ich brauche einen Crosser!). Ich schaffe es so gerade eben, mich nicht auf die Fresse zu legen, und das auch nur, weil ich im allerletzten Moment noch ausweichen kann, als der Mensch vor mir mit seinem Rad einfach urplötzlich mitten auf dem Weg stehen bleibt. Immer eine top Idee in der Gruppe! Auf jeden Fall geht alles gut, Bruno macht die Tortur fröhlich mit und ich ahne, dass mir diese Sache mit den matschigen Wegen und dem Wald doch irgendwie Spaß machen könnte - mit einem anderen Rad, vor allem mit anderen Reifen, irgendwann.

Bild: Alexander Ignasiak
Die riesige Gruppe erregt Aufsehen. Wir sind viele. Menschen bleiben stehen und gucken, ein kleiner Junge jubelt: "Tour de France!" Jau Düsseldorf, da kommt was auf dich zu! Vom Sommer sind wir allerdings noch eine Weile entfernt. Das Wetter wechselt heute zwischen grau in grau und zaghaften Sonnenstrahlen. Die Luft schmeckt dezent nach Frühling und erinnert daran, dass bald endlich die Zeit kommt, zu der man die Überschuhe und Thermohose im Schrank einmotten kann, in kurz/kurz fahren kann und die Sonne auf den nackten Armen spürt. Wenns nach mir ginge, müsste das nicht mehr allzu lange dauern.

Bild: Steffen Weigold, @tempofest
Bild: Steffen Weigold, @tempofest
Ich schiele auf den Tacho und stelle fest, dass wir noch keine 30 Kilometer gefahren sind und ich eigentlich ganz gut bedient bin, trotz Cappucchino-Quassel-Tempo und inzwischen allerfeinstem Postkartenwetter. Aber es ist zu schön, um aufzuhören. Die restlichen 70 Kilometer sind flach und bei einer so riesigen Gruppe wirds nie langweilig. Alle paar Minuten habe ich einen neuen Nebenmann, bei etwa 50 Fahrern gleicht das Ganze hier sowieso mehr einer Klassenfahrt als irgendwas anderem. Ich höre viel englische Fachsimpelei, stelle fest, dass auch Kölner dabei sind (und zwar mit dem Fahrrad angereist!), sogar Frankfurter haben fürs Bicycle Film Festival den Weg nach Düsseldorf gefunden. Falls ihr zur Tour wieder kommen wollt, sagt Bescheid! Auf 100 Kilometern ist außerdem viel Zeit für Gespräche: Bruno lernt Olga kennen, weil ihr Besitzer ihm Komplimente macht. Sie ist allerdings keine Russin, sondern Koblenzerin, wohnhaft in Frankfurt, heute zu Gast auf den ein bisschen höllischen Straßen rund um Düsseldorf - Bicycle Film Festival, you are so international!

Bild: Steffen Weigold, @tempofest
Bild: Steffen Weigold, @tempofest
Als ich das nächste Mal auf den Tacho schiele, bin ich überrascht, dass er schon bei 75 Kilometern steht. Wo sind die letzten 45 denn hin verflogen? Ich habe plötzlich Knieschmerzen, und zwar von der Sorte, die mich überlegen lässt, wie ich von hier aus am besten nach Hause komme. Und zwar sofort. Aber hier greift die Magie des 50-Mann-Pelotons: Du findest immer jemanden, der dir das Ohr abkaut und dich jedes Mimimi vergessen lässt. Die Ablenkung funktioniert blendend: Wir verlieren uns in Renngeschichten, Horrorgeschichten, Angebergeschichten (kann ich auch! ha!) nur um am Ende zu der Erkenntnis zu gelangen, dass wir uns all das doch nur antun, weil wir das Gefühl so lieben. Wenn wir am Abend vor dem Rennen nichts essen können, wenn wir die Nacht nicht schlafen können und wenn wir zum Frühstück nichts runter kriegen - das ganze Drumherum gibts im normalen Alltag genauso wenig wie das Renngefühl selbst. Also versetzen wir uns zurück in unsere Kindheit, an den Abend vor dem Geburtstag, vor Weihnachten, vor der Klassenarbeit, an dem wir vor Aufregung nicht einschlafen können. Radfahren, mit Jahreskilometern, Höhenmetern und Durchschnittsgeschwindigkeiten prahlen, Grenzen austesten und verschieben - am Ende machen wir all das doch nur für das innere Kind. Lassen wir es spielen!

Bild: Steffen Weigold, @tempofest
Bild: Steffen Weigold, @tempofest
Der Vollständigkeit halber noch drei Sätze zum Sonntagbend: 1a vegetarisches Grillgedönse in der Schicke Mütze und inoffizieller Abschluss mit "Brevet", einem Film über einen Haufen verrückter Teilnehmer an Paris-Brest-Paris. 600 Kilometer mit dem Rad aus der Stadt in die eine Richtung bis ans Meer, umdrehen, 600 Kilometer auf der gleichen Strecke sofort zurück. Am Stück. Auf dem Rad. Natürlich. Zwischen 50 und 80 Stunden. Ich scheitere schon daran, das korrekt in Tage umzurechnen. Möglicherweise auf der Bucket List 2019, man möge mich davon abhalten.

Bild: Alexander Ignasiak
Bild: Alexander Ignasiak
Danke
Danke unbekannter Ticket-Schenker, danke Konrad fürs Einfädeln und für 50 Radler 100 Kilometer lang anführen. Danke Alexander mit den Socken mit Wiedererkennungswert für die traumhaften Fotos! Danke Malte fürs Knie vergessen Lassen und die treffende Verbalisierung der ziemlich schönen Erkenntnis; danke Steffen für die kontemplative Gesellschaft, epische Filmschnipsel (BFF Düsseldorf 2018!) und deine einmaligen Fotos, wie immer auf sehenswerte Weise während der Fahrt geschossen, mit einer Weste flatternd wie Supermans Cape. Liebe Schicke Mütze, liebes Open Source Festival, bitte habt euch noch lange lieb und beschert uns viele schöne kleine Bicycle Film Festivals. Was ihr da gezaubert habt, war großartig. Es war mir ein Fest!

Durch die Hölle gegangen ist bei der Ausfahrt nur einer: mein Festivalpass in der Trikottasche.
Bild: Kerstin Kortekamp, Schicke Mütze

Donnerstag, 2. Februar 2017

Raceday No. 29 - Winterlaufserie Duisburg 10 km - 2017

Zwischen der Duisburger Winterlaufserie 2016 und 2017 liegen genau ein Jahr und 20 Rennen. Im letzten Jahr hatte ich hier einen wirklich schönen Lauf, an den ich tatsächlich noch häufig zurückdenke: Der erste 10er nach einer Verletzungspause, voller Dankbarkeit für einen wieder laufenden Körper und mit einer neuen Bestzeit. 1:01:41. Dass ich da mittlerweile deutlich drunter bin - ganz ohne irgendein besonders geplantes Training - erstaunt mich von Zeit zu Zeit selbst, ist aber inzwischen zu einer Art Selbstverständlichkeit geworden, von der ich mich manchmal ein bisschen selbst lösen muss. Selbstverständlich ist nämlich einfach mal gar nix. Weder Gesundheit, noch Verletzungsfreiheit, Geschwindigkeit, gute Beine, mentale Stärke oder einfach nur ein guter Tag, den man erwischt - oder eben nicht. Nichts davon kann man erwarten und schon gar nicht alles auf einmal und immer. Dort, wo es schon lange nicht mehr ums pure Ankommen geht, wo die Luft dünner wird, dämmert mir langsam: Es kommen immer mehr Faktoren zusammen, die ihren ganz eigenen Einfluss haben. An denen man arbeiten kann, die man aber niemals alle gleichermaßen unter Kontrolle haben kann.


Und so habe ich in der Woche vorher drei Tage lang grundlos schwere Beine, fühle mich Freitag fiebrig und Samstag gänzlich unfit, aber nicht krank. Daher ist mein einziger Plan für den Lauf, keinen Plan zu haben. Unausgesprochen peile ich dennoch irgendwas um die 53 Minuten an, denn es ist eine verdammte Lüge zu behaupten, es gäbe gar kein Ziel. Irgendwas ist immer im Kopf, mal mehr und mal weniger festgelegt.


Ich würde so gerne an den Lauf vom letzten Jahr anknüpfen, bei dem wirklich alles lief und die Freude über das Laufen-Können noch ewig später nachhallte. Gleichzeitig weiß ich, dass sich das nur schwer wiederholen lässt und will nicht zu viel erwarten. Ich weiß ja sowieso nicht, was heute geht, von daher nehme ich mir vor, heute zur Abwechslung wirklich mal vernünftig zu sein und das Ganze eher defensiv anzugehen.


Ich renne den ersten Kilometer in einer Pace unter 5 min/km. Nicht gerade defensiv. Ein bisschen langsamer wäre vermutlich schlau. Ich lasse Christian und Naomi ziehen und drossele das Tempo. Überhole kaum. Werde überholt. In der Startaufstellung konnte man sich nach Pace sortieren: Wir sind zwischen 5:00 und 5:30 gestartet und ich weiß wirklich nicht, wieso mich alle überholen, wenn ich ungefähr 5er Pace laufe. Fühlt sich blöd an. Aber der Blick auf die Uhr bei Kilometer 2 bestätigt mich: 10 Minuten. Ups. Langsam weiter. 


Julia und Lena laufen auch, entdecken mich und rufen von der Seite rüber. Ich überlege eine Sekunde, ob ich noch ein kleines bisschen Tempo rausnehmen und mit den beiden zusammen laufen will. Es gibt doch heute kein Ziel. Ich will trotzdem nicht. Gleichzeitig weiß ich aber auch nicht, ob es schlau ist, schneller als die beiden weiter zu machen - in meiner Welt sind wir eigentlich alle ungefähr gleich langsam (ich habe jetzt gelernt, es heißt nicht langsam, sondern sexy Pace. Danke Steffi!). Egal, ich laufe weiter und pendele mich bei 5:15 min/km ein. Das ist kein Spaziergang, aber auch kein Harakiri-Tempo.


Nach 4 Kilometern kommt uns der Führende entgegen. Um mich herum ist es abgesehen von Schritten und Atmen still. 5:15 ist offenbar keine Pace für Gespräche; auch der Jubel für die Verfolgergruppe und die erste Frau halten sich in Grenzen. Schade, letztes Mal war hier mehr Stimmung. Nach 5 Kilometern kommt die kleine Schleife durch den Wald - und ich habe vergessen, wie klein. Ich rechne mit einem kleinen Anstieg, der mich beim letzten Mal etwas überrascht hat, aber nachdem ich den Wendepunkt passiere und der Wald mich wieder raus auf den Asphalt spuckt, realisiere ich, dass ich mich bereits auf dem Rückweg befinde. Was ich da im Kopf habe, ist wohl die Strecke vom 15er. Also gut, dann geht es eben zurück! 

Mit der Aussicht auf nur noch 4 zu laufende Kilometer beschließe ich, das leicht eingebrochene Tempo wieder etwas anzuziehen. Einfach nur deshalb, weil es geht und weil ich hinterher nicht "hättest du mal" denken möchte. Kilometer 7 läuft wunderbar. Ich weiß gar nicht, wieso ich im Vorfeld keine Lust auf einen 10er hatte, läuft doch. Auf Kilometer 8, zu Beginn der Regattabahn, sieht die Welt urplötzlich anders aus: adieu schöner Asphalt, hallo matschiger Weg. Zum ersten Mal spüre ich, dass so ein 10er nicht nur konditionell, sondern auch muskulär anstrengend sein kann - auch, wenn man ihn gar nicht mal so sehr am Limit rennt. Die Beine finden Laufen gerade gar nicht mehr so prima. Zum Glück sieht der Kopf das anders und so laufen wir weiter. Die Beine. Und ich.


Ein Schnürsenkel macht sich selbstständig. 2 Kilometer vor dem Ziel. Anhalten und zubinden? Auf die Gefahr hin, aus dem Tritt zu kommen, beim Kopf nach unten Schwindel zu riskieren und dann nur umso schwerer wieder weiter zu laufen? Nee. Also lieber so tun, als ginge es um irgendwas und mit einem offenen Schuh weiterlaufen. Kilometer 9 macht keinen Spaß mehr, diesen Mini-Schlenker durch den Wald finde ich affig und der offene Schnürsenkel wäre jetzt wirklich eine willkommene Ausrede, um doch eben kurz anzuhalten. Wie dumm wäre das eigentlich, sich deswegen jetzt kurz vor dem Ziel auf die Fresse zu legen? Ey, wer einen Kilometer mit offenem Schuh gelaufen ist, schafft auch zwei ohne gebrochene Knochen.


Nach dem Schild mit der 9 ist die Luft raus. Ich gucke nicht mehr auf die Uhr und schleiche das letzte bisschen in einem Tempo gefühlt nur minimal schneller als gehen. Alles, nur nicht auf den letzten Metern kurz vor dem Stadion noch anfangen, zu gehen. Die Zeit ist mir egal, aber wenigstens laufend will ich ankommen. So viel Stolz muss sein. Als ich ins Leichtathletikstadion einbiege, schiele ich dann doch auf die Uhr: 52 Minuten. Was zur Hölle! Hätte ich gewusst, dass die Bestzeit (52:44) in Reichweite ist, hätte ich auf dem letzten Kilometer alles gemacht, aber nicht so dermaßen getrödelt! Scheiß auf schwere Beine und keine Luft, auf einmal kommt die Energie zurück - und zwar nicht zu knapp. Ich versuche einen 400 Meter langen Zielsprint. Wenn zu dem Zeitpunkt noch irgendein Funken Hirnschmalz seiner Arbeit nachgegangen wäre, wäre mir vielleicht klar gewesen, dass ich 400 Meter nicht in 44 Sekunden laufen kann. Dazu ist eine 1:50er Pace nötig, oder auch ein Schnitt von 32,7 km/h. Alles klar. Aber erstens ist bis zum Ziel keine komplette Stadionrunde mehr nötig und zweitens habe ich keine Zeit zu rechnen, ich muss rennen. 


Ich renne. Strava zeigt später abenteuerliche Zeiten an. Sehr abenteuerliche. Natürlich reicht es nicht - ich habe ja auch kein verdammtes Rennrad dabei. So laufe ich nach 53:19 Minuten über die Ziellinie - so weit erst mal nichts besonderes, bis mir die Zeit vom Silvesterlauf aus Neuss einfällt: 53:19. Zweimal hintereinander auf die Sekunde genau die gleiche Zeit laufen, muss man auch erst mal schaffen. Danke Duisburg, du bist immer für eine Überraschung gut! Wir sehen uns Anfang März wieder.


Danke für die Fotos an den großartigen Christian Siedler, der nicht nur fotografieren, sondern auch gleichzeitig laufen kann. Und zwar zufällig neue Bestzeit. Glückwunsch!