Freitag, 17. Juni 2016

Angstschweiß! Noch 2 Tage bis zum Velothon Berlin

In zwei Tagen ist es so weit: Sonntagmorgen um 7 Uhr reihe ich mich mit Bruno auf der Straße des 17. Juni in die Startaufstellung für den Velothon Berlin ein. Zusammen mit über 12.000 anderen registrierten Startern. Seit Anfang des Jahres weiß ich, dass ich am Sonntag das erste Radrennen meines Lebens fahren werde und ich muss sagen: Bisher haben die Verdrängungsmechanismen hervorragend funktioniert.


Ich habe nur ein einziges Ziel: heil ankommen. Ohne Sturz. Ich brauche mich selbst und auch das Rad noch eine Woche später beim Triathlon in Düsseldorf. Das zweite Ziel heißt: Spaß haben. Die Strecke genießen. Was von Berlin sehen.
 
Zurück zu der Angst vor dem Fallen: Die ist da. Ziemlich präsent. Die Gründe sind simpel: Menschen. Und Wetter. Du fährst doch auch beim Triathlon Rad! Jo, aber alleine. Mit Windschattenverbot. Und deshalb Abstand zu den anderen. Beim Radrennen sieht das etwas anders aus. Ich bin nicht geübt darin, in großen Gruppen zu radeln: Mit den 30 Frauen letztes Jahr bei der Women's 100 sind wir schöne gemütliche 2er-Reihen gefahren. Keine Berühungen an Schultern oder Lenkern, kein Vorderrad, das am nächsten Hinterrad klebt. Ich wollte das üben. 10, 15 Leute mit Rennrädern zusammentrommeln, die mich in die Mitte nehmen und von den Seiten etwas bedrängen. In der Theorie war der Plan so schön - in der Praxis bin ich froh, wenn Ausfahrten mit drei bis vier Teilnehmern zustande kommen, die gleichzeitig verfügbar sind und ähnliche Trainingspläne haben.


Ich bin auch nicht geübt darin, Windschatten zu fahren, also so richtig, mit nur wenigen Zentimetern Abstand. Das geht nur, wenn ich der Person vor mir komplett vertraue - das ist bei fremden Menschen einfach nicht der Fall. Wie beim Autofahren reche ich immer mit der Idiotie der Menschen: Ich habe Angst vor spontanen Schlenkern, Ausweichmanövern, ruckartigem Bremsen, nicht angezeigten Hindernissen, schwarzen Löchern, die sich plötzlich in der Straße auftun, was auch immer. Bevor ich irgendwo so nah dran bin, dass ich im Notfall nicht mehr ausweichen kann, kämpfe ich mich lieber selber durch den Wind - ich bin gespannt, wie sich das auf der Strecke mit über 12.000 Leuten so umsetzen lässt. In meinem Kopf laufen auf jeden Fall seit einigen Tagen schöne Massensturz-Filme ab.

Und Regen, das ist auch noch so ein Thema. Rennrad und Regen, das ist nichts, was sich in meiner Welt gut miteinander verträgt. Wenn es regnet, radele ich üblicherweise nicht. Natürlich hab ich schon im Regen auf dem Rad gesessen, wenn das Regenradar mal wieder zu optimistisch war. Auch im Hagel. Das ist nicht schön. Die Bremsen funktionieren nicht so wie bei trockenen Bedingungen und 23mm Reifen mit kaum Profil sind echt nichts, worauf ich mich auf nassem Asphalt verlassen möchte. Vielleicht wäre ein Fahrsicherheitstraining mit Bruno mal eine Maßnahme. Seit ich mich mit dem Auto mal bei Glatteis auf der Autobahnausfahrt gedreht habe, fand ich Kurven bei Nässe etwas uncool. Beim Fahrsicherheitstraining hat das Schleudern plötzlich Spaß gemacht, enge Kurven schnell fahren auch, auf nasser Fahrbahn ins Rutschen geraten auch. Die Angst ist seitdem weg. Kann ich das bitte mal fürs Rennrad haben?


Offenbar bin ich nicht die einzige, die Panik schiebt sich so ihre Gedanken macht. Auch die Veranstalter haben das bemerkt, deshalb gibts beim Velothon zum Beispiel einen eigenen Frauenstartblock extra für Einsteigerinnen und bei den Cyclassics gleich ein 8-wöchiges Rookie-Programm, das Jungs und Mädels auf das erste Rennen vorbereitet. Wer also nicht so sehr auf "Augen zu und durch" steht, ist da mit Sicherheit gut aufgehoben. 

Überhaupt keine Sorgen bereiten mir in Berlin die 23 km/h Mindestgeschwindigkeit, die 60 km Strecke und die paar Hügel, die es wohl zu bewältigen gibt. Ich habe mir kein Zeitziel gesteckt und gehe mal davon aus, dass wir länger als 2 Stunden brauchen. Das ist auch ok, wenn man in erster Linie sicher ankommen und nicht super schnell fahren will. Eventuell muss ich mich Sonntagmorgen nochmal daran erinnern, wenn es zu gut läuft. Ich freue mich auf Berlin, auf unglaublich viele Radfahrer, auf großartige Stimmung und tolle Zuschauer, auf eine gigantische Strecke vorbei an allen Sehenswürdigkeiten und ich hab Bock! Angst und Bock! Kann losgehen.


Info: Ich bin 2016 als Brand Ambassador für den Velothon Berlin und die Cyclassics Hamburg unterwegs. Das bedeutet, dass ich unter anderem die Startplätze gestellt bekomme - inwiefern ich berichte, liegt in meinem eigenen Ermessen.