Donnerstag, 20. Juli 2017

Raceday No. 40 - Hamburg Wasser World Triathlon 2017


Hamburg, Baby! Aller guten Dinge sind drei, oder? 2015 war ich spontan zum Zuschauen beim Triathlon in Hamburg und war sofort hin und weg. 2016 bin ich zum ersten Mal selbst in Hamburg gestartet. Dieses Jahr wollte ich eigentlich nur anfeuern, aber irgendwie kommt es ja immer anders als gedacht und so stehe ich 2017 wieder an der Startlinie. Wieder Sprint. Zu mehr wäre ich vermutlich auch gar nicht in der Lage. Eigentlich habe ich absolut rein gar keine Lust auf Triathlon. Nach den Erlebnissen bei der Tour de France letzte Woche bin ich komplett auf Radfahren gepolt. Schwimmen? Laufen? Ach komm. Geht mir weg damit.


Vor lauter Tour-Euphorie habe ich in den letzten Wochen erfolgreich verdrängt, dass mir da noch ein Triathlon-Start bevorsteht. Geschwommen und gelaufen bin ich zuletzt in Düsseldorf beim T3, ansonsten habe ich in den letzten Wochen entweder selbst auf dem Rad gesessen oder den Profis dabei zugeschaut. Der Blick in die Ergebnisliste aus dem Vorjahr stimmt mich auch nicht gerade positiv: Insgesamt 1:32 Stunden habe ich gebraucht. Schneller wird kaum möglich sein und schon gar nicht ohne Lauf- und Schwimmtraining in den letzten Wochen. Nun ja. Selbst Schuld. Das Gute daran: Kein Ziel, kein Druck. Ich erwarte nichts und weiß, dass Hamburg selbst einfach immer geil ist. Also will ich Spaß haben, auf dem Rad Gas geben und ansonsten gucken, was geht.

Weil ich so unglaublich schlecht mit Neo schwimme, möchte ich mir vor Ort die Entscheidung ersparen, mit oder ohne zu starten und lasse ihn deshalb einfach mal zuhause in Düsseldorf. Blöd nur, dass es am Samstagmorgen in Hamburg mit ungefähr 14° Luft- und 19° Wassertemperatur alles andere als sommerlich warm ist. Um kurz vor 8 Uhr morgens hüpfe ich in die Alster und bereue das sofort. Warum konnte ich nicht noch fünf Minuten draußen warten? Scheiß aufs Einschwimmen! Wenn das Wasser allerdings wärmer ist als die Luft, kommt nochmal rausklettern nicht wirklich in Frage. Also frieren und auf den Start warten. Scheiße, warum mache ich das nochmal? Achja, weil hier nur 500 Meter zu schwimmen sind und ich danach radeln darf.

Unglaublich einladend: Wer würde da nicht gern ins Wasser hüpfen?
Countdown, Startschuss, keine Schlägerei. Ich kraule, bis es zu anstrengend wird, bis der Kopf nicht mehr will und habe heute keine Lust, diesen Kampf auszufechten. Also Brustschwimmen, worin ich zwar auch langsam bin, aber nicht langsamer als beim Kraulen - also was solls. Ich behalte lieber den Überblick. Vor der Boje tummeln sich alle, eiern drum herum, weiter geht's. 500 Meter sind echt verdammt überschaubar. Das Wasser kommt mir sogar minimal klarer vor als beim letzten Mal. Schmecken tuts trotzdem nicht. Die Brücke, unter der wir durch müssen, kenne ich schon. Tatsächlich überhole ich auf den letzten Metern noch den einen oder anderen Kraulschwimmer (was zur Hölle?) und steige dann auf die Sekunde genau zur gleichen Zeit aus dem Wasser wie vor einem Jahr: nach 13:01 Minuten. Keine Glanzleistung, aber auf jeden Fall sollte mich fehlendes Schwimmtraining zukünftig nicht aus dem Konzept bringen. Vollkommen überbewertet!

Ein schöner Ort: der Schwimmausstieg
Der Weg zur Wechselzone ist lang. Sehr lang. Das ist Hamburg. Mich tröstet einzig und allein, dass alle diesen unendlich weiten Weg laufen müssen. Außerdem stehen Christian und Denise am Rand und machen Lärm. Mein Rad ist schnell gefunden, praktischerweise zeigt ein Abbiegerpfeil auf dem Boden direkt auf Bruno. Sehr zu meiner Freude sind trotz der langsamen Schwimmzeit noch ganz schön viele Räder in der Nähe - fein. Weil ich ein Handtuch vergessen habe, muss ich Socken (ja, Socken!) und Schuhe einfach so anziehen. Geht auch. Demnächst also keine Zeit mehr auf Abtrocknen verschwenden. Was so richtig nervt, ist der ellenlange Weg bis zur Radstrecke. Die Wechselzone ist schmal, Athleten auf dem Weg zum Laufen kommen uns entgegen, einige schieben noch ihr Rad, andere vor mir schieben in Richtung Ausgang, manche laufen, andere gehen. Überholen ist bei Gegenverkehr unmöglich. Was ist das hier, ein Sonntagsausflug oder ein Triathlon?


Die Frage stelle ich mir auf der Radstrecke erneut. Prinzipiell ist es ja schön, dass irgendwie jeder mal einen Triathlon ausprobiert. Nur wenn ich mit Hollandrad inklusive Kindersitz oder Stadtrad mit Körbchen (mit Jacke und Trinkflasche drin!) antrete, dann wäre das ungefähr so, als würde ich bei einem Volkslauf mit Flipflops starten und dann 10 km spazieren gehen. Kann man man alles machen. Aber dann bitte nicht auf einer einspurigen Straße nebeneinander, wenn andere von hinten überholen wollen. Nebeneinander übrigens nur deshalb, weil die Nachbarin ja die Utensilien aus dem Körbchen nach vorne reichen muss.

Während ich mich frage, ob ich lachen oder weinen soll, kommt mir noch etwas anderes Bedauerliches in den Sinn: die geänderte Radstrecke. Letztes Jahr war eine 22-Kilometer-Runde zu fahren. Heute sind es zwei 10-Kilometer-Runden. Abgesehen von meinem Rundenhass und mehr Kurven liegt der Nachteil vor allem in der Überfüllung der Strecke. Ich fahre fast kein Mal ein paar Meter alleine geradeaus, weil ich permanent mit überholen oder überholt werden beschäftigt bin. Das ist stressig. Die Streckenänderung ergibt für den Sonntag allerdings auf jeden Fall Sinn - in den letzten Jahren gab es so viel Ärger mit Scherben auf der Reeperbahn, dass sich die Starter der Olympischen Distanz wahrscheinlich freuen, nicht durch die Schlagermove-Überreste fahren zu müssen. Trotzdem sind auch hier drei 13-Kilometer-Runden arg überfüllt und es wird permanent absichtlich und unabsichtlich im Windschatten gelutscht. Nicht wirklich der Sinn der Sache.

Genug gemeckert, das Radfahren ist und bleibt die Lieblingsdisziplin und so halte ich rein, was geht. 20 Kilometer sind verdammt kurz und es ist mir scheißegal, wie der Lauf danach wird, ich will einfach eine gute Radzeit hinlegen. Letztes Jahr bin ich auf der schönen größeren Runde einen guten 32er Schnitt gefahren. Die Hälfte der ersten Runde liegt über 33 km/h und ich bin gespannt, ob ich das halten kann. Das wäre absurd, weil ich beim Kriterium letzte Woche genauso schnell war - zwar mit mehr Kurven, aber dafür auch mit Windschatten. Der Tunnel, die anschließende Brücke und die Wendepunkte machen mir einen Strich durch die Rechnung. Ich freue mich über für Hamburger Verhältnisse fast windstille Bedingungen und bin nach 36:38 Minuten wieder in der Wechselzone. Im Schnitt 32,6 km/h, das reicht für Platz 42 von 1136. Danke, Bruno!

Besonderer Dank geht übrigens auch an Niklas von Laufen Liebe Erdnussbutter, der zwei Tage lang als Streckenposten eingesetzt ist und mir einen kämpferischen Blick beim Radeln bescheinigt. Stellvertretend an dich für alle Helfer: Ihr seid spitze! Danke!

Wenn die Wechselzone während des Rennens mal so schön leer wäre wie morgens ...
Wie immer finde ich es blöd, dass ich das Rad schon abstellen muss und nun Laufen auf dem Plan steht. Aber nur fünf Kilometer. Ich bin ehrlich gespannt, wie die werden, weil mich ja beim T3 in Düsseldorf relativ schnell die Lust verlassen hat, mich irgendwie nennenswert anzustrengen. Als kleinen Motivationsschub nehme ich mit, dass aus meiner Startgruppe noch nicht allzu viele Räder wieder zurück sind. Einmal nicht auf der Laufstrecke wieder von allen eingesammelt zu werden, das wäre ja mal was!

Zum ersten Mal schaue ich auf die Uhr: 59 Minuten. Huch. Die 1:32 aus dem Vorjahr zu unterbieten, sollte eigentlich locker drin sein. Ach krass! Na dann mal los. Ich habe wirklich überhaupt keinen Plan für den Lauf. Irgendwas unter 30 Minuten wäre schon okay, mit 29 Minuten nochwas könnte ich leben. Weil es keine Kilometermarkierungen gibt und meine Uhr mir ja keine Pace anzeigt, bleibe ich relativ ahnunglos und laufe so, wie es eben geht.


Und es geht. Oder läuft. Die Beine sind gut, der Kopf ist bei der Sache und so laufe und laufe und laufe ich. Ohne fluchen, ohne irgendwas in Frage zu stellen. Was, da ist schon der Wendepunkt? Okay, für fünf Kilometer bei herbstlichen Temperaturen brauche ich jetzt echt kein Wasser. Auch kein Iso, das Ziel ist nah! Vorher geht es noch vorbei an ein paar Cheerleadern, "Umdrehen wäre jetzt auch blöd"-Sprüchen und dann die letzten Meter durch die Innenstadt. Hier sind auch früh morgens schon Zuschauer, die ordentlich Gas geben beim Klatschen und Anfeuern. Auch das ist Hamburg!


Auf der Zielgeraden nehme ich noch einmal die Beine in die Hand und laufe dann nach 1:26:54 über die Ziellinie. Yeah! Das hat Spaß gemacht! Und zwar aus folgenden Gründen:
1. Ich bin anstelle von Denise gestartet. Uns verbindet eine besondere Triathlon-Geschichte und es war uns beiden wichtig, dass das irgendwie ein guter Tag wird. Das war er!
2. Überhaupt kein Stress. Kein Zeitziel, kein Druck, dafür eine Menge Leichtigkeit. Der Spaß kommt dabei von alleine, allerspätestens beim Blick aufs Ergebnis: 5 Minuten schneller als im Vorjahr liegt zum Teil an der kürzeren Radstrecke, aber auch am deutlich schnelleren Lauf. Wahnsinn, was so eine Scheiß-egal-Einstellung bewirkt!


In letzter Zeit muss ich sehr oft die Frage beantworten, was als nächstes kommt. Ich weiß es noch nicht ganz genau. Möglicherweise war das der letzte Triathlon für dieses Jahr - ich finde, Hamburg wäre ein schöner Abschluss. Im August komme ich nochmal her und starte beim Rad Race Battle und den Cyclassics. Im Oktober steht noch ein Halbmarathon auf dem Plan, ansonsten werde ich den Fokus aufs Radeln setzen - wie sollte es auch anders sein? Und das kann ich schon mal verraten: Es geht ein kleines bisschen weg von der Straße und rein ins Gelände. Ich bin selbst gespannt!

In Hamburg trägt man schicke Hüte.
Monster-Franzbrötchen. Danke für alles, Denise!