Mittwoch, 11. Mai 2016

Mallorca 2016 Tag 3 - Städtereise: Muro, Llubí, Sencelles, Sineu, Petra, Santa Margalida, Can Picafort

Nachdem es gestern ja radtechnisch eher ruhig war, will ich heute wieder länger im Sattel sitzen. Der Körper sieht das leider etwas anders: Der Tag beginnt erst mal mit Unterleibsschmerzen aus der Hölle. Die berühmte glühende Faust, die die Eingeweide zusammen drückt und sie dann, wenn man gerade denkt, es geht wieder, nochmal schön rumdreht. Mein Vormittag findet also auf dem Rücken liegend im Bett statt, an irgendeine andere Position ist nicht zu denken, schon gar nicht die gekrümmte Haltung auf dem Rad. Einen halben verschlafenen Tag und eine Schmerztablette später sieht die Welt schon ganz anders aus. Ich will radeln, aber bloß nichts anstrengendes. Also wieder keine Berge. Wir müssen sowieso noch ein paar Einkäufe für Daheimgebliebene erledigen (Olivenöl, was sonst?) und beschließen, dass heute ein guter Tag dafür ist. Passenderweise ist das Wetter vormittags ziemlich bescheiden: 14° und Wolken. Da will ja eh niemand aufs Rad.


Als wir mittags losrollen, sind die Temperaturen schon wieder nah an der 20 und die Sonne kommt raus. Wenigstens irgendwas richtig gemacht! Auf dem Weg zur Ölmühle und zurück klappern wir alle möglichen Städtchen ab: Muro, Llubí, Inca sparen wir uns dieses Mal (weil hässlich), Sencelles, Sineu, Petra, Santa Margalida. Die meisten Orte liegen schön mittelaltermäßig auf einem Hügel und haben in der Mitte mindestens eine riesige Kirche, die man schon von weitem sieht. So wie sich das gehört. Ich hab schon ein paar Stunden später ernsthafte Schwierigkeiten, die einzelnen Städte mit ihren Gassen, Zentren und Kirchen gedanklich auseinander zu halten. Die Bilder helfen bedingt. Im Endeffekt sind alles süße kleine Dinger mit alten Häuschen, engen Einbahnstraßen und kleinen Cafés, die Cola an durstige Radfahrer verkaufen.





Wir wollen ein bisschen weg von den großen Straßen, weil es echt uncool ist, wenn Autos oder LKW haarscharf an einem vorbei sausen. Und weil die Wahl zwischen auf der Straße oder dem Seitenstreifen fahren (der mit schöner Regelmäßigkeit immer schmaler wird und irgendwann im Graben endet) eine Wahl zwischen Pest und Cholera ist. Und diese bescheuerten Hubbel alle 50 m auf dem Seitenstreifen, ganz zu schweigen vom ganzen Kies und Gedöns, was da rumliegt! Zum Glück entdecken wir vor allem im Inneren der Insel ein paar schöne weniger befahrene Straßen, die teilweise extra für Radfahrer ausgeschildert sind.





So ganz ohne Nahtod-Erlebnisse (sorry, Mama) macht das Radeln Spaß! Wenn minutenlang einfach kein Auto zu sehen ist, wenn es ganz still ist, wenn man kurz anhält, wenn man dann weiter der Sonne entgegen rollt, wenn rechts und links Olivenbäume und Schafweiden vorbei fliegen, wenn sich am Horizont langsam das nächste Städtchen mit seiner Kirche abzeichnet, dann ist das ziemlich schön. Dann ist es auch egal, ob die Strecke gerade flach ist oder ob es leicht bergauf geht. Die Beine funktionieren wie von alleine, die Frequenz stimmt, sie drücken und ziehen einfach, als ob sie nie etwas anderes tun würden, als sei es das Selbstverständlichste der Welt, als wäre das Cube neuerdings angewachsen und diese Fortbewegungsart jetzt eben unsere. Runner's High für Radfahrer, so scheint mir.


Irgendwie kommen auf diese Weise fluffige 79 km zusammen, die gar nicht weh tun. Schnitt 23,3 km/h. 500 Höhenmeter sind angeblich auch noch auf der Strecke versteckt, aber auch kaum zu merken. Hervorragend! Ich wollte fast rumposaunen, dass die Beine irgendwie gar nicht müde zu kriegen sind zurzeit, aber ich lasse es sein, weil: 1. Ich war direkt nach dem Radeln Schwimmen und verdammt, diese Beine sind nicht mehr ganz frisch! 2. Morgen gehts in die richtigen Berge.




Sonstige Erkenntnisse und Beobachtungen:

Rennradeln wird nicht langweilig. Nie.

Neue Regel: Wenn man vorne auf dem mittleren Blatt bleiben kann, ist es kein Berg. Sondern ein Hügel.

Gegenwind ist ein Arschloch.

Seitenwind ist sein großer Bruder. Besonders auf viel befahrenen Straßen und bergab.

Wenn man zwei an sich leckere Olivenöle vermischt, kommt nicht automatisch was Gutes dabei raus.

So weit das Auge reicht: kleine Mäuerchen am Straßenrand.

Duft in der Nase: Pinienwald. Und Verwesung.

In den Ohren: Wind. Wind, Wind, Wind.


Tiersichtungen lebendig: eine Milljausend Schafe, drei Pferde, ein Esel, eine Handvoll Schweine (mit Punkten!), circa 15 Weinbergschnecken, zwei grüngelbe Vögel, ein Gecko, eine Katze.

Tiersichtungen tot: sieben Igel, zwei Kaninchen, mindestens 10 undefinierbare platte Wesen, 1 Katze. Was ist das für 1 Life?

Bisher verzehrte Oliven: 77.