Samstag, 10. Juni 2017

Raceday No. 36 - ELE Triathlon Gladbeck 2017

Saisonstart! Hallo, Triathlon! Vor lauter Lauferei in den letzten Wochen ist ja fast ein kleines bisschen untergegangen, dass ich neben dem Marathon dieses Jahr noch ein anderes großes Ziel habe: die Mitteldistanz in Hannover. Die Laufform sollte ganz in Ordnung sein, auf dem Rad bin ich auch zufrieden, nur dieses Schwimmen... Warum nochmal mache ich keinen Duathlon? Achja, weil man da zwei Mal laufen müsste.

Auf jeden Fall sieht der Plan vor, dass die gesamte Hannover-Gang zwei Wochen vorher in Gladbeck die Saison mit einer Olympischen Distanz einläutet. Wäre ja irgendwie schön blöd, als erstes Event im Jahr direkt auf der Mitteldistanz zu starten. Lieber nochmal in Ruhe in die Triathlon-Abläufe reinfinden und sich daran erinnern, wie sich das nochmal anfühlt, wenn man direkt nach dem Schwimmen zum Rad rennt und am Ende auch noch laufen muss.


Mein letzter Auftritt in Gladbeck liegt zwei Jahre zurück. 2015 habe ich hier zum zweiten Mal an einer Triathlon-Startlinie gestanden. Volksdistanz. In Erinnerung geblieben ist mir vor allem der Schwimmausstieg der Marke gestrandeter Wal. Die Radstrecke habe ich mit dem Stahlross Gabi bestritten und bei der letzten Disziplin bin ich gefühlt mehr gewandert als gelaufen. Was ich damals noch nicht wusste: Zufällig war Naomi auch am Start - wir kannten uns zu dem Zeitpunkt noch nicht, haben uns aber nach der Veranstaltung über die Ortsangabe auf Instagram gefunden. Ein Jahr später hat Christian hier in Gladbeck sein Triathlon-Debüt gefeiert. Heute gehen wir zu viert an den Start: Die Mission Hannover besteht aus Naomi, Christian, Ferdi und mir und hat heute Generalprobe.

Am Vorabend geistert mir kurz durch den Kopf, wie beknackt es eigentlich ist, mit einer Olympischen Distanz zu starten und nicht erst mal einen schönen fluffigen Sprint hinzulegen. Nun ja, die Möglichkeiten im Mai sind überschaubar und im Hinblick auf Hannover ist das wirklich keine dumme Idee. Aber 1000 Meter schwimmen? Im Becken? Das sind 20 Bahnen, voll viel! Als beim Einrichten der Wechselzone ein Gewitter heranrollt, keimt die Hoffnung auf, eventuell nicht schwimmen zu müssen. Der Himmel ist bedrohlich graugrüngelb, es donnert und blitzt und gießt wie aus Eimern. Na fein. Lassen sie das Schwimmen dann wohl einfach ausfallen? Oder gibt es stattdessen wie beim Duathlon zu Beginn einen Lauf? Wenn ja, wie weit könnte der wohl sein und wie sollte das organisatorisch klappen?

Während ich mir in etwa 327 sinnvolle Möglichkeiten ausmale, sagt der Veranstalter durch, dass geschwommen wird. Das Gewitter ist ungefähr einen Meter weitergezogen, aber für meinen Geschmack noch viel zu nah. Haben die hier alle keine Baderegeln gelesen? Es hilft alles nichts, wohl oder übel muss ich ins Wasser. Und zwar so spät, dass das Einschwimmen bereits beendet ist - großartig, Maren! Glücklicherweise ist noch genug Zeit für die übliche Diskussion mit den anderen Athleten auf der Bahn: "Wie schnell schwimmst du?" - "Langsam. Und du?" - "Ich auch." - "Ok, wie langsam denn?" - "So 25 Minuten?" Oh wow. Wir stellen fest, dass wir tatsächlich keinen schnellen Schwimmer auf der Bahn haben. Trotzdem versuchen wir, die Armee aus Blei-Enten halbwegs sinnvoll zu sortieren. Christian ist irgendwo vorne und ich sehe ihn nicht mehr, bis er mich überrundet. Hinter mir sind nur noch Naomi und ein älterer Herr.


Ich hefte mich an Olivers Fersen - irgendwie auch witzig, da ist man mit 12 Leuten auf einer Bahn und kennt davon drei. Ach du schöne Triathlon-Familie! Das Tempo ist mir minimal zu langsam, aber ich entscheide, dass Ausruhen im Wasserschatten wichtiger als eine möglicherweise minimal weniger unterirdische Schwimmzeit ist. Naomi scheint hinter mir den gleichen Gedanken zu haben und krault mir von Zeit zu Zeit die Füße. Ich habe Schiss, dass ich es nicht auf die Reihe kriege, fehlerfrei bis 20 zu zählen - anscheinend läuft das Schwimmen ganz gut, wenn das die einzige Sorge ist.


Das gemütliche Planschen endet, als bei meinem Wasserschattenspender Krämpfe einsetzen und er Anstalten macht, auszusteigen. Ab jetzt muss ich selbst was tun und kann das Tempo nicht halten, so dass sich Naomi hinter mir zu langweilen beginnt. Warum sie den Überholvorgang ausgerechnet von der rechten Seite und brustschwimmend startet, während gleichzeitig von links Gegenverkehr kommt, ist mir ein Rätsel und beschert mir zwei Tritte in die Rippen. Vorteil beim Brustsschwimmen - immerhin kriegt sie meine Flüche mit. Das war unnötig, tut weh, aber bleibt zum Glück ohne Folgen. Es donnert wieder. Warum holen die uns denn nicht aus dem Wasser raus? Eine Quietscheente zeigt mir endlich die letzte Bahn an.


Christian und Ferdi haben wahrscheinlich schon eine halbe Radrunde hinter sich, Naomi treffe ich in der Wechselzone wieder. Ich überhole sie beim Radaufstieg und freue mich auf meine liebste Disziplin. Endlich. Nach dem Schwimmen fängt der Spaß an! Und der Platzregen. Der Asphalt ist nass und hat keine Chance, abzutrocknen, weil von oben immer mehr Wasser nachkommt. Die erste Abfahrt nehme ich in Zeitlupe und versuche, Unebenheiten und Schlaglöchern auszuweichen. Radfahren war auch schon mal schöner.


Ich hatte die Strecke irgendwie flacher in Erinnerung. Es gibt einen kurzen okayen Anstieg und einen gemeinen, der sich ewig lange hin zieht und kaum sichtbar ist. Frech. Nicht sehr beruhigend, dass ich schon in Runde 1 von 7 hier hoch krieche und mich frage, wo zur Hölle hier eigentlich die Steigung sein soll, die die Beine spüren, die Augen aber nicht sehen. Die Schlaglöcher werden auch nicht weniger, dafür lässt allerdings endlich der Regen nach. Ein Fahrer ruft mir beim Überholen zu, das sei ja jetzt schon schön, wo die Sonne rauskäme. Ja. Schön. Total schön. Fünf Minuten später schüttet es wieder aus Kübeln.


Ich beobachte einen Sturz. Auf gerader Strecke, ohne Kurve, ohne Einwirkung eines anderen Fahrers. Vielleicht ein Hubbel in der Straße, ein bisschen mysteriös. Ich bremse und frage, ob ich helfen kann, ob alles okay ist - sieht ganz danach aus, er steht schon wieder und untersucht sein Rad. Was ein Scheiß, ich möchte hier einfach nur gut durchkommen. Die Radstrecke hat einige enge Kurven zu bieten, bei einer davon fährt man gleichzeitig schräg von einem dieser Verkehrsberuhigungs-Moppeds wieder nach unten auf die Straße - quer und auf nassem Untergrund. Ich nehme die Kurven mit gefühlt minus 10 km/h und drücke nur auf den wenigen geraden Abschnitten.

Da macht es dann immerhin Spaß. Besonders die Gerade vor dem Freibad bietet sich an, um ein bisschen Tempo zu machen. Tapfer harrt der kleine Fanclub bestehend aus meinen und Naomis Eltern, Kati und Svenja im Regen aus und jubelt jede Runde aufs Neue. Der Regen ist mir mittlerweile egal, ich bin so oder so nass, wahrscheinlich seit dem Schwimmen kein bisschen getrocknet. Die vollgesprenkelte Sonnenbrille habe ich längst ausgezogen, inzwischen sehe ich wieder etwas und vertreibe mir die 7 Runden mit der Erinnerung an Braver Than The Elements. Wie schön, wir im März schon einmal 90 Kilometer durch genau so einen starken Regen gefahren sind, dass ich weiß, dass ich das kann, dass ich dabei irgendwie auch noch Kälte ausgehalten habe. Heute sind es immerhin keine 5°, sondern deutlich mehr. Trotzdem sind die nassen Füße langsam taub. Wenn die wüssten, dass sie gleich noch ein Stündchen laufen müssen...


Wieder werde ich überholt und im Vorbeifahren gefragt, ob wir 5 oder 6 Runden fahren müssen. Es sind 7. Dumm gelaufen. "Schicker Trisuit!" Quatscht mich jetzt der nächste Typ von hinten an? Ah, den kenne ich. Christian. Wir tauschen uns kurz aus, wie es läuft ("Nass"), dann schicke ich ihn weg, weil ich keine Lust habe, dass er so nah neben mir bummelt - man weiß ja nie, wo das Kampfrichtermotorrad gerade so ist. Als nächstes überholt mich Ferdi und klagt über die Witterung. Wir unterhalten uns kurz über den Sturz, aber ich kann mir nicht helfen: Irgendwie finde ich diese Regenschlacht mittlerweile ganz geil. Klar würde ich gerne schneller fahren, in den Kurven überwiegt definitiv die Vorsicht, aber immerhin sind die Bedingungen ja für alle gleich.

38,5 Kilometer sind zu fahren, allerdings behauptet mein Garmin kurz vor der Wechselzone etwas von knapp 37 - mir fehlt doch nicht noch eine Runde, oder? Nein. Ich bin mir ganz sicher, dass es auf keinen Fall mehr als 40 Kilometer sind, eine Runde ist etwa 5,5 Kilometer lang und warum ich keine 38,5 auf der Uhr habe, weiß ich auch nicht. Ab zum Wechsel. Bye bye, Radstrecke!

Irgendwie schaffe ich es, so dämlich über irgendeine rutschige Kante zu stolpern, dass erstens die Kette abspringt (egal, Radeln ist ja jetzt vorbei) und zweitens irgendwas im Knöchel zieht. Na schön. Ich vergesse den Vorfall gleich wieder, wechsele die Schuhe, tausche Helm gegen Visor, trinke noch einen Schluck Iso, packe für alle Fälle mal ein Gel ein und laufe los. Eigentlich vertraue ich darauf, dass mich das Koffein Gel von der letzten Radrunde schon gut durch den Lauf bringen wird, aber man weiß ja nie.


Was glücklicherweise komplett fehlt, ist das typische eirige Gefühl beim Loslaufen. Meine Koppeltrainings kann man zwar an einer Hand abzählen, aber immerhin rächt sich das gerade nicht. Ich schiele auf die Uhr und stelle fest, dass das sehr grob gesteckte Ziel "unter 3 Stunden" mehr als locker drin ist. Weil das hier sowieso nur der Testlauf für Hannover ist, habe ich kein spezielles Ziel im Sinn, schon gar nicht für den Lauf. Gut durchkommen und mal schauen, was geht.

Es gibt zwei winzige Hügel im Wald, die die Laufstrecke nicht gerade angenehmer machen. Immerhin steht ein Teil unserer Zuschauerbande am Fuß des einen mikroskopisch kleinen Anstiegs. Mittlerweile müssten die genauso nass sein wie ich. 4 Laufrunden sind an der Grenze dessen, was ich mir als Rundenanzahl beim Laufen antun kann - ich hasse Runden, wirklich. 7 Radrunden sind schon doof, aber 4 Laufrunden? Och nee. Die Sonne kommt raus, es wird warm. Auch das noch. Ich überlege, ob ich mir einen Wasserbecher über den Kopf schütten will, aber beschränke mich dann darauf, die Kruste aus Salz und Matsch ein bisschen abzuwaschen und den Rest zu trinken.


Ich gehe auf Runde 3. Halbzeit! Bisher lief es okay, ich bin es langsam angegangen, habe es irgendwie geschafft Gehpausen zu vermeiden und mich halbwegs bei Laune zu halten. Jetzt redet der Knöchel ein Wörtchen mit. Vielleicht vom Umknicken eben, vielleicht drückt die Socke auch einfach nur richtig dämlich - auf jeden Fall zwickt da etwas, so dass aus langsam noch langsamer wird. Als ich durchs Stadion laufe, kündigt die Sprecherin mich gerade als Social Media Sternchen an und ich möchte im Boden versinken. Stattdessen bewege ich mich weiter im Schneckentempo fort und starte in die letzte Runde. Letzte Runde!! Svenja ruft: "Jetzt kommt die Spaßrunde!" - "Ich hatte schon drei Spaßrunden!" Witze machen geht immerhin noch - dann kann es so schlimm nicht sein.


Der erste Hügel kotzt mich an, beim zweiten genehmige ich mir die einzige Gehpause. Die Luft ist raus, es geht um nichts. Ich rechne damit, dass mich Naomi jeden Moment überholen wird, wir sind uns ein paar Mal entgegen gekommen und ich vermute, dass der Abstand kürzer wird. Letzte Kurve, abbiegen ins Stadion - endlich mal ein Zieleinlauf, den ich genießen kann. Ich bin nicht komplett im Eimer, muss mich aber auch nicht verstecken - klar hätte der Lauf besser sein können, aber tatsächlich bin ich zufrieden, was an sich schon eine Seltenheit ist. Ferdi und Christian empfangen mich direkt hinter der Ziellinie - die beiden haben ihren Testlauf für Hannover ziemlich gerockt. Ich kriege ein Mikro unter die Nase gehalten und darf kurz erzählen, wie es denn so war ("Nass!"). Wir warten geschlossen auf Naomi, die schon angeflitzt kommt und einen beeindruckenden Zielsprint hinlegt - wo nimmt sie die Energie nur immer her? Es gibt Cola und Orangen und ich stelle fest: Es ist verdammt schön, so eine Gang dabei zu haben!




So, noch ein paar Zahlen:
Gesamt: 2:41:20 Stunden.
Schwimmen: 26:24 Minuten, Platz 27/30.
Laufen: 57:25 Minuten, Platz 28/30.
Rad inklusive Wechsel: 1:17:29 Stunden, Platz 9/30. Rechnet man die Wechsel raus, habe ich laut Garmin den Schnitt bei 31 km/h gehalten, womit ich für die Bedingungen ziemlich zufrieden bin.
Insgesamt kommt mit unterirdischen Schwimm- und Laufzeiten und einer ganz soliden Leistung auf dem Rad Platz 20/30 raus. Außerdem der 4. Platz in der Altersklasse, was aber nicht mal undankbar, sondern ganz schön ist, weil die Drittplatzierte einen so gigantischen Vorsprung hat, dass ich mich nicht ärgern muss. Fein! Insofern: alles wie erwartet, Generalprobe geglückt, Hannover, du kannst kommen!