Montag, 21. Dezember 2015

Stutenbeiken - Braver Than The Elements

Es ist der Wurm drin. Nachdem ich vor ein paar Wochen noch getönt habe, dass ich ja gar keine Erkältung mehr kriege, seit ich ständig draußen bin, hats mich dann natürlich erwischt. Musste ja. Anfangs gings auch gar nicht so richtig los, sondern immer mal wieder ein bisschen. Und kaum dachte ich, jetzt ists vorbei, fings wieder von vorne an - wochenlang. Laufen fiel also ziemlich flach. Trotzdem wollte ich mir auf keinen Fall den Nikolauslauf entgehen lassen und habe mich gerade wieder halbwegs gesund gleich mal 10 Kilometer durch die Ratinger Wälder geschleppt - und die sind hügeliger, als ich sie in Erinnerung hatte. Das war auf jeden Fall keine allzu gute Idee, das Pensum von Null auf 100 zu steigern - mein Knie hats mir mit einem Totalausfall gedankt und am Tag danach erst mal den Dienst quittiert. Prima. Also wieder ein paar Tage Nichtstun. Die nächste dumme Idee: am Wochenende drauf Radfahren. Und zwar kein kleines entspanntes Ründchen, sondern gleich Stutenbeiken meets Rapha Braver Than The Elements. Schon mal vorab: Das war nicht klug.


Rapha hat mal wieder dazu aufgerufen, zu radeln. Ergibt ja auch irgendwie Sinn für einen Hersteller von Radsportartikeln. Mit der Aufforderung, braver than the elements zu sein, hatten sie mich dann auch gleich. Im Moment komm ich wegen einer Mischung aus krank, Wetter und keine Lust ungefähr gar nicht aufs Rad und sage ständig, ich müsste ja zumindest mal zum Spinning ins Fitnessstudio gehen. Lust hab ich dazu aber noch weniger und Zeit bin ich gerade auch nicht bereit, mir zu nehmen. Aber braver than the elements, ha, das wäre doch gelacht. Sollen die mal kommen, die Elemente. Immer her mit dem Wetter!


Sieben Frauen folgen dem Ruf und finden sich an der Schicken Mütze ein, um die Wetterfestigkeit auf dem Rennrad unter Beweis zu stellen. Eine davon in kurzen Hosen. Hut ab, Naomi. Ich führe derweil bei knackigen 7° mal meine Sturmhaube unter dem Helm und der schicken Mütze aus. Schön ist anders, aber über kalte Ohren kann ich jedenfalls nicht klagen. Bruno bleibt im warmen und sauberen Stall, dafür darf Gabi den Elementen trotzen.


Die Strecke führt raus aus Düsseldorf und über Meerbusch nach Willich, die Autos haben bald Viersener Kennzeichen und ich erwarte hinter jeder Kurve die Niederländische Grenze. Würde man mich hier aussetzen, ich wäre komplett verloren. Der Orientierungssinn kommt mir auch abhanden, ich würde keinen einzigen Weg hier jemals wieder finden. Ist das da hinten eine Autobahn? Könnte die A 52 sein, aber auch jede andere. Die Wege sind gut zu fahren und das Wetter macht es uns auch gar nicht so schwer wie befürchtet.


Ich freue mich, mal wieder auf dem Rad zu sitzen, auch wenn es "nur" Gabi ist und ich da ganz schön arbeiten muss. Bruno fährt ja fast von alleine. Ungefähr bis Kilometer 50 gehts mir prima und dem Knie auch. Es ist ein bisschen frisch, aber hey - ich hab ne lange Hose und außerdem könnte es auch regnen oder schneien oder schlimmer. Also kein Grund, sich zu beschweren. Aber so langsam wäre es doch schön, mal wieder in Richtung Heimat zu radeln.


Ich will nicht mehr. Das Knie auch nicht. Zwei Stunden hat es keinen Mucks von sich gegeben, aber jetzt ist es langsam aber sicher genug. Noch nicht so schlimm, dass ich auf der Stelle absteigen und mich nach Hause beamen will, aber schon nervig. Und kein Ende in Sicht. Sollte die Runde nicht insgesamt 60 Kilometer lang sein? Das war wohl nichts. Nicht nur dem Knie, sondern auch dem Rest von mir geht immer mehr die Energie aus. Ich rede mir gut zu (dazu lese ich gerade ein Buch und werde bald berichten). Drücken. Ziehen. Du bist stark. Du kannst gut Rad fahren. Spätestens bei "das macht Spaß hier" glaube ich mir selbst nicht mehr. Drücken. Ziehen. Leiden.


Was vorhin mit etwas unbeweglichen kleinen Zehen anfing, hat sich mittlerweile auf alle Zehen ausgeweitet und ist eine schöne Taubheit. Ich fühle nichts mehr. Nur noch Kälte. Die Füße sind nicht mehr da. In die Pedale treten müssen sie trotzdem noch. Diese Leere hätte ich auch gerne im Kopf, dann könnte ich vielleicht einfach weiter machen. So macht sich das "kann nicht mehr, will nicht mehr" langsam immer breiter. Und dieses Knie. Das verdammte Knie. Zuhause sein wäre schön. In der warmen Badewanne. Langsam auftauen. Dann ist auch der Punkt überwunden, an dem man sich noch tolle Sachen vorstellt und sich dort hin wünscht. Die Zeit vorspulen möchte. Ich möchte am liebsten liegen, und zwar an Ort und Stelle, einfach anhalten, den anderen hinterher rufen, sie sollen mich hier sterben lassen, absteigen, mich auf dem Boden zusammenrollen und liegen bleiben.

Irgendwie kriege ich den Kopf nochmal für fünf Kilometer ausgeschaltet und rolle mittlerweile mit ein wenig Abstand dem Stuten-Peloton hinterher. Ich weiß wieder, wo wir sind und will den kürzesten Weg nach Hause nehmen. Deshalb verabschiede ich mich nach 65 km dann an einer Brücke und verpasse so leider das gemeinsame Foto, aber ich bin echt zu schlapp, um jetzt nochmal den Hügel runter zu rollen, das Foto-Lachen aufzusetzen und vor allem dann wieder hoch zu kurbeln. Nee. Ich muss jetzt echt mal runter vom Rad und die gefrorenen Füße wieder zum Leben erwecken. Die beste Idee des Tages hab ich dann spontan während der ersten Meter, die ich wie auf Eiern gehend zurücklege und Gabi dabei schiebe: Bahn fahren.

Das ist der Grund, weshalb Gabi braver than the elements sein durfte, nicht Bruno.
So quetsche ich mich mit einem schön eingesauten Rennrad in die sowieso schon volle U-Bahn, mache so gut es geht ein- und aussteigenden Menschen Platz, lasse mich dennoch anpöbeln und anrempeln und steige schließlich am Hauptbahnhof auch nochmal um. Eigentlich sinds von hier aus mit dem Rad nur noch 5 Minuten nach Hause, aber ich will ja auch was haben für mein Geld (selbst Gabi hat ein eigenes Ticket bekommen). Und außerdem kommt radeln heute irgendwie nicht mehr in die Tüte. Ich verkürze mir die Wartezeit auf die Straßenbahn mit dem allerbesten Streuseltaler, den ich jemals gegessen habe. Spontaner Heißhunger auf Süßkram, komisch, kommt mir vom Halbmarathon doch sehr bekannt vor. Was hätte ich da für eine Cola gegeben!


Bleibt festzuhalten: Die Schicke Mütze lockt immer eine nette Truppe an und bringt einen dabei auf Wege, die man vorher noch nicht kannte. Braver than the elements - Gabi ja, ich nicht. Unnötig zu erwähnen, dass drei Stunden rennradeln bei 7° weder für eine halbwegs auskurierte Erkältung noch für ein angeschlagenes Knie sonderlich förderlich sind. Seitdem ist also Sportpause angesagt. Aber mal komplett, also so richtig vernünftig.

Die ganze Runde ist hier auf Strava zu finden.

Mittwoch, 2. Dezember 2015

8 Fragen an... Nadin von Eiswuerfelimschuh

Nadin von Eiswuerfelimschuh tanzt ein kleines bisschen aus meiner Interview-Reihe. Gefühlt ist sie schon immer gelaufen und hat die beschwerlichen Anfänge längst vergessen - ein Glück, wenn man als Kind beginnt und die Leichtigkeit behält. Trotzdem - oder vielleicht auch deshalb? - finde ich sie unheimlich inspirierend und folge ihr schon lange auf Instagram und Twitter. Beim Triathlon in Hamburg habe ich sie in diesem Jahr zum ersten Mal im echten Leben getroffen - wenn auch nur ganz kurz zum Quatschen - und schließlich am nächsten Tag während des Rennens angefeuert. Zuletzt war sie auf Hawaii und hat die Daheimgebliebenen unter anderem mit solchen Bildern und Geschichten neidisch gemacht. Aber jetzt zu den Lauf-Fragen, dankeschön fürs Mitmachen! Los gehts:


Kannst du dich an deinen ersten Lauf erinnern? 
Ehrlich gesagt kann ich mich daran nicht erinnern. Ich war bereits als Kind sehr aktiv und in Vereinen immer auch mit laufen beschäftigt. Es gab aber einen Moment, den ich für mich als den Moment beschreiben würde, als ich wusste, dass ich eigentlich eine Läuferin bin und auch nur laufen möchte. Ich muss etwa 16 Jahre alt gewesen sein. Ich war in einem Handballverein und trainierte mehrmals die Woche. Ich bildete mir ein, dass das Training allein nicht ausreichte und die kurze Zeit der Erwärmung mich nicht weiterbrachte. Also entschied ich mich kurzerhand etwa 5 km zur Halle zu laufen und nach dem Training auch wieder zurück. Eine Freundin, die mit mir im Verein war, begleitete mich mit dem Rad und nahm meine Sachen mit. Als ich ein Jahr später umzog, verließ ich die Mannschaft. Ich wohnte dann auf dem Land und hatte keine andere Möglichkeit Sport zu treiben. Also lief ich – und es war großartig. Wir hatten einen Hund, der mich begleitete und die Runden wurden immer länger und immer länger. Damals noch ohne technisches Zubehör und immer nur mit einer groben Schätzung, was die Strecke anging.

Warum läufst du? Haben sich deine Motive mit der Zeit verändert?
Nein, im Prinzip lief ich schon immer einfach nur ums Laufen Willen. Ich trainierte immer schon recht viel, um vor allem mein Asthma in Schach zu halten. Natürlich gab es auch Zeiten, als ich mir meinen Hintern, Bauch, meine Oberschenkel und was nicht alles ablaufen wollte. Aber eigentlich geht es mir um Ausgleich, Gesundheit und Wohlbefinden. Dass ich mittlerweile auch so intensiv Wettkämpfe bestreite, ist ein sehr schöner Nebeneffekt, eine besondere Herausforderung und auch Motivation.


Welches Ziel möchtest du als nächstes erreichen?
Im Prinzip richten sich meine sportlichen Ziele immer ein wenig nach dem Saisonverlauf. Manchmal muss ich sie aufgrund meines Asthmas revidieren oder möchte einen Wettkampf einfach nur genießen, weil er an so einem besonderen Ort stattfindet. Da ist das Ziel dann einfach wirklich nur das Ziel. Aber natürlich möchte ich hin und wieder auch Bestzeiten aufstellen. Das gilt für jeden Bereich – sowohl bei Laufwettkämpfen als auch bei Triathlons.

Was ist momentan dein wöchentliches Pensum?
Momentan trainiere ich etwas weniger, weil ich mich in meinem Regenerationsmonat befinde. Da kommen vielleicht um die sechs Stunden in der Woche zusammen. Ich lasse mich etwas treiben und nehme meinen Trainingsplan nicht ganz so ernst. Wenn es dann aber wieder losgeht mit meiner Saisonvorbereitung für das nächste Jahr, werde ich recht zügig das normale Pensum auf 8-10 Stunden in der Woche erhöhen. Wenn es dann richtig ernst wird, können 9-12 Stunden zusammenkommen. In sehr intensiven Trainingswochen oder im Trainingslager auch schon einmal deutlich mehr.
Anmerkung: Nadin hat die Fragen im Oktober beantwortet. Mittlerweile ist sie wieder stärker im Training und hat auch ihr Run-Swim-Run wieder gestartet, was ich immer gerne auf diversen Kanälen verfolge und bewundere ;-)


Muss Training Spaß machen oder weh tun?
Training muss Spaß machen, kann aber auch mit Zähne zusammenbeißen kollidieren. Für mich ist das ganz einfach. Was mir keinen Spaß macht, mache ich nicht. Es ist mein Hobby und soll mir Freude und Ausgeglichenheit schenken. Ich möchte dadurch noch ein Stückchen glücklicher werden. Aber ich bin auch bereit, dafür zu kämpfen und hart an meinen Zielen zu arbeiten. Natürlich bin ich auch mal enttäuscht, wenn etwas nicht gut läuft, ich mir Träume nicht erfüllen kann. Mittlerweile habe ich aber zumindest eine gewisse Ruhe erlernt, die alles relativiert und ich habe Wege gefunden, trotz harter Zeiten den Spaß nicht zu vernachlässigen.

Was ist das Schöne an deiner Lieblings-Laufstrecke?
Das ich alles haben kann: Natur, Stadt, Ruhe, Menschen. Ich kann hinaus aufs Land laufen und stundenlang niemanden sehen und hören. Ich kann aber die Strecke auch so wählen, dass ich andere Läufer treffe. Ich kann durch die Stadt laufen oder ein Stück weiter zum Wasser. Ich kann mich draußen im Wind auf Feldern austoben oder durch stille Wälder laufen. Ich kann auch zu Sportplätzen laufen und dort trainieren. Die Strecken können so lang sein, wie ich laufen kann. Sie lassen eigentlich nichts vermissen und bieten alles, was ich mir wünschen könnte.



Wie fühlst du dich, wenn du eine Ziellinie überquert hast?
Ich bin jedes einzelne Mal froh, in Ziel gekommen zu sein. Dann kommt es immer darauf an, was mein Ziel war. Wollte ich einfach nur denn Wettkampf genießen? Ging es um eine Zeit? Ging es um eine Platzierung? Konnte ich all das erreichen, was ich wollte? In diesem Jahr hatte ich alles. Jedes Gefühl war irgendwie vertreten – Glück, Zufriedenheit, Enttäuschung. All das gehört aber auch dazu. Selbst in Wettkämpfen, die enttäuschend enden, gab es garantiert immer auch Momente, die Spaß machten, die vor Euphorie strotzten, die mich glücklich machten.

Wie bringst du den Schweinehund zum Schweigen?
Machen. Einfach machen. Mein Trainingsplan ist mein bester Partner in diesen Momenten. Wenn gar nichts helfen will, bitte ich meine Familie um Hilfe. Die schafft mich dann schon vor die Tür.

Was würdest du Anfängern raten?
Nicht zu übertreiben und keine Angst vorm Hinfallen zu haben. Realistische Ziele sind sicher ebenso wichtig wie ein Maß an Willen.

Montag, 30. November 2015

Double Up - Rückblick 2015


Was, jetzt schon ein Rückblick? Es ist noch nicht mal ganz Dezember, aber das Sport-Jahr ist für mich gelaufen (Achtung, Wortwitz). Am 6. Dezember starte ich zwar noch beim Nikolauslauf für den guten Zweck ohne Zeitmessung und dafür mit Kuchen und Glühwein, aber das zählt nicht so richtig - ist ja wirklich nur zum Spaß. Und während das Jahr also so vor sich hin dümpelt und ich mich noch ein klitzekleines bisschen ärgere, wie das mit dem Halbmarathon gelaufen ist, will ich mal kurz auf Ende 2014 zurückblicken. Damals habe ich behauptet:

"Spontan ein uraltes Rennrad zu kaufen, war die beste Entscheidung dieses Jahres. Das Radeln macht mir so viel Spaß, dass ich schon vorsichtig drüber nachdenke, ob Gabi im nächsten Jahr mit genug Sparen eventuell einen modernen und leichteren Nachfolger bekommen könnte."


Hat geklappt. Nicht nur bei Gabi, sondern auch Bruno war es Liebe auf den ersten Blick. Ich bin froh, dass ich sie habe, alle beide!

"Ich habe wieder Spaß am Schwimmen gefunden und bin dabei, mir (wieder) das Kraulen beizubringen. Wahrscheinlich werde ich im März einen Wettkampf im Rettungsschwimmen mitmachen - natürlich habe ich ordentlich Muffensausen, aber ich freue mich drauf."


Den Wettkampf bin ich nicht geschwommen, es wäre ein Mannschaftsstart gewesen und wir waren zu wenige. Das mit dem Kraulen hat aber geklappt - von einer Bahn im letzten Herbst bin ich mittlerweile bei gut 1000 m. Das Schöne am Schwimmen ist ja, dass man immer weiter dazu lernt. Immer. Ok, das nicht so Schöne daran ist, dass man dafür sehr, sehr viele langweilige Bahnen schwimmen muss. Aber mit der Steigerung von 25 auf 1000 m bin ich sehr zufrieden.

"Ich mache einen Lauftechnikkurs und hoffe, dass das Ganze dadurch leichter und "richtiger" wird. Ich habe mit Kolleginnen auf der Arbeit einen Lauftreff gegründet und begleite meinen Vater manchmal am Wochenende zu seinem Lauftreff. Ich bin am 20. Dezember 2014 zum ersten Mal 10 Kilometer gelaufen."


Ich bin unschlüssig, ob der Lauftechnikkurs mir viel gebracht hat oder nicht. Auf jeden Fall hat er dafür gesorgt, dass ich mich immerhin mit dem Thema auseinandersetze und mich von Zeit zu Zeit zu Lauf-ABC und Kräftigungsübungen zwinge. Der Lauftreff auf der Arbeit hat hervorragend funktioniert und mich bestens durch den Winter gebracht - laufend. Den anderen Lauftreff mit meinem Vater habe ich zu Beginn verflucht, dann aber doch während der Winterzeit relativ häufig besucht. Die ersten 10 Kilometer waren grauenvoll - meine beiden ersten Rennen über die Distanz liefen ganz im Gegenteil ziemlich gut.

Im Februar hatte ich die ersten Ziele für 2015 ausgerufen: 10-km-Lauf, Sprintdistanz im Freiwasser, Kurzdistanz. Und dann im Mai nochmal etwas umsortiert: Doch kein Freiwasser, aber dafür bitteschön ein Halbmarathon. Im November.

TG 81 Frühjahrslauf in Düsseldorf im März - 10 km in 1:04:21
Breitscheider Nacht im April - 10 km in 1:03:42
Nach den beiden 10-km-Läufen hatte ich zum ersten Mal langfristige Ziele, auf die ich hinarbeiten konnte - und das ist was ganz anderes, als in fünf Wochen mal eben spontan für die erste Volksdistanz zu trainieren. Auf einmal richtest du nicht nur kurzfristig dein Leben nach etwas Neuem aus, sondern über Monate hinweg. Denn: Beim ersten Mal kann man immer scheitern, aber wenn man etwas zum zweiten oder dritten Mal macht - und dann auch noch so viel Zeit zur Vorbereitung hat - dann soll es auch bitteschön klappen. Wer so denkt, macht sich selbst ganz schön viel Druck - daher rufe ich jetzt schon mal als Ziel für 2016 aus, an alle Sachen so ranzugehen, als würde ich sie zum ersten Mal machen. Mit Leichtigkeit. Als Rookie. Nur halt mit etwas mehr Erfahrung.

ELE-Triathlon Gladbeck im Juni
Volksdistanz (500m/22km/5km) in 1:36:23
Stadtwerke Ratingen Triathlon im September
Kurzdistanz (1000m/40km/10km) in 3:15:54

Ich bin 2015 meine ersten 10-km-Rennen gelaufen, bin bei der zweiten Volksdistanz und der ersten Kurzdistanz gestartet und bin einen Halbmarathon gelaufen. Alles innerhalb von 9 Monaten, einiges davon zum ersten Mal, einiges vielleicht auch zu früh. Und doch bin ich froh, dass es so gelaufen ist, denn jetzt kann ich das nächste Jahr gelassen angehen - wirklich! Denn eigentlich hab ich schon alles erreicht, was es gerade für mich zu erreichen gibt. Dieses Jahr hat das letzte in jeder Hinsicht einfach nur verdoppelt - von 10 km bin ich bei 21 gelandet und von der Volksdistanz bei der Kurzdistanz. Ich bin mir ganz sicher, dass ich die Distanzen 2016 nicht nochmal steigern werde, weder beim Laufen noch beim Triathlon. Wo kämen wir denn da hin? Ich müsste ja Marathon laufen und eine Mitteldistanz anpeilen - beides absoluter Irrsinn. Ich schwöre. Stattdessen will ich mich ein kleines Stück zurücklehnen: Ja, ich hab mir einiges bewiesen. Und wenns Spaß macht, dann kann ichs auch noch besser. Ich will aber auch etwas von meiner Motivation abgeben und beobachte schon jetzt ganz beseelt, dass das tatsächlich funktioniert.

Seelauf in Essen im Oktober - 14 km in 1:29:29
Martinslauf in Düsseldorf im November - Halbmarathon in 2:28:55 
Das heißt konkret also, Zeiten angreifen: Auf 10 km sollen 2016 endlich die 60 Minuten fallen. Werden sie auch. Mit der Halbmarathon-Strecke habe ich auch noch eine Rechnung offen. Gemeldet bin ich bereits für die Duisburger Winterlaufserie: 10 km im Januar, 15 im Februar und 21 im März. Ich brauche einen Ansporn, im Winter dranzubleiben und die Strecken sollen schön sein - trifft sich doch gut.

Triathlon-Ziele habe ich noch keine konkreten. In Ratingen möchte ich gerne starten, weil es eine schöne Veranstaltung in der Heimat ist - aber vielleicht suche ich mir für eine Kurzdistanz nächstes Jahr doch eine etwas weniger profilierte Strecke aus. Oder ich mache einfach nur nette Sprintdistanzen - ich weiß es noch nicht. Unheimlich gerne würde ich in Hamburg starten, aber das ist leider übertrieben teuer - will mich nicht jemand einladen? Ich berichte auch drüber! Spaß beiseite: Ich bleibe also im Training und plane meine Triathlon-Termine vielleicht etwas kurzfristiger als dieses Jahr.


Und dann ist da ja noch diese Sache mit dem Hindernislauf. Liebes Tough Mudder NRW, wieso wirbst du denn mit der Strecke mit den meisten Höhenmetern europaweit? Verrat mir doch sowas nicht! Berge sind scheiße. Ich habe mich bereits als Helfer gemeldet, damit ich nicht auf die Idee komme, da starten zu wollen. Gleiches Spiel übrigens beim Marathon in Düsseldorf - auch hier will ich Helfer sein und in lauter glückliche Läufer-Gesichter gucken. Aber vielleicht wird das ja doch noch was mit der Hindernislauf-Karriere, vielleicht bei einer anderen Veranstaltung. Ich liebäugele da sehr stark mit einer, die sozusagen auf heiligem Boden stattfindet ... Aber ich will noch nichts verraten.


Ok, zwei Dinge noch - ich mache das jetzt ein bisschen so wie mit guten Vorsätzen: Ich schreibs auf und wenn nichts daraus wird, ist es mir Ende nächsten Jahres wenigstens peinlich. Krafttraining. Stabi. Dehnen. All so Zeug. Muss mehr werden. Hab ich gar keinen Bock drauf, aber so fings mit dem Laufen ja auch an. Ich habe mir das vorgenommen und ich muss da jetzt durch. Der Lebertran des Läufers eben - womit wir gleich beim zweiten Thema wären: Ernährung. Keine Sorge, ausgedrückte Fische landen ganz sicher nicht auf meinem Speiseplan, aber ich habe doch Lust, der Sache mit der Esserei wieder einen größeren Stellenwert zu geben. Was gibts? Und wie viel davon? Beide Themen - Ernährung und Krafttraining - werden zukünftig auch etwas mehr Platz im Blog bekommen. Ich freu mich drauf und bin gespannt, was 2016 noch so bereit hält. Also, Jahresendspurt jetzt: Kekse essen, Geschenke verpacken, Kilometer für den Winterpokal sammeln und startklar machen fürs neue Jahr!

Mittwoch, 11. November 2015

Raceday No. 8 - Halbmarathon Martinslauf

Das Halbmarathon-Wochenende ist da. Der Samstag hält für mich nur selbstverordnetes Nichtstun bereit und ich erwische mich bei dem Gedanken, wie nett es doch wäre, jetzt eine Runde laufen zu gehen. Nicht so weit, einfach nur ein Stündchen durch den Herbstwald traben. Nix da. Ein paar Stunden später juckt es mir dann nochmal extrem in den Fingern, denn samstags ist Schwimm-Tag und Wasserballtraining. Heute ohne mich, denn die Erkältungssymptome, die meine Chlor-Überempfindlichkeit hervorruft, kann ich jetzt absolut nicht gebrauchen. Aber ich würd so gern!

Sonntag. Aufwachen. Umdrehen. Weiterschlafen. Schön wärs. Ich habe keine Lust. So gar keine. Nicht aufs Austehen und schon gar nicht aufs Laufen. Das sind ja prima Voraussetzungen. Start ist erst um 11.45 Uhr, also noch genug Zeit, im Bett rumzulümmeln, zwei Marmeladenbrote zu frühstücken und mich dann mal ganz gemächlich anzuziehen. Boah, muss das heute sein? Gestern wäre ich gerne gelaufen!


Am Start ist die Hölle los und bin extrem froh, dass ich die Nummern schon vorab in der Stadt abgeholt habe. Über 3000 Läufer sind für die verschiedenen Distanzen gemeldet - der Trubel ist riesig. Ich renne noch zweimal aufs Dixi, beklatsche die Bambinis (die sind aber auch süß! Und von Freudestrahlen bis Weinen ist alles dabei) und dann finde ich mich plötzlich auf dem Weg zur Startlinie wieder. Wie schnell das dann immer geht.

Neben mir stehen Naomi und mein Vater, die beide eine schnellere Zeit als ich anpeilen: 10 bzw. 5 Minuten wollen sie früher im Ziel sein. Die ersten Meter nach dem Start ist es einfach übertrieben voll, die Wege sind schmal und die Läufer zahlreich. Sobald Platz ist, wieselt Naomi uns wie geplant davon. Mein Vater bleibt noch eine Weile neben mir, was mich etwas irritiert - ich bin ganz sicher, dass mein Tempo nicht zu schnell ist. Schließlich legt er ein ganz kleines bisschen zu und ich gehe nicht mit. Sehen kann ich ihn trotzdem noch eine Weile nur wenige Meter vor mir und frage mich, ob er eigentlich weiß, dass ich immer noch so nah dran bin.


Mein Schienbein schmerzt und die Achillessehne zwickt - muss das jetzt sein? Damit war doch während der letzten Läufe wieder Ruhe. Das kann ja was geben. Nach 3 km hört zum Glück beides auf und so bleibe ich bei meinem geplanten Tempo: 6:35 min/km. Strava misst irgendwas anderes, aber was ich mir während des Rennens mit dem Kilometerschildern und meiner Uhr zusammenrechne, ist exakt so, wie es sein soll. Bis auf km 4. Der ist einfach nicht da. Zu der Zeit, als ich laut Uhr das Schild sehen müsste, ist da kein Schild. Dafür verkündet das Runtastic meines Nebenmannes, dass nun 4 km geschafft seien. Schön. Aber wo ist das Schild? Ich halte die Augen weiter offen. Da ist echt keins. Es muss aber schon vorbei sein. Schon längst. Jetzt aber wirklich. Dann kommt das Schild mit der 5. Sehr witzig. Nun gut, zählen wir halt ab hier weiter wie gehabt.

Ich trabe hinter der einen oder anderen Gruppe her, überhole, wenns mir zu langsam wird, und werde auch überholt. Ein Läufer spricht mich auf Laufen gegen Leiden an und erzählt, er sammele für irgendwas Kilometer, das Tempo sei ihm eigentlich schon zu scharf, er wolle ja nur ankommen und dann rennt er weg. Aha. Ich muss mich zusammenreißen, dass ich nicht stehenbleibe und Fotos mache, denn der Wald hier ist echt wunderschön. Bis auf die Läufer menschenleer und teilweise liegen so viele Blätter auf dem Boden, dass der Weg kaum zu sehen ist - netterweise haben die Veranstalter Unebenheiten aber in Neonfarben markiert. Es ist unheimlich warm, ich bin mit T-Shirt und kurzer Hose unterwegs, es fühlt sich an wie Frühling und riecht nach Herbst.


Die ersten 11 km sind toll. Ich liege gut in der Zeit, bin gut gelaunt und genieße den Lauf. Wirklich. Dann führt die Strecke am Start/Ziel vorbei, ich trinke schnell im Gehen einen Becher Wasser und laufe dann weiter. Mama sitzt hier am Streckenrand auf einer Bank und liest Zeitung, was soll man auch anderes machen, wenn die Familie mehr als 2 Stunden hier durch die Gegend läuft? Sie fragt mich im Vorbeilaufen, ob alles ok ist ("Jo.") und erzählt, dass Papa nicht weit vor mir ist. "Ist mir egal!" Ist es auch. Läuft ja jeder hier sein eigenes Ding, wie abgemacht. Nach dieser ersten Schleife von 11 km kommt nun die Runde um den See bis km 15, danach um den Wald. Die Strecke am See kenne ich gut, den Rest danach nicht.

Hier sind einige Spaziergänger unterwegs - die Laufstrecke ist nicht abgesperrt, aber die meisten machen sofort Platz. Das funktioniert soweit alles gut, aber ich merke, dass es langsam anstrengend wird. Und zwar nicht nur für den Körper, sondern auch den Kopf. Meine Rechnerei funktioniert nicht mehr. 6 Minuten und 35 Sekunden auf die Zeit addieren, die beim Kilometerschild auf der Uhr steht, ist plötzlich eine echte Herausforderung. Selbst mit Fingern als Hilfe. Und wenn ich dann endlich die Zeit ausgerechnet habe, die ich beim nächsten Schild sehen möchte, habe ich sie schon wieder vergessen. Ich kann aber auch nicht nochmal von vorne anfangen, weil ich längst nicht mehr weiß, was die Uhr eben angezeigt hat. Eine GPS-Uhr wäre vielleicht mal eine Überlegung wert, die könnte mir dann die Pace anzeigen. Bisher hatte ich aber mit der Rechnerei immer eine tolle Beschäftigung, die mich abgelenkt hat. Jetzt gebe ichs auf. Ich merke, dass ich langsamer machen muss und kann mir ja sowieso nichts mehr merken.

Mein ursprüngliches Ziel war, unter 2:20 zu bleiben. Bei km 15 weiß ich, dass das nichts mehr wird. Plötzlich geht es ums Ankommen: Ich habe Gänsehaut, friere trotz 15° und Sonnenschein ziemlich und kann offensichtlich nicht mehr klar denken, zumindest nicht mehr addieren und mir zwei Zahlen merken. Dass die Gänsehaut überhaupt nicht mehr verschwindet und sich die Beine dazu anfühlen wie Pudding, zwingt mich zum Gehen. Ich will hier nicht von den Sanis abgeholt werden, sondern selbst ins Ziel kommen. Bisher habe ich es geschafft, alle negativen Gedanken zu verdrängen, aber jetzt gehts los: Noch 6 km. 6! Das ist mehr als eine halbe Stunde, viel mehr, bei deinem Zustand wahrscheinlich mindestens eine Dreiviertelstunde. Mir ist kalt und ich will mich irgendwo hinlegen und zudecken. Es geht jetzt entlang der Landstraße neben dem Wald, was für eine hässliche Strecke und wie lange sich das zieht. Soll hier nicht noch irgendwo eine Getränkestation sein?


16 km. So weit bin ich noch nie gelaufen. Ich wusste, dass ich 15 km gut schaffen kann und dass es danach hart wird. Ich dachte, ich beiße die Zähne zusammen und komme da schon irgendwie durch, aufgeben ist nun mal keine Option. Vielleicht war es blöd, mir keinen besseren Plan dafür zurechtzulegen, was ich denn genau damit meine, mit Zähne zusammenbeißen und weiterlaufen. Ein paar positive Gedanken. Katrins Mantra: Es geht, so schnell es geht und es dauert, so lange es dauert. Denke ich genau ein Mal dran, viel zu wenig. Ich merke, dass ich nicht mehr will aber auch gleichzeitig nicht mehr kann, irgendwas stimmt mit dem Körper nicht. Ich hatte damit gerechnet, dass mir was wehtun würde, die Füße, die Sehne, das Schienbein, die Oberschenkel, die Hüften - irgendwas, was halt mal zwickt und was bei den langen Läufen im Training schon mal geschmerzt hat - nichts. Da sind keine Schmerzen. Dass der Kreislauf einfach nicht mehr mitmachen würde, das hatte ich nicht auf der Rechnung. Und so muss ich gehen, laufen, gehen, laufen. Hänge mich an zwei dran, die echt langsam sind, will dahinter bleiben und mich zwingen, langsam zu laufen. Bloß nicht zu schnell.

Endlich kommt die Getränkestation, meine Rettung. Ich erlaube mir wieder zu gehen und zu trinken. Die beiden anderen traben weiter. Sie will auch gehen, aber er hat ihr schon einen Becher besorgt, sie muss laufen. Ich gehe. Habe sogar genug Zeit, meinen Becher in einen Müllsack zu werfen, der an einem Baum hängt. Wäre auch irgendwie lächerlich, hier lang zu spazieren und den auf den Waldboden zu werfen, als ob man es eilig hätte - ich muss keine Zeit mehr erreichen, ich muss hier nur irgendwie gut ankommen. 17 km. Noch 4. Die Mischung aus gehen und laufen kotzt mich an, es soll jetzt bitte einfach alles vorbei sein, kann ich nicht einfach schon im Ziel sein? Mir ist immer noch kalt, hier im Wald ist auch einfach keine Sonne mehr, ich will das nicht schaffen, ich will es geschafft haben. Ich denke nicht mehr viel, auf die Uhr geguckt habe ich auch schon länger nicht mehr.


18 km. 18! Whoa, das ist ja schon ne ganze Ecke. Nur noch 3. 3 gehen immer irgendwie. Für 3 km würde ich nicht mal Schuhe anziehen und zuhause loslaufen. 3 km war meine erste Laufrunde um den Block. Noch etwas mehr als 20 Minuten. Wenn du weiter so viel gehst, dauerts länger. Auf jetzt. 19 km. Ich gehe an den Streckenposten vorbei, sie klatschen trotzdem, einer sagt: "Du hast es gleich geschafft." Ganz unaufgeregt, nicht anfeuernd, einfach eine Feststellung. Bei km 14 hat das schon mal jemand gesagt und den habe ich verflucht, aber der hier, bei km 19, der hat Recht. Gleich geschafft. Noch 2 km. Schon seit km 15 sehe ich ständig gehende Läufer, haben die sich auch alle überschätzt? Viele machen das gleiche Spielchen durch, ein Stück gehen, dann wieder laufen, wieder gehen. Wie stecken die das eigentlich weg? Dieses ständige Scheitern ist doch zermürbend.

Ich überhole gehend einen anderen gehenden Läufer. Also einen Geher. Auf Fahrrädern kommen uns einige entgegen, die schon ihre Medaillen um den Hals baumeln haben und jetzt nach Hause fahren. Schön. Ich möchte auch endlich da sein. Was ein Scheiß. 20 km. Jetzt ist es wirklich gleich geschafft. Ich laufe wieder. Und ich denke jetzt nicht mehr daran, damit aufzuhören. Vielleicht 500 m vor dem Ziel, vor der letzten Kurve, schieben Sanitäter eine Läuferin auf einer Liege über den Weg. Wie bitter. So kurz vor dem Ziel. Ich möchte nicht, dass mir so was passiert. Ich bin enttäuscht, dass es so lange gedauert hat, dass ich so viel gehen musste und dass mein Körper nicht so wollte, wie ich. Aber ich bin gleichzeitig froh, dass ich die letzten Kilometer auf diese blöde Art durchgehalten habe und jetzt ins Ziel laufen kann. Auf meinen eigenen Beinen.

Es ist nicht mehr viel los, ich bin ja auch spät dran. Ich sehe meine Eltern, finde mein Lächeln wieder und laufe weiter. Kurz dahinter steht Naomi mit ihrer Familie, alle strecken ihre Hände aus, ich klatsche sie ab und bin im Ziel. 21,0975 km. So genau kann niemand laufen, also irgendwas um den Dreh. Ich möchte mich am liebsten hinlegen, aber erst mal was trinken. Also zum Getränkestand. Eine Cola wäre jetzt schön, ne kalte Cola voller Zucker. Gibts nicht. Ich nehme ein Wasser, signalisiere Mama kurz, wo ich bin und lasse mich auf die nächste Bank fallen. Da ist nicht so viel Platz für Freude oder Erleichterung, denn ich bin echt hinüber. Und ich hab Durst. Und Hunger. Papa geht die Urkunden drucken lassen und Medaillen besorgen. Ich kann gerade nur sitzen und freue mich über den Weckmann, denn das hier ist der Martinslauf und alle Läufer bekommen einen. Leider schmeckt der echt beschissen und ist unglaublich trocken. Schließlich komme ich doch noch zu meiner Cola, die schmeckt auch nicht, aber ist trotzdem gerade genau das richtige.


Ich hatte vorher zwei Ziele ausgegeben: unter 2:20 und als Plan B unter 2:30. Jetzt habe ich eine Medaille mit einer Zeit, die da gar nicht draufstehen solle: 2:28:55. Und anstatt mich darüber zu freuen, dass ich meinen ersten Halbmarathon geschafft habe, schmiede ich schon Pläne, was beim nächsten Mal besser laufen muss. Vielleicht muss ich die Strecke mal mit dem Auto fahren und mir klarmachen, wie verdammt weit das eigentlich ist. Vielleicht muss mich auch mal jemand schütteln und sagen, dass ich vor einem Jahr noch nicht mal 10 km am Stück gelaufen bin. Vielleicht muss ich auch endlich mal das Gehen nicht als Versagen werten.

Ich mag jetzt mindestens eine Woche lang gar nichts tun. Natürlich hecke ich auch schon Pläne aus, werde demnächst wohl mit der Verpflegung beim Laufen experimentieren und mir außerdem Strategien überlegen, wie ich negative Gedanken während und auch nach dem Rennen fernhalte. Denn dass auch einfach mal alles super sein kann, hab ich ja beim Seelauf gemerkt - gut zu wissen, dass das also auch geht und ich nicht immer chronisch unzufrieden bin.

Aber jetzt gerade bin ich alleine mit dem Gefühl, dass das "nicht so toll" war, und da hilft kein gut gemeintes "aber schau mal, was du Tolles geschafft hast!". Meinem Kopf ist das klar, aber es fühlt sich nicht so an. Was mich stolz macht und rührt, sind die Leute, die vielleicht mehr an mich glauben, als ich selbst manchmal. Der liebe Kollege aus dem Fitnessstudio, dem ich drei Wochen vor dem Lauf erzählt habe, dass ich mich krank fühle. Seine Reaktion: "Auch wenn du jetzt nicht mehr voll trainieren könntest, du schaffst das trotzdem. Du bist ehrgeizig, vergiss das nicht." Christian, daran habe ich oft gedacht. Und dann, Samstagabend, kam auf einmal dieses Bild von der zauberhaften Denise, die extra ein Schild gemalt hat: "Ihr schafft das." Ja. Haben wir.

Dienstag, 10. November 2015

8 Fragen an... Susi von runskills

Es gibt wohl niemanden, der die Selfie-Stange so selbstverständlich verwendet wie Susi von runskills - sie kann aber nicht nur tolle Fotos machen, sondern ist auch noch eine Rakete auf sämtlichen Distanzen der Laufstrecke (was sie jetzt sicher sofort revidieren wird). Ich folge Susi und Dennis schon lange auf Instagram und habe letztes Jahr sogar ein kleines Weihnachts-Überraschungspaket von den beiden erhalten, weil sie sich kurzerhand überlegt hatten, Sportler mit besonderen Geschichten aus ihrer Timeline zu überraschen. Da denke ich immer noch dran, wenn ich die Kiste bei mir hier stehen sehe! Schade, dass es die beiden jetzt so weit weg nach München verschlagen hat, aber vielleicht begegnen wir uns ja trotzdem demnächst mal im richtigen Leben ;-)

Während ich meinen Lauf vom Sonntag noch etwas sacken lasse und am Artikel tippe, könnt ihr Susis Antworten auf meine Interviewfragen lesen. Los gehts:


Kannst du dich an deinen ersten Lauf erinnern?
Oh ja, mein erster Lauf nach über 10 Jahren Laufabstinenz war im Sommer 2012. Ich war ja als Kind und Jugendliche im Leichtathletik und hatte seitdem ein kleines "Lauftrauma". Es ging damals nur um Siege und Bestzeiten, der Spaß blieb dabei auf der Strecke. Deshalb hat es ein ganzes Jahrzehnt gedauert, bis ich mich wieder in Laufschuhe getraut habe. Mir war das Ganze so peinlich, dass ich mit dem Fahrrad zum Park gefahren bin und dort in den dunkelsten Ecken meine Runden gedreht habe. Nach knapp zwei Kilometern war Schluss - nix ging mehr. Ich bin natürlich viel zu schnell losgelaufen, mit Schuhen die über 6 Jahre alt waren und so einer dicken Jogging-Hose. Währenddessen und danach ging es mir, auf gut deutsch gesagt, beschissen. Mir tat alles weh, ich hatte tierischen Muskelkater und ich dachte, dass ich niemals im Leben fünf Kilometer schaffen würde. Ehrlich gesagt, ich war ein bisschen deprimiert. Aber ich bin am Ball geblieben und hab nicht aufgegeben, denn mein Ehrgeiz war stärker als mein Schweinehund.


Warum läufst du?
Als ich wieder mit dem Laufen angefange habe, wollte ich eigentlich nur einen Ausgleich zum Bürojob finden. Dieses 8-Stunden-Sitzen war total neu für mich, da ich ja vorher noch studiert hatte. Ich habe gemerkt, dass ich einen Ausgleich brauche und mich nach Möglichkeiten umgesehen. Ein Verein kam für mich nicht in Frage, da das für mich nur wieder Druck bedeutete. Also habe ich mir das Einfachste gesucht - Laufen. Natürlich hat sich meine Motivation in den letzten Jahren verändert. Zuerst wollte ich mich "nur" bewegen, dann wollte ich unbedingt eine halbe Stunde durchlaufen können und schon bald kam der Wunsch nach meinem ersten Halbmarathon. Ehrlich gesagt will ich immer mehr. Entweder müssen die Distanzen länger werden oder ich setze mir neue Zielzeiten. Manchmal ist es ganz nett, einfach "nur" zu laufen, aber meistens ist ein Plan schon ganz gut, um neue Ziele zu definieren. Mittlerweile bin ich einen Marathon gelaufen und grübele schon die ganze Zeit, was als nächstes kommt. Ich brauch einfach neue Herausforderungen und möchte wissen, wozu mein Körper noch in der Lage ist.


Welches Ziel möchtest du als nächstes erreichen und was ist momentan dein wöchentliches Pensum? 
Ich habe dieses Jahr alles erreicht, was ich erreichen wollte - meinen ersten Marathon zu absolvieren. Leider läuft es dieses Jahr, im wahrsten Sinne des Wortes, nicht so gut. Ich habe häufig mit Verletzungen zu kämpfen und deshalb ist mein aktuelles Ziel: Schmerzfrei Laufen! Denn das ist die Grundvorraussetzung für neue Ziele. Im Herbst werde ich nochmal einen Halbmarathon laufen (ist sie auch! Und zwar in Köln) und ein paar kleinere Läufe inklusive Staffel. Darauf freue ich mich schon sehr. Für nächstes Jahr ist ein Triathlon geplant, denn das ist totales Neuland für mich. Und ein längerfristiges Ziel wäre der Ironman. Im Moment trainiere ich 4 bis 6 mal die Woche.

Muss Training Spaß machen oder weh tun? 
Ein Training sollte in erster Linie Spaß machen, denn sonst ist man schnell gefrustet und schmeißt alles hin. Ich bin aber der Meinung, dass man häufiger seine Komfortzone verlassen sollte - dann kann's auch schonmal weh tun. Aber so lernt man auch seinen Körper besser kennen und kann seine Grenzen testen. Deshalb rate ich jedem, mal ein Intervalltraining einzubauen oder alternative Sportarten wie Schwimmen zu integrieren.


Was ist das Schöne an deiner Lieblings-Laufstrecke? 
Ich habe direkt hinter meinem Haus einen Park und einen großen See, dort fühlt es sich oft an wie im Urlaub - vor allem am Morgen. Keine Menschenseele, man sieht viele Tiere, hört Vogelgezwitscher und kann einfach die Ruhe genießen.

Wie fühlst du dich, wenn du eine Ziellinie überquert hast? 
Unbeschreiblich. Genau auf diesen Moment trainiert man Wochen oder Monate hin. Eigentlich kann ich diesen Moment nicht in Worte fassen, man muss DIESEN Moment selbst erleben. Nach meinem Zieleinlauf beim Marathon habe ich innerhalb weniger Sekunden alle Gefühlslagen durchlebt, die es gibt. Von Erleichterung, über Wut bis hin zu Stolz, war alles dabei. Da kommen einem auch schonmal die Tränen, denn man durchlebt in einem Rennen eine wahre Gefühlsachterbahn.


Wie bringst du den Schweinehund zum Schweigen? 
Ich glaube ich habe gar keinen mehr. Es gibt zwar Tage, an denen ich nicht soooo große Lust habe, aber mittlerweile ist Sport so stark in mein Leben integriert, dass ein Tag ohne Sport ein verlorener ist. Falls sich der Schweinehund aber doch mal meldet, dann denke ich immer an den Moment NACH dem Sport. Dieses Gefühl, dass man aktiv war und sich dann ein leckeres Stück Kuchen verdient hat, ist einfach unbezahlbar!

Was würdest du Anfängern raten? 
Anfängern rate ich immer, es langsam angehen zu lassen. Gerade Laufen ist ein Ausdauersport, die Disziplin erfordert. Die Erfolge stellen sich nicht von heute auf morgen ein, es dauert schon ein paar Wochen, bis man sich verbessert hat. Außerdem sind Ruhetage sehr wichtig. Leider wird das oft vergessen, aber der Körper wird nicht während des Trainings besser, sondern in den Ruhephasen. Vor allem Anfänger sollten 2-3 sogenannte Restdays einplanen. Am Ball bleiben! Nicht gleich aufgeben, nur weil es mal nicht so läuft. Rückschläge gehören dazu und schlechte Läufe auch, denn auch daraus lernt man wieder. Hol dir wichtige Ratschläge von Leuten, die bereits aktiv sind, denn sie können oft aus Erfahrung wertvolle Tipps geben. Und last but not least: Glaub immer an dich selbst und setz dir Ziele!

Dienstag, 3. November 2015

5 Tage bis zum Halbmarathon - wie läufts denn so?

 

Wer nur den Blog liest und in den letzten Wochen nicht auf Instagram oder der noch halbwegs neuen Facebook-Seite vorbeigeschaut hat, den habe ich ein bisschen vernachlässigt. Entschuldigung. Ich wollte eigentlich schon längst berichtet haben, wie es denn so läuft mit dem Laufen. Nach dem Triathlon im September war die Luft ja erst mal komplett raus. Ich hatte den Plan schon fast verflucht, unbedingt dieses Jahr noch meinen ersten Halbmarathon laufen zu wollen, als dann plötzlich Anfang Oktober der Seelauf in Essen anstand. 14,2 km direkt am Baldeneysee - und die liefen erstaunlich gut, nachdem das Training vorher einfach mal gar nix war.



 
Eine Woche nach dem Seelauf habe ich mich zum ersten Mal an 15 km rangetraut. War vielleicht nicht ganz so schlau, am Tag vorher seit Ewigkeiten mal wieder zu radeln - und dann gleich 60 km. Die Beine waren schwer, ziemlich schwer. 10 km waren auszuhalten und danach musste ich immer wieder kurze Gehpausen einlegen. Schwere Beine und zur Abwechslung mal ein komisches Gefühl in Hüfte und Knie. Prima.


Die kurzen Läufe unter der Woche klappten so weit gut, ich war trotz Dunkelheit, Regen und Kälte (ja, alles auf einmal!) im Park, ich hab Teile der Halbmarathon-Strecke am See angetestet, ich war im Wald und auf der Brückenrunde. Und ich hatte mir die 15 km ein zweites Mal vorgenommen, exakt zwei Wochen vor dem Martinslauf als letzten langen Lauf. Dieses Mal gabs ab km 12 Probleme, wieder kleine Pausen und insgesamt 1:47 Std. Bewegung. Das ist so viel wie noch nie. Es lief beide Male nicht optimal. Und dennoch muss es reichen.


Wenn mir Leute berichten, dass sie schon im Training für ihren ersten Halbmarathon die Distanz mehrfach erreicht haben, muss ich manchmal kurz die Gedankensuppe sortieren und mich daran erinnern, dass das nie mein Plan war. Natürlich habe ich wieder keinen strengen Trainingsplan, aber ich habe mir einige angeschaut und beschlossen, dass meine längsten Läufe vorher nicht mehr als 15-16 km lang sein werden. Immer wenn ich ins Zweifeln komme, ob ich diese Geschichte mit den 21 km schaffen kann, dann rufe ich mir die Triathlon-Kurzdistanz ins Gedächtnis. Da war ich 3 fucking Stunden und 16 Minuten unterwegs. Ja klar, in der Zeit habe ich auch ein bisschen geplanscht und eine kleine Radtour gemacht, am Ende noch eine Wanderung angehängt, immer wieder unterbrochen von kleinen Laufabschnitten. Natürlich ist das was anderes als nur laufen, aber ich habe immerhin schon eine viel längere Belastung ausgehalten als die 2:20-2:30 Std., die ich für den kommenden Sonntag anpeile. Ich bin auch einen 5-Stunden-Spinning-Marathon gefahren. Ja, mit Pipipausen. Aber 5 Stunden! Da kann ich ja wohl mal schnell 2 1/2 laufen.



Mein letzter Lauf war am Sonntagvormittag, 8 km durch den herbstlichen Wald. Ich wollte bewusst langsam und eine kurze Strecke laufen. Und dann liefs auf einmal. Vor lauter blauem Himmel, bunten Blättern und Sonnenschein konnte ich mich gar nicht sattsehen. Also hier mal angehalten, Foto gemacht, dort mal angehalten... Und dann habe ich tatsächlich überlegt, ob ich die Runde nicht noch durch den Wald verlängern könnte, einfach weil es so schön war. Die Vernunft hat gesiegt. Seit diesem Lauf habe ich richtig Bock auf den Halbmarathon. Ich weiß, es wird aller Wahrscheinlichkeit nach kein Zuckerschlecken und alles, was ab km 15 passiert, ist eine einzige Wundertüte. Aber ich freu mich drauf und bin gespannt, was drin ist und wie ich damit umgehen werde. Nur diese herannahende Erkältung, die könnte sich jetzt mal verziehen.

Mittwoch, 21. Oktober 2015

8 Fragen an... Ann-Kathrin von Triathlove

Heute steht Ann-Kathrin mir Rede und Antwort. Ich kenne sie von Twitter und sie bloggt auf Triathlove unter dem wunderbaren Motto "Drei Sportarten, zwei Wechsel, eine Liebe". Auf Facebook hat sie mich in den letzten Wochen mit Fotos aus Hawaii neidisch gemacht. Den Profis zugucken und von Rennen berichten ist ja die eine Sache - wie läufts denn bei dir selbst, Ann-Kathrin?


Kannst du dich an deinen ersten Lauf erinnern?
Ehrlich gesagt: An den allerersten nicht. Aber natürlich gibt es Läufe, die einem im Gedächtnis bleiben. So zum Beispiel mit meiner damaligen Uni-Freundin Anne, die von der Leichathletik kam und mit mir „locker laufen“ wollte. Pustekuchen, könnt euch ja vorstellen, wie es mir dabei erging.

Warum läufst du? Haben sich deine Motive mit der Zeit verändert?
Ich laufe vor allem, weil es im Triathlon eben dazu gehört. Früher habe ich Laufen gehasst, mittlerweile sind wir sogar einigermaßen Freunde geworden. In den vergangenen Monaten trainiere ich wesentlich strukturierter und mit einem Trainer an meiner Seite, da purzeln die Bestzeiten gerade dahin.

Welches Ziel möchtest du als nächstes erreichen?
Im nächsten Juni steht meine erste Mitteldistanz an, dafür braucht man eine gute Grundlage, sonst tut es am Ende nur weh und ich will ja auch Spaß dabei haben.


Muss Training Spaß machen oder weh tun?
Sowohl als auch. Klar ist, dass der Spaß nicht auf der Strecke bleiben sollte. Aber nur kichernd mit einer Freundin ein paar Runden zu drehen, ist für mich nicht ernsthaft Laufen. Tut ein Training auch mal weh, weiß ich wenigstens, dass ich etwas getan habe und meistens macht es einen auch schneller. Oftmals sind es doch die harten Einheiten, die einen am glücklichsten machen.

Was ist das Schöne an deiner Lieblings-Laufstrecke?
Ich habe gar keine Lieblings-Laufstrecke. In der Stadt ist meistens immer irgendetwas, was mich an der Strecke stört. Aber was wirklich geil ist: abends oder früh morgens am Main in Frankfurt laufen und Sonnenauf- bzw. untergang erleben. Das ist immer wunderschön.

Wie fühlst du dich, wenn du eine Ziellinie überquert hast?
Ziemlich gut, meistens zumindest. Ich bin zwar völlig leer, was die Muskulatur etc. angeht, aber trotzdem kann man stolz auf seine Leistung sein.


Wie bringst du den Schweinehund zum Schweigen?
Meistens erpresse ich mich selbst mit neuen Schuhen… Ich habe ein ausgeprägtes Sneaker-Problem.

Was würdest du Anfängern raten?
Langsam und Schritt für Schritt anfangen. Nicht gleich nach den Sternen greifen. Manchmal dauert es Wochen, Monate oder manchmal auch Jahre, bis der Knoten platzt. Ich mache jetzt seit 2012 Triathlon und habe nach drei Jahren zum ersten Mal jemanden auf der Laufstrecke überholt. Ehrgeiz ist gut, aber man braucht auch Geduld.

Freitag, 16. Oktober 2015

Krümelrunde: 60 km mit der Aussicht auf Kuchen

Samstagmittag: Noch 4 Wochen bis zum Halbmarathon und ich müsste eigentlich laufen, aber bin zu einer 60-km-Rennradtour mit Mareike und Denise verabredet. Beide kenne ich noch nicht, 60 km bin ich "schon länger" nicht mehr gefahren (bis auf die Women's 100 waren es glaube ich noch nie mehr als 60?), überhaupt saß ich schon eine Weile nicht mehr auf dem Rad. Start und Ziel ist die Krümelküche in Duisburg, also ist wenigstens für fantastische Verpflegung gesorgt, sollte die Tour doof werden.


Die Mädels machten aber schon in unserer Whatsapp-Gruppe einen vernünftigen Eindruck und somit habe ich eigentlich keine großen Bedenken. Radfahrende Frauen sind halt irgendwie auch nie so richtig doof, sondern meistens sogar ziemlich cool drauf - irgendeinen Zusammenhang muss es da geben! Mareike bloggt übrigens bei den Radflamingos (die ich Dank Facebook witzigerweise schon kannte, bevor wir verabredet waren) und Denise ist hier zu finden.

Für uns gehts erst mal aus Duisburg raus und wir rollen recht flott los, schließlich will sich erst mal keine die Blöße geben, die anderen auszubremsen. Wir sausen über die Eisenbahnbrücke in Hochfeld und räumen erst mal Platz 3 beim Eisenbahnbrücken-Sprint auf Strava ab - immer schön im Nachhinein zu entdecken, wo die Segmente liegen... Und ja, dieses Jahr sind schon mehr als 3 Frauen dort lang gefahren! Danach müssen wir erst mal kurz stoppen: Denise und Mareike haben beide ein Garmin-Navigationsmopped ausgeliehen und irgendwie wollen die Geräte beim Start nicht ganz so wie wir.

Der Telefonjoker hilft dabei, das Garmin zum Arbeiten zu überreden.
Dann rollen wir linksrheinisch weiter, über Rheinhausen nach Moers und ich wäre ohne Navi komplett aufgeschmissen, weil ich hier nämlich noch nie gewesen bin. Tatsächlich gibt es auch schönere Orte, aber schnell geht es dann durch die Felder und hier ist es echt idyllisch. Die Orte heißen Baerl, Orsoy oder Eversael - wenn irgendwo der Hund begraben ist, dann hier.

Wir wechseln die Reihenfolge anfangs regelmäßig durch, so dass jeder mal vorne oder hinten fahren darf. Als Mareike leichte Migräne-Anzeichen vermeldet, nehmen wir etwas Tempo raus und fahren die Runde locker weiter. Die Strecke ist bis auf die eine oder andere Brücke komplett flach, aber dafür pfeift auf den Feldwegen der Wind ganz ordentlich. Schlau wie wir sind, fahren wir hier zu dritt nebeneinander - so kämpft sich zwar jede durch den Wind, aber man kann sich besser unterhalten. Also eigentlich schreien. Über das Rauschen in den Ohren hinweg. Vielleicht nicht die beste Idee des Tages, aber immerhin weiß danach jede etwas mehr über die Mitfahrerinnen.


Unser Wendepunkt ist an einem Kieswerk in einem Rheinbogen und wir radeln den Deich hoch, einfach weil wir mal gucken wollen, was dahinter ist. Das Kieswerk natürlich. Nun ja. Wir bitten einen älteren Herrn, ein Foto von uns zu machen, wenn wir doch jetzt schon mal hier oben sind. Die Technik mit dem Smartphone ist schnell erklärt, aber leider nicht so schnell verstanden und so gibt es jetzt sehr viele Fotos, die alle sehr viel Himmel und sehr wenig Räder zeigen, aber wir sind drauf und das muss reichen.


Mareike kündigt an, sie müsse jetzt mal irgendwo rein beißen. Denise und ich gucken verwirrt aus der Wäsche, ich überlege eine Sekunde, ob das irgendwas mit dem Maisfeld hier neben uns zu tun haben könnte, aber da packt sie schon ihr Butterbrot aus und fragt erstaunt: "Habt ihr etwa nichts zu essen dabei?" Grandios. Ich habe tatsächlich ein Gel eingepackt, weil ich mir nicht mehr sicher war, wie sich 60 km anfühlen, aber dass man auch Butterbrote in den Trikottaschen unterbringen kann, auf die Idee bin ich noch nicht gekommen. Merken.




Die Sonne kommt endlich raus und wir treten den Rückweg an, dieses Mal durch andere Dörfer. Obwohl ich die einzige ohne Garmin bin und damit ohne Ahnung, wo es lang geht, fahre ich irgendwann vor und bleibe da auch eine Weile - bei dem Tempo macht mir das nichts aus, bereitet mir aber trotzdem Kopfzerbrechen: Bin ich zu langsam? Langweilen die sich hinter mir? Oder bin ich doch zu schnell? Gar nicht so leicht, den richtigen Mittelweg zu finden und aufzupassen, ob alle noch mitkommen. 

Da ist ein flauschiges graues Ding auf dem Weg und greift mit den vorderen Pfoten nach etwas auf dem Boden. Für mich sieht das aus wie ein Waschbär, was ich auch gleich mal allen freudig mitteile - ist dann aber doch nur eine Katze, die eine Maus gefangen hat. Nachdem sich das Gelächter gelegt hat, überlegen wir, wo es überhaupt Waschbären gibt - außer in Nordamerika weiß es keiner so genau. Liebe Damen, ich habe recherchiert: Es gibt auch in Deutschland welche. Zwar nicht mehr so viele, aber theoretisch... okay, ja es war eine Katze.


Wir kommen an einem Gruselhaus vorbei und an Enten, die mit ihrem Schnattern Handyklingeltöne nachahmen können und so richtig merke ich gar nicht, dass wir eigentlich die ganze Zeit dabei radfahren. Was für eine kurzweilige Truppe! Bis wir wieder am Rhein sind, folgen wir ein kleines Stück einer Hauptstraße - nicht sehr schön hier, fast wie auf einer Autobahn, aber dafür wunderbarer Asphalt und toll zu fahren. Denise wird der Sattel bald unbequem und mit jedem Kilometer mehr ist ihr die Erschöpfung so langsam anzumerken. Ich versuche, nicht mehr von der restlichen Strecke zu sprechen, sondern nur noch von Kuchen.


Schon sind wir wieder auf der richtigen Rheinseite und radeln durch Ruhrort, ein paar Meter Kopfsteinpflaster, dann wieder über eine Brücke und am Wasser entlang. Ich halte das einfach für irgendeinen Kanal, aber Mareike, die einzige Ortskundige, klärt uns auf: Hier mündet die Ruhr in den Rhein. Hallo! Das wird ja noch richtig zum Sightseeing heute!



Danach geht es noch ein Stückchen am Hafen entlang und ich muss unbedingt bei dieser bunten Wand anhalten, bei der ein Streifen in Bruno-Celeste ist:



Denise ist eher mäßig begeistert, dass wir anhalten und auch noch absteigen, also bemühe ich mich, wenigstens danach vom Radeln abzulenken und erzähle von Mallorca und Triathlongeschichten und wieder von Kuchen und versuche, alle bei Laune zu halten. Mareike zeigt uns noch schnell die nicht so schönen Ecken Duisburgs und schon sind wir wieder bei der Krümelküche angekommen.

Ich würde den Helm am liebsten überhaupt nicht absetzen, weil die Haare darunter echt eine Katastrophe sein müssen, aber entscheide mich dann doch dagegen, mit Helm Kuchen zu essen (endlich! Kuchen!). Und während ich gerade die verschwitzten Haare vom Helm befreie, strahlt mich Denise an und meint: "So fit wie du möchte ich nach 60 Kilometern auch mal aussehen!" Was für ein Schatz!

Für mich gibts Kakao mit Sahne und Birnen-Marzipan-Kuchen, der zwar nicht nach Marzipan, aber trotzdem toll schmeckt. Alles vegan - Denise kommt vor der Kuchentheke aus dem Staunen kaum heraus. Und obwohl wir uns alle vor drei Stunden noch gar nicht kannten, schweißt das gemeinsame Radeln irgendwie zusammen: Der Kaffee und Kuchen danach fühlt sich an wie mit alten Freundinnen. Die nächste Runde kann kommen!



Hier führt sie lang, unsere Krümelrunde.