Samstag, 25. Januar 2014

Psychologische Kriegsführung.

Ich gebe zu, es sieht aus wie ein billiger Trick. Ich nenne es psychologische Kriegsführung. Und die geht so: Ich kaufe mir Laufschuhe, damit ich laufe. Okay, zwei weitere Gründe spielen da auch noch hinein: 1. Ich besitze keine Laufschuhe. 2. Im Laufladen um die Ecke ist Räumungsverkauf. 50% Rabatt. Wenn das keine Argumente sind!

Mein letztes Paar Draußen-Sportschuhe stammt übrigens noch aus der Schulzeiten, wo der Sportlehrer doch tatsächlich von Zeit zu Zeit auf die Idee kam, mit dem Kurs auf den Sportplatz zu gehen. Während die meisten Klassenkameraden bei dem Anlass "oooorrr muss das sein?" stöhnten, hab ich mich eigentlich immer gefreut. Frische Luft ist doch tausend mal besser als jede miefige Sporthalle. Jedenfalls solange man Weitsprung oder etwas ähnlich Nettes machen darf und nicht eine Runde nach der anderen um den Platz drehen muss. Naja, dieses besagte Paar Schuhe hat jedenfalls vor einem halben Jahr beim letzten Besuch im Hochseilgarten das Zeitliche gesegnet. Von einem Baum zum anderen zu turnen und auf Stahlseilen zu balancieren war wohl zu viel für etwa acht Jahre alte Sohlen.

Samstagnachmittag mache ich also auf den Weg zum Laufsportladen. Zwei Stationen mit der Straßenbahn, als ob ich irgendwo hin zu Fuß gehen würde! Das Ziel heißt: Schuhe kaufen. Nicht allzu teuer, aber teuer genug, dass es weh tun würde, sie nur in der Ecke stehen zu lassen. Als ich ankomme, sieht es aus, als sei der Räumungsverkauf schon vorbei, der Laden ist halb leer. Ich spaziere erst mal durch sämtlliche Abteilungen und probiere dabei wissend auszusehen. Ganz schön bunt hier. Die Schuhe sehen alle gleich aus. Bevor ich wild drauf los irgendwas anprobiere, was mir optisch einigermaßen zusagt, frage ich doch lieber mal nach. "Ich brauche Schuhe." - "Aha, was denn für welche?". - "Ja Laufschuhe. Für draußen." - "Wie viel laufen sie denn so?" - öhm.. mit der Frage gleich zu Beginn hatte ich nicht gerechnet! "Noch gar nicht."  Hoffentlich hört keiner zu. Der Verkäufer bedauert, dass sie wegen der Schließung nun leider keine Laufbandanalyse mehr durchführen könnten. Ich jubele innerlich. Es sei dann aber sehr schwierig, den passenden Schuh zu finden, wenn ich kein altes Modell dabei habe. Habe ich natürlich nicht. Das ist bereits im Müll.

Ich sehe meine Chancen schwinden, heute an die richtigen Schuhe zu kommen. Das ist schlecht. Keine Schuhe, kein Lauf. Also spiele ich die "ich-hab-mich-vorher-im-Internet-informiert"-Karte aus. "Bei meinen normalen Schuhen sind immer die Außenseiten stärker abgenutzt. Hilft das vielleicht weiter?" Tut es. Der Verkäufer fragt nach meiner Größe, addiert eine Nummer drauf (auch das hatte ich bereits gelesen. Wofür brauche ich die Beratung überhaupt?), verschwindet kurz und taucht dann mit einem lila Alptraum wieder auf. Ich probiere den Schuh an und habe das Gefühl, ich stehe auf Wolken. Kein Scheiß. Zum allerersten Mal beschleicht mich die leise Vorahnung, dass es Spaß machen könnte, mit den Dingern durch die Gegend zu traben.

Zum Vergleich soll ich ein anderes Paar anprobieren. Dieses Mal ein Alptraum in Orange, irgendwas von Asics. Ich ziehe die Teile an und denke, da könnte ich auch gleich barfuß laufen. Nee, zu unsicher. Bisschen Halt wäre schon schön. Der Verkäufer kommt mit 3 anderen Paaren wieder. Eins ist so bescheuert geschnitten, dass ich nicht mal den zweiten Schuh anprobieren will. Weg damit. Das nächste ist am Mittelfuß einfach zu eng. Ich hab übrigens das volle Programm komischer Füße, was man so haben kann: Platt-, Spreiz- und Senkfüße. 3 in 1, ausgesucht hab ich mir das nicht. Das nächste Paar ist okay, aber das Wolken-Gefühl stellt sich nicht ein. Ich möchte die ersten Schuhe nicht nehmen, weil sie die ersten waren. Man heiratet ja auch nicht seinen ersten Freund. Der Verkäufer bietet mir an, die Schuhe vor dem Laden auf der Straße zu probieren und ein paar Meter hin und her zu laufen. Hahaha. Auf gar keinen Fall. Ich frage, was die Dinger kosten, verkneife mir den jubelnden Aufschrei (so ein Räumungsverkauf ist ja auch eine traurige Sache eigentlich) und kaufe die Schuhe.

Weil ich außer vom Spinning keine Funktionskleidung besitze, schaue ich mich nochmal um. Mit der gepolsterten Radhose wollte ich jedenfalls nicht laufen gehen, aber mit meiner kuscheligen Jogginghose zum auf-der-Couch-Gammeln auch nicht. Hosen gibts hier leider nur noch in ultrakurz oder XS. Oder beides. Hilft mir nicht weiter. Ich nehme ein Shirt, das farblich mit den Schuhen harmoniert. Warum denken Sportartikelhersteller eigentlich, Läuferinnen sollten lila und pink tragen? Normalerweise käme mir sowas ja nicht in den Kleiderschrank. Hier hab ich keine Wahl. Sobald ich mir ein pinkes Stirnband kaufe, möge mich bitte jemand erschießen.

Ausbeute vom Räumungsverkauf im Laufsportgeschäft: Schuhe und ein Shirt. Zusammen 75€.