Samstag, 25. Juli 2015

ITU World Triathlon Hamburg 2015

Die spontanen Sachen sind ja immer die besten - so habe ich montags erfahren, dass ich freitags mit Cathrina zum ITU World Triathlon nach Hamburg fahren würde. Ich hatte im Winter ganz kurz drüber nachgedacht, selbst dort zu starten, allerdings bewegen die Startgebühren sich auch schon für die Sprintdistanz nah am dreistelligen Bereich, dazu kämen dann noch Anreise und Übernachtung - den Plan hatte ich also schnell verworfen. Aber spontan zum Zugucken mitfahren geht immer!
Die Kollegen habe ich entdeckt und irgendwie gleich ins Herz geschlossen: Die Triathlonaffen wollen dem Dreikampf in den Schritt fassen. Man kann ihnen jetzt sogar auf Instagram dabei folgen.
Freitag stand nach dem Abholen der Startunterlagen zuerst Testschwimmen auf dem Programm. Die Alster ist eine ziemlich braune Brühe, in der man - laut Testschwimmer - nicht mal die eigene Hand sieht. Keine Ahnung wie man darin geradeaus schwimmen soll! Ich komme ja schon im Schwimmbad mit geschlossenen Augen sofort vom Kurs ab und habe echt Respekt vor allen, die sich in diese braune Grütze voller Monster trauen!
Die längste Wechselzone der Welt verdient eigentlich eine eigene Wertung: King of Transition oder so was.
Spontan hatte sich auch mein Abendprogramm ergeben: @tritimation und @runningmathea im Asics Store treffen, wo Jan Frodeno zu einem Meet & Greet mit anschließendem Run geladen hatte. Sehr viele Menschen, sehr schlechte Luft - und ein gut gelaunter frisch gebackener Europameister, der ein sehr sympathisches Interview gegeben hat. Antwort auf die Zuschauerfrage, ob ihn die Agegrouper auf der Strecke nicht manchmal behindern: "Das kann schon mal vorkommen, aber genau das macht unseren Sport doch aus: Wir könnten das auch so elitär machen wie bei der Tour de France, aber wir sind alle gleichzeitig auf der gleichen Strecke." Mein Highlight in Sachen tolle Antworten: Tim fragte, ob er einen Tipp für Hawaii habe. Frodeno: "Such dir ein Hotel mit Klimaanlage." Achso!
Such den Jan!
Der anschließende "lockere Lauf, so dass jeder mitkommt" endete für mich leider nach gut 3 Kilometern, weil bei gefühlt 30° mit einem schmerzenden Knie für mich gar nichts locker war. Das Tempo schon gar nicht. Statt irgendwo am anderen Ende der Außenalster zu verrecken, habe ich den kürzesten Weg zurück gewählt - vielleicht beim nächsten Mal!
Ein Fangirl-Foto musste selbstverständlich bei der Gelegenheit auch gemacht werden. Und offenbar sind Autogrammkarten noch nicht out, wieder was gelernt.
Samstag waren die Sprintdistanzen dran. Schon der Schwimmstart hat mir die ersten Freudentränchen in die Augen getrieben - das ist einfach so schön alles in Hamburg! Ziemlich bald hatte Mandy von Go Girl! Run! mich gefunden - wie erfrischend, wenn man jemanden zum ersten Mal sieht und gleich auf Anhieb merkt, dass die Chemie stimmt. Und so sind wir den Tag zusammen durch die Gegend gepilgert:
Vom Schwimmen ...
... zum Schwimmausstieg ...
... auf die Tribüne zum Zieleinlauf ... 
... zu Nadin von Eiswürfel im Schuh, die Sonntag starten sollte.
Am späten Nachmittag - von der Sonne schon gut durchgebraten - habe ich mir das Profirennen angeschaut und mir dafür einen Platz auf der Tribüne direkt vor der Wechselzone gesichert:
Wer schon mal in Hamburg auf einem Konzert war, der weiß, dass das Publikum ein bisschen - ich will nicht sagen reserviert - vielleicht eher nordisch unterkühlt ist. Beim Sport ist das offenbar etwas anders, hier ist alles auf die Olympia-Bewerbung gepolt. Die Streckenführung beim Profirennen ist zuschauerfreundlicher als bei den Jedermännern: die Radstrecke führt 6x an der Tribüne vorbei, die Laufrunde 2x. Das Ganze funktioniert dann so, dass man erst mal gemütlich rumsitzt, bis der "first man (oder women) out of the water" angekündigt wird - bevor man aufspringen und klatschen kann, ist der Wechsel schon so gut wie vorbei und die Athleten sind auf dem Rad. Sobald die Radfahrer in die letzte Gerade vor der Wechselzone einbiegen, kommt vom Kommentator der Hinweis für die Zuschauer: das Stichwort heißt "Poststraße" und alle rasten aus. Kein Scherz. Nicht übertrieben. Jedes Mal. 6 Radrunden und 2 Laufrunden lang. Was für eine Stimmung! Unmöglich, dabei sitzen zu bleiben und sich nicht mitreißen zu lassen. 
Siegerin bei den Damen wurde Gwen Jorgensen, die gar nicht mal so gut vom Rad kam, aber das Feld auf der Laufstrecke dann von hinten aufrollen konnte. Wahnsinn. 
Sieger bei den Herren wurde Vincent Luis, der dem Favoriten Javier Gomez einfach mal so davon rannte. Krasse Sache, Bierdusche verdient. 
Sonntag zeigte sich das Wetter dann typisch norddeutsch: ein bisschen usselig und nass, also ab unter den Regenschirm.
Der Regen schadet unserer Stimmung gar nicht...
Der zweite Tag stand im Zeichen der Olympischen Distanz. Weil die Schwimmstrecke mir am ersten Tag schon weit vorkam, konnte ich gar nicht glauben, dass die Leute vom Jungfernstieg durch die komplette Binnenalster schwimmen, unter der Kennedybrücke hindurch in die Außenalster, dort wenden und das Ganze nochmal zurück bis zum Rathhausmarkt. Wie weit 1,5 km im Wasser einfach mal aussehen! Und dann noch bei dem Wetter - denkt der Laie. Alle Schwimmer haben mir später versichert, es sei im Wasser überhaupt nicht kalt gewesen, da die Außentemperatur und damit der Unterschied nicht so hoch war wie an den Tagen davor. 

Am Sonntag habe ich zum ersten Mal ein bisschen von der Jedermann-Radstrecke gesehen und sonst sehr lange an der Laufstrecke gestanden. Dabei ist auch dieses Bild von Din entstanden - ich wundere mich immer noch, dass mein Handy den Mitzieher so gut hingekriegt hat. Toll, mal jemanden live anfeuern zu können, von dem man sonst nur die Wettkampfberichte online liest. Spitzenleistung!
Diese Stelle ungefähr 200 Meter vor dem Ziel war der beste Ort zum Zuschauen - während Mandy die Namen von den Startnummern abgelesen und die Läufer persönlich motiviert hat, habe ich mir Gesichtsausdrücke angeschaut und Emotionen aufgesaugt. Da gibt es die ganz verbissenen, die nichts um sich herum wahrnehmen und unbedingt eine Bestzeit knacken wollen. Dann gibt es die, denen man ansieht, dass jeder Schritt eine Qual ist und dass sie selbst noch nicht ganz daran glauben, es zu schaffen. Aber die besten sind die, die vor Glück fast platzen: die kurz vor dem Ziel realisieren, dass sie es schaffen. Dass sie wirklich ankommen. Die die Atmosphäre aufsaugen, genießen und sich vom Jubel ins Ziel tragen lassen. Genau das ist es, weshalb wir das machen. 
Liebe Mandy, danke für unsere fantastischen Selfies ;-)
Noch schöner als die Zieleinläufe der Einzelstarter waren nur die Staffeln. Gegen Ende der Laufstrecke ist kaum ein Durchkommen, weil Radfahrer und Schwimmer ungeduldig warten und auf und ab springen, bis sie endlich "ihren" Läufer entdecken. Der wird jubelnd in Empfang genommen und Hand in Hand zum Ziel gezogen:
Nachdem Cathi (Mitte) und Anja (rechts) schon bei der Sprintdistanz am Samstag gestartet waren, stand für Sonntag die Staffel über die Olympische Distanz zusammen mit Elena (links) an - Respekt ihr drei!


Wer gerade einen Hänger im Training hat und einen Motivationsschub braucht, der soll sich mal ein paar Minuten in die Nähe der Ziellinie stellen. Wie wunderschön das ist, da zuzugucken! Und wer zweifelt, ob er überhaupt starten sollte, der muss sich unbedingt die Jedermänner bei einer so großen Veranstaltung ansehen. Da ist nämlich wirklich Jedermann und Jederfrau dabei: klein, groß, dick, dünn, langsam, schnell, mit und ohne Handicap. 

Danke Hamburg, das war ein ganz wundervolles Wochenende voller zauberhafter Menschen auf, neben und auch abseits der Strecke. Bis zum nächsten Jahr!