Samstag, 31. März 2018

Laufen - ewige Hassliebe

Wer unter dem Motto "ich hasse laufen" schreibt und dennoch für den zweiten Marathon trainiert, muss sich mitunter die Frage gefallen lassen, ob das denn überhaupt noch stimmt mit dem Hass. Und wenn ja, ob es nicht besser wäre, es dann einfach zu lassen. Gute Fragen. Besonders die zweite beschäftigt mich mit schöner Regelmäßigkeit. Warum sollte jemand etwas tun, das er blöd findet?


Beim Radeln ist es ganz einfach: Ich setze mich aufs Rennrad und fühle mich zuhause. Ich liebe es, mich aus eigener Kraft schnell fortzubewegen. Mich fasziniert es, dass das noch schneller geht, wenn sich eine Gruppe findet, zu der jeder einzelne etwas beisteuern muss, damit am Ende alle schneller sind als allein. Ich liebe den Wind um die Nase, das Pedalieren, das Geräusch vom Freilauf (meiner klingt übrigens sehr schön). Wenn ich beschissene Laune habe, was zugegeben nicht so wahnsinnig oft vorkommt, und dann zwei, drei Stunden radeln war, sieht die Welt hinterher besser aus. Immer.

Automatisches Glück? Nicht beim Laufen

Beim Laufen habe ich diese Glücksgefühle auf Knopfdruck nicht. Ich laufe nicht los und denke: "Ach ist das schön, dass du gerade läufst." Das passiert nicht. Nie. Natürlich ist da nicht mehr diese starke Abwehrhaltung wie ganz zu Beginn, ich bin nicht mehr nach 100 Metern vollkommen aus der Puste und frage mich nicht permanent, was zur Hölle ich eigentlich hier mache. Das nicht. Trotzdem sind die ersten Meter selten unbeschwert und toll, sondern eher eine Pflichtübung. Manchmal ist auch ein ganzer Lauf Pflichtprogramm. Selten Kür.


Manchmal laufe ich mit Freunden, dann bin ich abgelenkt. Freue mich, denjenigen mal wieder zu treffen und dieses oder jenes zu diskutieren. Dabei geht mir allerdings selten durch den Kopf: "Wie schön, dass wir das jetzt ausgerechnet beim Laufen besprechen!" Wir könnten uns auch einfach auf einen Kaffee treffen. Oder auf dem Rad, noch besser. Manchmal stresst mich Begleitung beim Laufen auch. Wenn der andere schneller ist und partout das Tempo nicht anpassen will, immer wieder davon zieht - da kann ich besser alleine laufen. Mache ich auch meistens und freue mich dann, dass ich mich nach niemandem richten muss und nur mich selbst aushalten muss.

Macht das denn wirklich nie Spaß?

Klar, es gibt auch wunderschöne Läufe. Ich kann mich an eine Handvoll erinnern - bei den meisten davon gibt es irgendeinen besonderen Faktor: eine weitere Strecke als normalerweise, eine abenteuerliche Routenplanung oder eine traumhafte Umgebung. Meine letzten beiden 30er, bei denen einfach alles passte und nichts schwer fiel, sind Beispiele dafür. Oder die Entdeckungstour, bei der aus "lass mal für ein Stündchen in den Wald" spontan ein Halbmarathon querfeldein wurde. Der Lauf mit einem Kollegen am Meer: Dünen rauf, Dünen runter, tiefer Sand, fester Sand, Sonnenuntergang und Meeresrauschen.


In solchen Momenten macht mir das Laufen Spaß. Aber leider läuft nicht immer alles prima, leider bin ich nicht ständig am Meer und leider hab ich auch nicht mehrfach die Woche Zeit, drölf Stunden ohne Ziel durch die Gegend zu juckeln. Wenn ich also weiterhin laufen will - was ich nicht mache, wenn ich nicht für irgendetwas angemeldet bin - dann muss ich den Spaß irgendwo anders her kriegen. Wenn mich also nicht das Laufen selbst glücklich macht, dann ziehe ich meine Freude daran eben nicht aus der Tätigkeit an sich, sondern aus dem, was am Ende dabei rauskommt.

Was macht dich glücklich?

Das kann das Gefühl sein, etwas geschafft zu haben. Im Kleinen: sich aufgerafft zu haben. Im Größeren: eine bestimmte Strecke gelaufen zu sein, die vielleicht für längere Zeit undenkbar war. Das kann eine Zeit in der Ergebnisliste sein. Das kann auch unabhängig von Zeiten das Gefühl sein, alles gegeben zu haben. Womit mich das Laufen am Ende belohnt, und zwar natürlich nicht unbedingt nach jeder langweiligen 10-Kilometer-Brückenrunde, aber inzwischen oft genug nach Zieleinläufen, ist ein hübscher Emotionscocktail aus Zufriedenheit, Dankbarkeit und Stolz.


Dankbarkeit, so leistungsfähig zu sein. Körperlich und mental. Zufrieden und stolz auf das, was ich kann und vorher nicht für möglich gehalten hätte. Das war zu Anfang gar nicht mal so leicht - denn wenn der größte Kritiker zwischen den eigenen Ohren sitzt, gibt es immer etwas auszusetzen. Das hat sich inzwischen geändert. Und es ist eine schöne Erkenntnis, dass mir etwas so positive Gefühle verschafft, dass von der Sache an sich gar nicht so mein Ding ist. Ist es so dann nämlich irgendwie doch. Natürlich hängt das Herz am Rad. Aber ich bin auch eine Läuferin. Was bist du?


Danke für die Bilder an Jan.